… und der Preis ist dein Leben II - Ruf der anderen Seite (German Edition)
hatte Wood zu der Seite mit den nächsten Schritten zurückgeblättert. „Wir müssen Beweise gegen sie sammeln“, sagte er nun. Er klang in keiner Weise demoralisiert, sondern regelrecht getrieben. Er sprühte förmlich vor Entschlossenheit und Tatendrang. Elizabeth musste an einen Großwildjäger denken, der nach langer, erfolgloser Jagd endlich die Fährte seiner Beute aufgenommen hat und nun nicht mehr daran dachte ob, sondern nur noch wann und wie er sie zur Strecke bringen konnte. Das war es, wovon Daniel neulich gesprochen hatte. Für Wood gab es kein Kuschen, kein davonlaufen. Ihm war es völlig egal, mit wem er sich anlegen musste, um die Wahrheit ans Licht zu bringen und für Gerechtigkeit zu sorgen.
„Und wenn wir genügend stichhaltige und unumstößliche Beweise haben“, sagte er, „werden wir sie an verschiedene Stellen im Yard weitergeben. Und am besten gleich noch an die Staatsanwaltschaft und das Justizministerium. Wir müssen dafür sorgen, dass die Wahrheit breit genug gestreut wird, damit sie nicht unterdrückt und zurückgehalten werden kann.“
Die Idee hatte durchaus ihren Reiz. „Wir sollten auch an die Presse gehen“, schlug Elizabeth vor und merkte, wie sich Woods motivierende Energie auf sie übertrug. „Wir schicken die Beweise einfach anonym an alle großen Redaktionen!“
„Sehr gut“, nickte Wood. „Je mehr davon wissen, desto besser. Wir müssen nur achtgeben, dass wir unter dem Radar fliegen, wenn wir die Beweise zusammentragen. Als Erstes müssen wir herausfinden, wer Mr Nadelstreifen ist. Und wir durchleuchten Dr. Mortimer. Damit haben wir schon mal zwei Anhänger des Kultes. Dann versuchen wir herauszufinden, wer sich hinter diesem Acharya verbirgt.“
„Wir sollten auch Ians ehemaligen Freund Rafid unter die Lupe nehmen“, sagte Elizabeth.
„Genauso wie Justins Freund Warren“, ergänzte Daniel. „Und da wären auch noch die Angehörigen der fünf andern Opfer. Wir sollten auch die nach ehemaligen Freunden oder Feinden befragen, sowie nach gestohlenen persönlichen Gegenständen. Und du solltest noch mal mit Sir Thomas und Sans sprechen, Liz.“
„Ich würde sagen, damit haben wir erst mal genug zu tun“, verkündete Wood und steckte mit Schwung den Verschluss auf den dicken Filzschreiber. Er sah aus, als wäre er mit dem Ergebnis ihrer Arbeit recht zufrieden, und auch in Elizabeth hatte sich wieder vorsichtige Zuversicht breitgemacht. Ihr Schlachtplan klang durchaus machbar, und sie sah eine reelle Chance, dass dank ihnen die Mörder ihre gerechte Strafe bekommen würden.
Sie konnten es schaffen. Sie mussten nur strukturiert und unauffällig vorgehen.
Und sie durften niemandem vertrauen.
-15-
„Davon, dass ich die Wand neu streichen darf, hast du mir aber nichts gesagt.“ Ungläubig besah sich Elizabeth den schwarzen Streifen hinter dem Fernseher. Anscheinend hatte es eine Stichflamme gegeben, als Daniels Rage dem noch fast jungfräulichen Gerät ein jähes Ende bereitet hatte. Wahrscheinlich konnte sie froh darüber sein, dass die Wohnung nicht abgebrannt war.
„Tut mir leid.“ Daniel klang zerknirscht. Vermutlich traf ihn der Verlust weitaus härter als sie selbst. „Aber der Fernseher läuft noch auf Garantie. Du bekommst bestimmt kostenlosen Ersatz.“
„Erst mal brauchen wir ja keinen“, seufzte sie und packte ihren Laptop ein, der zugeklappt auf der Couch gelegen hatte. Dann marschierte sie ins Schlafzimmer, wo Wood am Fenster stand und wachsam die Straße beobachtete. Sie packte reichlich Wäsche in ihre Reisetasche, in der sich bereits ihr Necessaire, ein Umschlag mit ihrem Pokergewinn sowie drei Paar Schuhe befanden.
Bevor sie hierhergekommen waren, hatte sich Daniel gründlich in der Wohnung und der nähere Umgebung umgesehen und sie dann wissen lassen, dass die Luft, soweit er das beurteilen konnte, rein war. Aus Angst, das Apartment könnte verwanzt sein, hatte Wood ihr eingeschärft, nicht über die Ermittlungen oder ihre neue Bleibe zu sprechen und sich mit dem Packen zu beeilen.
Elizabeth brauchte nicht länger als zehn Minuten, dann war sie abmarschbereit. Mit einem Anflug von Trauer sah sie sich noch einmal in der Wohnung um. Hier war in den letzten Monaten ihr Zuhause gewesen, hier hatte sie sich sicher und geborgen gefühlt. Ihre Bastion in der hektischen und manchmal bedrohlichen Großstadt, und die letzte Konstante, seit sich vor zwei Wochen ihr Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt hatte. Hier hatte sie
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