Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
Vom Netzwerk:
diese Fragen, und weshalb rann es ihr eiskalt über den Rücken? Sie tastete sich in Gedanken zu ihrer ersten Begegnung zurück, zu einem Janko, der so sehr in seinem Stolz verletzt gewesen war, weil sie sich ihm in Fes angeschlossen hatte, daß nur ihre Weigerung, ihm die Fotografien auszuhändigen, verhinderte, daß er sie einfach zurückließ und allein losfuhr. Aus irgendeinem wichtigen Grund war es absolut erforderlich für ihn gewesen, allein zu reisen, und ebenso wichtig, diese Fotografien an sich zu bringen - so wichtig, daß er nicht einmal davor zurückschreckte, sie zu stehlen.
Und sein Schnurrbart war falsch. Warum? Ihr Herz blieb fast stehen, als sie nun an den schrecklichen Tod von Hamid ou Azu dachte. Also wirklich, Emily, protestierte sie, was du da denkst, ist Wahnsinn! Er saß zu der Zeit an der Hotelbar und trank Bier, hast du das vergessen? Außerdem wurde er von Carstairs und seiner Abteilung eingesetzt, er hat den richtigen Namen, er war zur richtigen Zeit am richtigen Ort, und er erwartete eine Mrs. Pollifax...
Aber es war natürlich kein Wahnsinn, und sie wußte es. Hamid ou Azu war der erste Informant von sieben gewesen, die sie überprüfen sollten; gemeinsam hatten Janko und sie ihn gefunden und identifiziert und sich dann getrennt. Sie konnte die vier Biere an der Hotelbar nicht erklären, aber sie konnte es auch nicht länger als reinen Zufall ansehen, daß Hamid ou Azu neunzig Minuten später ein Messer in den Rücken bekommen hatte. Wenn sie und Dasran nicht den gleichen Rückweg durch die Medina genommen hätten, würde sie nicht von seinem Tod erfahren haben. Oder von dem Mord an ihm. Für wen arbeitete Janko?
Sie war sich bewußt, daß ihr Verstand verzweifelt versuchte, eine andere Erklärung für den Mord zu finden, der tatsächlich Zufall sein konnte. Sie wollte ihren grauenvollen Verdacht auslöschen, doch nichts konnte ihre innere Unruhe vertreiben.
Hatte Janko seine Vorgesetzten verraten? Arbeitete er mit ihr oder gegen sie?
Und die schrecklichste Möglichkeit wartete immer noch auf sie: Wenn Janko gestern irgendwie in die Altstadt von Fes zurückgekehrt war und Hamid ou Azu getötet hatte - wenn sie für ihre fünfzehn Dollar nicht die Wahrheit erhalten hatte -, was war dann mit Ibrahim, dem zweiten Informanten, den sie am Nachmittag in Er Rachidia identifiziert hatten?
Sie dachte: Ich muß von hier aus das Café Gharbee in Er Rachidia anrufen. Ich werde Ibrahim verlangen ... Ich werde dem, der das Telefon beantwortet, erklären, daß ich gestern etwas dort liegengelassen habe, ein Tuch oder sonst was... Ich werde erklären, daß nur Ibrahim sich erinnern würde... Er wird ans Telefon kommen, fügte sie hinzu, das wird mich beruhigen, und alles wird gut sein.
Sie blickte auf die Uhr und sah, daß es fünf war - zu früh -, bestimmt wäre es besser, bis sechs Uhr zu warten. Aber auf jeden Fall, egal, was sie durch ihren Anruf erfuhr, mußte sie dafür sorgen, daß Janko die Fotografien, auf die er so scharf war, nie in die Hand bekam. Sie nahm den Geldgürtel unter ihrem Schlafanzug ab, öffnete die Taschen und zog die übrigen vier Fotos heraus. Nachdem sie sich Streichhölzer aus ihrer Reisetasche geholt hatte, ging sie ins Badezimmer und legte die Schnappschüsse auf das Waschbecken. Sie hatte sie zu Hause studiert und sich im Flugzeug eingeprägt, doch um sicherzugehen, schloß sie die Augen und flüsterte noch einmal die Namen und Adressen: von Omar Mahbuba, der Fossilien und andere interessante Sache n für Touristen in einem winzigen Laden verkaufte, unterhalb eines Hotels in Tinehir... Muhammed Tuhami, der Friseur in Ouarzazate ... Sidi Tahar Bouseghine, der mit feinen Teppichen in Zagora handelte, und Khaddour Nasiri, der Badehausaufseher in der letzten Ortschaft, Rouida am Rand der Wüste. Sie öffnete die Augen wieder, verbrannte der Reihe nach jedes Bild und sah zu, wie sie sich im Feuer kräuselten. Als sie zu Asche verbrannt waren, ließ sie Wasser ins Waschbecken rinnen, bis die letzten Ascheflocken davongeschwemmt waren.
Kaum war sie fertig, kündete das Krähen eines Hahnes vor dem Badezimmerfenster den Morgen an. Sie schlüpfte rasch in Hose, Sandalen und Pullover und packte ihre Taschen wieder. Da sie annahm, daß es Janko nicht schwerfallen würde, ihr Schloß wieder zu öffnen, um sich seinen Schnurrbart zu holen, sperrte sie die Tür zu und sah sich überrascht einem kalten, nieseligen Morgen gegenüber. Es war bereits sechs Uhr, als sie durch die

Weitere Kostenlose Bücher