… und der Preis ist dein Leben - Mächtiger als der Tod (German Edition)
nicht bedeutete, dass sie Daniel keine Freundin sein konnte. Einen Freund hatte er im Moment sicherlich nötiger als alles andere.
Daniel saß entspannt auf der Couch und zappte ohne Fernbedienung durch die Kanäle. Sobald Elizabeth mit nassen Haaren, Jeans und rotem Trägertop ins Wohnzimmer tappte, sah er vom Fernseher auf und strahlte ihr entgegen.
„Hi. Geht es dir besser?“
„So weit, so gut“, erwiderte sie und staunte ein weiteres Mal darüber, wie normal er wirkte. „Ich fühle mich zumindest nicht mehr wie eine Hundertjährige.“ Sie setzte sich neben ihn auf das Sofa und zog die Beine unter sich.
„Du siehst auch keinen Tag älter aus als achtzig.“ Daniel warf einen kurzen Blick Richtung Fernseher, und das Gerät schaltete sich ab.
Ein kleines Lächeln huschte über ihr Gesicht. So viel zum Thema Normal .
„Also dann …“ Erwartungsvoll rieb sie sich die Hände. „Ich glaube, es gibt da noch ein Gespräch, das wir fortführen wollten. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, oder nicht?“
„In Ordnung. Was möchtest du wissen?“
„Erkläre mir bitte, was so mysteriös an den Teenager-Morden ist. Ich dachte, es handelte sich jedes Mal um außer Kontrolle geratene Streitereien zwischen Jugendlichen. Also eigentlich um eine Tötung im Affekt, nicht um Mord. Aber warum untersuchen dann Metropolitan Police Detectives die Fälle und nicht die Beamten in den zuständigen Polizeirevieren? Wären die nicht eigentlich dafür verantwortlich? Und am wichtigsten, wovon hat dein Partner im Krankenhaus gesprochen? Was hat dein Fall mit den Teenager-Morden zu tun?“
„Gar nichts, nehme ich an“, antwortete Daniel ruhig. „Also zunächst einmal, Tony und ich arbeiten nicht an den Teenager-Morden, also zumindest nicht an allen.“ Verwirrt zog Elizabeth die Augenbrauen zusammen, unterbrach ihn aber nicht. „Bei dem, was die Presse gemeinhin als Teenager-Morde bezeichnet, handelt es sich tatsächlich größtenteils um Streitereien, die in einer Messerstecherei endeten. Die offizielle Statistik für den Großraum London spricht von siebenundzwanzig Fällen in diesem Jahr, was einer Verdoppelung zum gleichen Zeitraum im Vorjahr entspricht. Inoffiziell fallen jedoch acht Fälle nicht in die Statistik. Für diese acht Fälle sind Tony und ich zuständig, für die restlichen neunzehn die Kollegen in den jeweiligen Polizeistationen.“
„Das bedeutet also, neunzehn Fälle werden als Totschlag behandelt, aber acht als Mord. Und wie unterscheiden sich diese acht von den anderen?“ Elizabeth war nicht entgangen, dass Daniel in der Gegenwartsform von seiner Arbeit sprach, enthielt sich aber eines Kommentars.
„Generell gesprochen, wissen die Täter genau, was sie tun. Es geht keine Auseinandersetzung voraus, sie hinterlassen keine Spuren, und auch wenn Zeugen anwesend sind, kann hinterher keiner eine Beschreibung der Täter liefern. Es gibt keinerlei Indizien.“ Daniel zögerte kurz, seufzte leise und sprach dann im gleichen sachlich distanzierten Ton weiter. „Außerdem wird nur ein einziger präziser Stich in die Brustaorta durchgeführt, der die Opfer nicht sofort tötet, aber auf jeden Fall verbluten lässt.“
Elizabeth schluckte hart. „Kommt mir alles sehr bekannt vor.“
„Wie du dir vielleicht vorstellen kannst, tun wir alles, um diese Informationen nicht durchsickern zu lassen. Es erleichtert unsere Ermittlungen ungemein, wenn die Medien sich auf steigende Jugendkriminalität und eine sinkende Hemmschwelle zur Gewaltanwendung konzentrieren und nicht auf eine rätselhafte Mordserie.“
Beide schwiegen für einen Moment, dann sagte Elizabeth: „Also wenn ich dich richtig verstanden habe, dann waren alle acht Mordopfer Jugendliche. Wie passt du dann in das Schema?“
„Diese Frage stelle ich mir auch die ganze Zeit“, antwortete Daniel. „Vielleicht sind Tony und ich bei unseren Ermittlungen irgendjemandem zu nahe gekommen.“
Nachdenklich schüttelte Elizabeth den Kopf. „Nein, das glaube ich nicht.“
„Und wieso nicht?“
„Weil nur du … angegriffen wurdest. Wenn der Angriff in Verbindung zu deiner Arbeit stünde, denkst du nicht, dass sie es dann auch auf Wood abgesehen hätten?“
Daniel sprang auf. „Wer sagt, dass sie das nicht haben?“
Und Elizabeth war alleine im Wohnzimmer.
„Niemand?“, fragte sie schulterzuckend in den leeren Raum hinein. Mit verschränkten Armen grübelte sie über das zuvor Gesagte nach und wartete darauf, dass Daniel zurückkam. Fünf Minuten
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