und der tanzende Derwisch
zusammengekniffene Augen
und fügte hinzu: »Sind Sie in Ordnung? Kein Schock oder
dergleichen?«
Inbrünstig versicherte sie ihm: »Im Gegenteil. Ich bin Ihnen
unendlich dankbar - Sie haben mir vermutlich gerade das Leben
gerettet, aber wie — wer ...?«
»Ihr Karate ist verdammt gut«, sagte er. »Ich hätte ihn schon
eher erschossen, aber Sie waren ständig im Weg. Schwarzer
Gürtel oder brauner?«
»Sie waren die ganze Zeit draußen?« krächzte sie. Sie
sammelte rasch ihre Gedanken und erinnerte sich, was sie
gesehen hatte, ehe sie die Hütte betrat. Überrascht fragte sie:
»Fahren Sie einen kleinen grünen Wagen?«
»Gute Beobachtungsgabe.« Er stand auf, und sie beobachtete
ihn, wie er seinen Turban sorgfältig fester um sein gebräuntes
Gesicht mit dem schmalen, schwarzen Schnurrbart und den
blauen Augen wickelte.
»Aber - wer in aller Welt sind Sie?« stammelte sie. »Er sagte,
Sie seien tot, und er glaubte es.«
»Das ist jetzt nicht so wichtig, verschwinden wir lieber. Ob
Sie es wissen oder nicht, die Polizei folgt Ihnen schon den
ganzen Tag.«
»Polizei?« hauchte sie. »Aber warum die Polizei. Ich
dachte...«
»Er war von der Polizei.« Der Blauäugige deutete auf den
Toten. »Janko?«
Er lächelte. »Ich bin Janko.« Er streckte die Hand aus, zog
Mrs. Pollifax auf die Füße und sagte abrupt: »Ich habe meinen
Wagen zwischen zwei Felsblöcken ein paar hundert Meter
entfernt, unten neben der Straße, versteckt.« Er führte sie zur
Tür und deutete. »Sehen Sie sie? Steigen Sie ein, während ich
seinen blauen Renault hinter der Kubba verstecke. Er wird noch
früh genug gefunden werden. Welche Farbe hat Ihr Gepäck?«
Sie faßte sich rasch und antwortete bündig: »Eine khakifarbene
Reisetasche und eine blaue, beide aus Segeltuch, sowie zwei in
Zeitungspapier gewickelte Dschellabahs.« Für Erklärungen
würde später Zeit sein, sagte sie sich. Während sie über die
Trümmerstücke vor der Schwelle kletterte, schaute sie noch kurz
über die Schulter in die düstere Hütte, in der ihr Leben in Gefahr
gewesen war. Dieser neue, zweite Janko durchsuchte die
Taschen des ersten, holte Brieftasche, Papiere und Schlüssel des
Renaults heraus. Ich sammle offenbar Jankos, dachte sie und
mußte erkennen, daß sie noch ein wenig benommen von den
Ereignissen der vergangenen halben Stunde war. Aber es war
kein Schock, sagte sie sich fest, außer vielleicht der Schock, am
Leben zu sein und ein weiteres Wunder erlebt zu haben.
Trotzdem fiel es ihr ein wenig schwer, sich in die Wirklichkeit
zurückzustürzen, in der sie sich vor dem Betreten der Hütte
befunden hatte. Sie brauchte die Wärme der Sonne auf ihrem
Gesicht, während sie den Hang hinunterstieg, und das strahlende Blau des Himmels, um den Alptraum der letzten dreißig
Minuten zu vertreiben.
Jetzt gab es einen anderen Janko, über den sie nachdenken
mußte, und über die Arbeit, die noch vor ihr lag. Der Wagen war
ein Peugeot und gut versteckt. Sie stieg ein und starrte auf die
Unebenheiten der beiden Felsblöcke, während sie versuchte,
ihre bisherigen Annahmen neu zu ordnen. Die veränderte Lage
der Dinge gefiel ihr zwar, aber ihr Verstand war noch völlig
durcheinander. Sie hörte, wie der neue Janko den Kofferraum
öffnete und wieder zuschlug, und verschob ihre Überlegungen,
doch bis er sich hinter das Lenkrad setzte, hatte sie einen
Entschluß gefaßt. »Verzeihen Sie«, sagte sie, lehnte sich zu ihm
hinüber, legte eine Hand auf seinen Schnurrbart, krallte die
Finger an einem Ende hinein und zog heftig. »Au!« schrie er.
»Verdammt, das hat weh getan! Was haben Sie sich dabei
gedacht?«
»Sein Schnurrbart hat sich gelöst - ich mußte sichergehen!«
erwiderte sie.
Der neue Janko lachte. »Das ist also passiert... Mein
Schnurrbart sieht jetzt ziemlich armselig aus. Anscheinend
dachte er, er müsse sich einen anschaffen, weil ich bekannt für
meine buschigen Brauen und den auffallenden Schnurrbart bin
oder vielmehr war«, fügte er hinzu. »Und verdammt, ich will
ehrlich sein, dieses Opfer ist mir auch sehr schwergefallen, ich
habe beides auf dem Flug von Kairo nach Fes gestutzt. Das war
die einzige Verkleidung, die ich fertigbrachte, und sie taugte
nicht viel.« Er fuhr den Peugeot rückwärts durch die Felsblöcke
hinaus, und während sie von der Kubba fort, über die leere
Straße brausten, warf er ihr einen raschen, nachdenklichen Blick
zu. »Als ich ihn durchsuchte - er hat nicht bekommen, was er
von Ihnen wollte.« Es war keine Frage, sondern
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