… und der Preis ist dein Leben II - Ruf der anderen Seite (German Edition)
leicht vertrocknete Ficusbäumchen für grüne Akzente.
Berieselnde Fahrstuhlmusik vermischte sich mit anhaltendem Gemurmel und gelegentlichem Gelächter. Dank der spärlichen Möblierung und hohen Decken erinnerte die Geräuschkulisse an einen Ballsaal. Nachdem sich alle Patienten im Aufenthaltsraum eingefunden hatten, wurde hinter ihnen die drahtverstärkte Glastür geschlossen und vermutlich auch verriegelt.
Stell dir einfach vor, du bist freiwillig hier, um für einen Artikel zu recherchieren , sagte sich Elizabeth. Du bist undercover, um über die Zustände in der geschlossenen Psychiatrie zu berichten. Und morgen ist alles vorbei, du bist daheim, schläfst dich in deinem eigenen Bett aus, du kuschelst mit Daniel auf der Couch, übst mit ihm Gitarrespielen, und danach …
Fergie griff nach ihrer Hand und zerrte sie in die Spielecke. „Kannst du Dame?“, fragte sie. „Ich bin hier nämlich die ungeschlagene Damemeisterin, oh ja.“
Elizabeth rang sich ein Lächeln ab. „Na, dann bau doch mal auf.“
Während sie spielten und ihre Zimmergenossin wieder von ihren verschwundenen Freunden erzählte, schweiften Elizabeths Gedanken zurück zum Vortag. Was war gestern passiert? Wer war der Mann im Nadelstreifenanzug gewesen, und warum hatte er sie hierher bringen lassen? Er sagte, sie mache viel Ärger, aber wem? Wer immer auch dahintersteckte, ging bestimmt davon aus, dass sie hier für einige Zeit unauffindbar war. Und da es sich um eine geschlossene Psychiatrie handelte, konnte sie so oft erzählen, wie sie wollte, dass sie hier nicht hergehörte, niemand würde ihr glauben.
Aber warum hatte man sie nach St. Agnes verfrachtet? Am wahrscheinlichsten war es wohl, dass man sie hier kaltgestellt hatte, damit sie mit Wood keine weiteren Ermittlungen anstellen konnte. Waren sie der Wahrheit bereits zu nahe gekommen? Aber kaum jemand wusste von der Spur, die sie verfolgten. Neben Wood und Riley wussten nur Mick, Ben, Sandra Headway und Sir Thomas von den Bhowanee-Dolchen.
Nun, der Mann im Nadelstreifenanzug hatte auf jeden Fall etwas mit den Thuggees zu tun, sonst wäre sie jetzt nicht hier. Wood würde herausfinden müssen, wer er gewesen war.
Oh nein! Ein jäher Schreck durchfuhr Elizabeth und ließ sie in ihrem Stuhl zusammenfahren. Wenn man sie tatsächlich weggesperrt hatte, weil sie der Wahrheit zu nahe gekommen waren, was hatten sie dann mit Wood angestellt? War es nicht naheliegend anzunehmen, dass man sich auch um ihn gekümmert hatte? Daniel musste schon fast eine Stunde unterwegs sein. Konnte er seinen Freund nicht erreichen, weil ihm etwas zugestoßen war?
Und noch eine weitere Frage drängte sich Elizabeth auf: Warum war sie eigentlich noch am Leben? Die Mörder hatten neun Menschenleben auf dem Gewissen, dennoch hatte man sie bereits zweimal verschont. Selbst jetzt, wo man sie anscheinend dringend aus dem Weg haben wollte, töteten sie Elizabeth nicht einfach, sondern machten sich die Mühe, sie hierher zu bringen. Das ergab doch keinen Sinn!
„Beth? Du bist dran“, brachte Fergie sich und das Spiel wieder in Erinnerung.
„Entschuldige“, murmelte Elizabeth und schob irgendeinen ihrer Steine nach vorne.
„Oh, das war jetzt aber dumm, oh ja.“ Vergnügt räumte Fergie in einem Zug die Hälfte von Elizabeths Steinen ab. „Siehst du?“, rief sie. „Damemeisterin.“
„Na, Ladys. Darf ich mitspielen?“
Daniel trat von hinten an Elizabeth heran. Er strich ihr über die Haare, ließ seine Hand auf ihrem Rücken liegen und ging dann neben ihr in die Hocke.
„Hast du Tony erreicht? Geht es ihm gut?“, wollte sie sofort wissen.
„Er ist auf dem Weg. In etwa einer Stunde müsste er hier sein.“ Als Daniel das sagte, sah er Elizabeth nicht an, sondern blickte auf das Damespiel auf dem Tisch vor ihm. Trotz der eigentlich guten Nachricht war seine Miene angespannt.
„Danny?“, fragte Elizabeth argwöhnisch. „Ist alles in Ordnung mit ihm?“
Jetzt drehte er den Kopf und sah sie an. „Er wurde heute unbefristet suspendiert. Außerdem wurde von der Dienstaufsicht eine Ermittlung gegen ihn eingeleitet.“
„Oh Gott“, flüsterte Elizabeth, mit beiden Händen ihren Mund bedeckend. „Hat das etwas mit meiner Aussage gestern zu tun?“
„Nein, Liz. Das wurde schon vorher in Gang gesetzt. Sie wollen ihn damit unter Druck setzen. Entweder, er tanzt nach ihrer Pfeife, oder er verliert seinen Job.“ Er lachte grimmig. „Aber da kommen sie Tony gerade recht.“
„Nur, wer sind sie ?
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