Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
und der tanzende Derwisch

und der tanzende Derwisch

Titel: und der tanzende Derwisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Gilman
Vom Netzwerk:
»Dann dürfte es an der Zeit sein, daß ich
Näheres erfahre. Was ist Atlas?«
Etwas ruhiger erklärte er: »Also gut, ich sage Ihnen, wie es
dazu gekommen ist. Mitte der siebziger Jahre stellte sich heraus,
daß die CIA hier ziemlich kaltblütige verschleierte Operationen
durchzog, und es kam zu Skandalen. Es war eine schlimme Zeit
- ich hörte, daß Ihr Kongreß ernsthaft erwog, geheime CIAOperationen zu verbieten.«
»Sie haben nicht ganz damit aufgehört«, warf sie trocken ein. Er überging es. »Daraufhin entstand Atlas, eine kleine, sehr
geheime Gruppe, die konträre politische Möglichkeiten ausloten
sollte, um für den Fall bereit zu sein, wenn da andere Leute ans
Ruder kämen.«
»Wie klug«, bemerkte sie, »und überraschend!«
Er lächelte anerkennend. »Ein bißchen Zynismus? In diesem
besonderen Fall ist es wahrhaftig klug, denn nun, da Marokko
und Algerien ihre Beziehungen wieder aufgenommen haben,
könnte es sein, daß die UNO doch noch die Volksabstimmung
durchführen kann, die freie Wahl, die den Sahraoui vor Jahren
versprochen wurde. Verdammt spät, natürlich, denn der
marokkanische König hat inzwischen die Westsahara mit
Marokkanern überflutet. Aber besser spät als gar nicht.« Er
lächelte. »Ich sollte vielleicht erwähnen, daß es in Washington
immer gemischte Gefühle wegen dieses Krieges zwischen
Marokko und den Polisarios gegeben hat. Es ist offensichtlich
und wurde auch öffentlich zugegeben -, daß keine Seite
gewinnen kann und daß es schließlich zu Unterhandlungen
kommen muß, und daß die Sahraoui wahrscheinlich zumindest
einen Teil ihres Landes zurückbekommen werden.
Wenn das geschieht«, fuhr er fort, »ist da eine Frage, die
vielen zu schaffen macht : An wen werden sich die Polisarios
wenden, sobald sie wirklich ihre unabhängige Demokratische
Republik Sahara haben? An den Iran? An Libyen? An die
Sowjetunion? Werden sie für Freundschaft mit den USA
aufgeschlossen sein oder ihnen nachtragen, daß sie den König
unterstützten, als er ihnen ihr Land wegnahm? Wir halten es für
absolut notwendig, mit ihnen in Verbindung zu bleiben,
allerdings muß ich zugeben«, fügte er trocken hinzu, »daß dies
in der allgemeinen Habgier auch nicht nur aus purer
Menschenliebe so ist. Die Westsahara hat nämlich zufällig
reiche Phosphatlager, die denen Marokkos kaum nachstehen,
und das könnte ein beachtliches Kartell zur Folge haben. Die Minen sind von großer Bedeutung für die Sahraoui in diesem öden Wüstenland, um das sie kämpfen, denn sie bringen ihnen
zusätzliche Aufmerksamkeit.«
»Aber die Polisarios sind Mohammedaner? Heißt das, daß in
diesem Krieg Moslems gegen Moslems kämpfen?«
Er nickte.
»Und am seltsamsten ist, daß sich ein Netz von PolisarioInformanten wie ein Faden durch Marokko zieht!«
»Und außerordentlich gefährlich für jeden von ihnen«,
erklärte er grimmig. »In diesem Land wird jeder, der auch nur
im geringsten mit den Polisarios sympathisiert, sofort ins
Gefängnis gesteckt. Amnesty International ist schon eine ganze
Weile sehr bestürzt darüber und über die Gerüchte von
Folterungen.«
Folterungen, dachte sie schaudernd und erinnerte sich daran,
was man ihr in Hongkong angetan hatte. »O diese kleinen,
vergessenen Kriege!« sagte sie zornig. Es gab noch so viele
Fragen. Sie verstand beispielsweise nicht, weshalb in aller Welt,
diese PolisarioInformanten unter diesen Umständen der AtlasGruppe trauten. Als ihr die volle Bedeutung des soeben
Gehörten bewußt wurde, blickte sie besorgt auf die Straße hinter
ihnen. »Wir sollten nicht so lange Rast machen«, sagte sie
beunruhigt. »Fahren wir jetzt lieber weiter. Wenn die Polizei
eingeschaltet wurde - wenn sie uns gefolgt sind und sie nach
dem blauen Renault Ausschau halten -, werden sie sich bald
fragen, wo er abgeblieben ist, oder?«
Er nickte. »Ein völlig neuer Aspekt, für Sie zumindest. Die
Hölle wird los sein, wenn sie Flavien finden.« Er entfaltete eine
Landkarte. »Tinerhir ist nur noch knappe hundert Kilometer
entfernt, und ich glaube, ein paar Stunden sind wir noch sicher,
aber ich halte es für angebracht, wenn wir erst nach Einbruch
der Dunkelheit dort eintreffen.« Er musterte sie kritisch. »Was ist los?«
»Wir passen nicht zusammen«, erklärte er. »Ich bin in Dschellabah und Turban, Sie aber tragen Touristenkleidung.« Er wickelte seinen Turban auf und nahm ihn ab. Dunkles, lockiges Haar kam zum Vorschein, und plötzlich sah er gar nicht mehr wie ein Araber oder Berber aus. »Falls

Weitere Kostenlose Bücher