und der tanzende Derwisch
Dschellabahs, die ich gestern in der Medina kaufte.« Ehe der Ausflug zu den Souks zum Alptraum wurde, fügte sie in Gedanken hinzu.
Er ließ das Paket in den Kofferraum fallen, als hätte sie ihm eine Mülltüte gegeben. Wie sehr sie sich wünschte, Cyrus wäre hier: Cyrus hätte Janko seine Unverschämtheit rasch ausgetrieben, wie sie es wahrscheinlich auch noch tun mußte. Aber Cyrus' lange Jahre als Anwalt und Richter hatten ihm ein dickes Fell eingebracht und er wäre vermutlich nur amüsiert.
Ich muß versuchen, mich darüber zu amüsieren, dachte sie, als sie auf den Beifahrersitz des Renaults rutschte. Da kam ihr ein neuer Gedanke: Würde er sich Cyrus gegenüber denn überhaupt so benehmen? Tat er es ihr gegenüber nur, weil sie eine Frau war?
Es wäre möglich, daß er sich gedemütigt fühlt, dachte sie überrascht, und diese Erkenntnis erschütterte sie, aber sie klammerte sich daran, um ihn besser verstehen zu können.
»Geben Sir mir das Foto jetzt?« fragte er mit seinem üblichen Sarkasmus und streckte die Hand aus.
Sie reichte ihm das Bild für Er Rachidia. »Wir müssen das Café Gharbee auf der Hauptstraße suchen.«
Mit übertriebener Höflichkeit sagte er: »O vielen Dank!«
Sie fuhren in die milchige Dämmerung, die dem Sonnenaufgang vorhergeht. Der Himmel wurde zusehends heller, und noch ehe sie ganz aus Fes heraus waren, konnte man die Häuser deutlich sehen, und goldenes Licht fiel schräg über die Dächer und vergoldete die Fenster in den weißgetünchten Mauern. Janko fuhr stumm und hielt eine Wand so undurchdringlich wie Plexiglas zwischen ihnen aufrecht. Er wollte sie einfach nicht dabeihaben, und sie hatte das Gefühl, daß sie seine Feindseligkeit fast berühren konnte, daß sie greifbar wurde, Form und Substanz annahm, und beides war bedrückend. Man hatte sie darauf aufmerksam gemacht, daß er arrogant sein würde, doch sie hatte nicht mit einer so betonten, andauernden Ablehnung gerechnet, und sie ertappte sich dabei, darüber nachzudenken, weshalb sie überhaupt hier war. Er machte es ihr klar genug, daß sie ihm von keinem Nutzen war und daß nur ein Fahrer und sieben Bilder nötig für den Auftrag waren; er weigerte sich, mit ihr über die gestrige Tragödie in der Altstadt zu reden, ja sogar über das Wetter, das jetzt dunstig und kühl war. An diesem ersten Morgen in einem fremden Land, mit einem Mann neben sich, der entschlossen war, ihr fremd zu bleiben, fühlte sie sich verstoßen und einsam. Was trug sie denn bei? Weshalb war sie hier? fragte sie sich und bemühte sich, sich an die Gründe zu erinnern, die ihr Bishop für ihren Auftrag genannt hatte. Einen ausgleichenden Einfluß, hatte er gesagt. Carstairs ist besorgt... Und dann etwas über Wogen glätten, falls Janko beleidigend sein sollte oder die Beherrschung verlor. Das fand sie jetzt regelrecht erheiternd, doch auch ein wenig beruhigend, denn bisher war Jankos Unhöflichkeit nur gegen sie und gegen Dasran gerichtet gewesen. Doch zweifellos würde es bald, nun, da sie Fes zurückgelassen hatten und in ländliche Gegenden kamen, andere Dasrans geben, an denen er seine Verachtung auslassen konnte, und dann würde sie doch von
Nutzen sein können. So ähnlich wie den Dreck hinter jemandem zusammenzukehren, der ihn überall hinwirft, dachte sie verärgert. Um sich zu behaupten, sagte sie kühn: »Wie ich hörte, werden in Marokko, da es ein moslemisches Land ist, Frauen Männern gegenüber als minderwertig erachtet. Ich frage mich, Mr. Janko, wenn ich Ihr Benehmen als Maßstab nehme, ob auch Sie vielleicht Frauen als minderwertig ansehen?«
Er bedachte sie mit einem kurzen Blick. »Langweilen Sie mich nicht.«
»Würde es Sie auch langweilen, über den Mord an Hamid ou Azu zu reden? Ist das nicht ein Zufall, über den man sich Gedanken machen sollte?«
Er zuckte die Schultern. »Das ist ausschließlich Sache der Polizei.«
»Aber wenn wir - halten Sie es für möglich, daß man uns folgt und daß wir den Mörder vielleicht zu ihm führten?«
Er stellte spöttisch den Rückspiegel ein und schaute hinein. »Niemand folgt uns, und warum auch? Sie haben eine zu blühende Phantasie!«
Auch sie blickte in den Rückspiege l - die Straße war leer. Sie seufzte und wünschte sich, Janko wäre etwas zugänglicher. »Wie wär's dann mit einem Gespräch über das Wetter, das offenbar kälter wird, als ich erwartet hatte?«
»Ich kann leeres Gewäsch nicht ausstehen!«
Das war es also ... Sinnlos, es weiter versuchen zu wollen.
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