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und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
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Abendessen zum Alptraum: als ihr Tajine nach dreißig Minuten endlich gebracht wurde, war es kalt; ein Tyrann von Ober schikanierte seine Kellner; und die Touristen wurden immer lauter. Mrs. Pollifax war bei der Nachspeise angelangt, als dem Oberkellner einer seiner Untergebenen zu langsam erschien und er ihm ungeduldig ein Tablett entriß, wobei er stolperte, auf die Knie fiel und die Gläser in einen Scherbenhaufen verwandelte. Der Alptraum war zur Posse geworden. Sie unterdrückte ein etwas hysterisches Lachen, beendete ihre mit Mandelcreme gefüllte Blätterteigrolle und kehrte durch die langen dunklen Gänge zu ihrem Zimmer zurück; sie putzte sich die Zähne, zog sich aus und ließ sich erschöpft ins Bett fallen.
Sie hatte bereits eine Weile geschlafen, als ein leises, aber hartnäckiges Geräusch sie weckte: jemand fummelte an dem Schloß ihrer Tür. Sie rührte sich nicht. Es war zu dunkel, als daß sie hätte sehen können, wie sich die Tür öffnete, aber sie spürte einen plötzlichen Luftzug über ihr Gesicht streichen, der es ihr verriet, und dann hörte sie das leise Klicken, als die Tür geschlossen wurde. Bishop hatte sie vor Dieben gewarnt, aber sie glaubte nicht, daß der Einbrecher ein Fremder war. Schon in Fes hatte sie mit dieser Möglichkeit gerechnet: Janko war entschlossen, die Fotografien an sich zu bringen, und hatte die heutige Nacht erwählt, sie ihr zu stehlen.

5
    Angespannt und wachsam lag sie im Bett und bereute die Sorgfalt, mit der sie den Vorhang zugezogen hatte. Nicht der geringste Lichtschimmer drang ins Zimmer, deshalb blieb ihr nichts übrig, als sich ausschließlich auf ihre Ohren und ihren Instinkt zu verlassen. Beides sagte ihr, daß der Eindringling das Wandbrett erreicht hatte, auf dem ihre beiden Reisetaschen standen. Das bestätigte einen Moment später ein bleistiftdünner Lichtstrahl, der kurz auf die Wand fiel, ehe er in der blauen Segeltuchtasche mit ihrer Kleidung verschwand. Er war unvorsichtig gewesen, als er die Taschenlampe zu früh anknipste - das Licht hatte flüchtig, aber eindeutig die Umrisse seines Profils gezeigt -, jetzt war er vorsichtiger und er arbeitete im Dunkeln. Lauschend schloß sie die Augen und staunte über diese atavistische Sensitivität, die selbst im zwanzigsten Jahrhundert möglich war: Es fiel leichter, mit geschlossenen Augen zu lauschen, das lenkte ihre Sinne ausschließlich auf Geräusche: auf das kaum hörbare Rascheln von Stoff auf Stoff, das Knistern eines Umschlags, der in ihrer zweiten Tasche geöffnet wurde; das kurze Atemholen, als Janko eine Fotografie fand, und das Ausstoßen des Atems, als er feststellte, daß es offenbar die eines Amerikaners war. Es folgte das langsame, beinahe unhörbare Öffnen der Reißverschlüsse an den Seitenfächern beider Reisetaschen; dann ging Janko fast lautlos nach links zu dem winzigen Badezimmer. Mrs. Pollifax erschrak leicht, als ihr klar wurde, daß er als nächstes nach ihrer Handtasche suchen würde. Sie hatte schon lange die Gewohnheit, sie auf Reisen immer ganz nahe bei sich zu behalten, eben aus einem Grund wie diesem, und momentan lag sie in Reichweite auf dem Boden neben dem Bett. Wenn er sie fand und riskierte, sie nach den Fotos zu durchsuchen, hatte sie ein paar interessante Möglichkeiten. Sie konnte entweder weiter vortäuschen, fest zu schlafen, oder ihm einen guten Karatehieb auf den Kopf versetzen, der ihm eine Weile die Besinnung raubte und genau das war, was er verdiente. Sie fand so einen Karateschlag, während er neben dem Bett kniete, außerordentlich verlockend und dachte begeistert darüber nach. Später könnte sie ganz unschuldig erklären: »Oh, es tut mir schrecklich leid, ich hielt Sie für einen Einbrecher!« Er würde ihre ohnehin schlechte Beziehung zueinander zwar kaum verbessern, doch es wäre ein wunderbares Mittel, ein wenig ihres aufgestauten Ärgers abzulasse n!
    Aber was dann?
Sie seufzte, als sie diese herrliche Idee aufgab. Sie ermahnte sich, daß sie quasi Kollegen waren und Carstairs ihnen beiden diesen Auftrag zugeteilt hatte, der noch nicht einmal halb durchgeführt war. Und natürlich wäre Janko entsetzlich wütend, daß er in ihrem Zimmer ertappt worden war, und noch wütender über den Schlag auf den Schädel; aber sie mußten ja noch weiter miteinander arbeiten. Also sagte sie sich, daß es zwar sehr bedauerlich, doch besser war, diese Idee fallenzulassen. Er hatte inzwischen seine kurze Suche im Bad beendet und war nun wieder im Zimmer. Sie

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