und der tote Richter
sich nach und nach zu steigern.
Das Publikum war schon leicht angetrunken, was zweifellos der alten Mrs. Rainworth aus Mircester geschuldet war. Sie hatte draußen einen Stand aufgebaut, an dem sie ihren Apfelcognac zum Kauf anbot.
Mrs. Mason brachte Agatha als Erstes eine Kiste mit alten Büchern, hauptsächlich Liebesromane im Taschenbuchformat. Obenauf lag ein alter Leinenband, den Agatha hochnahm und näher betrachtete. Es handelte sich um ein Buch über Pferdezucht. Alle S sahen wie F aus, mithin stammte es wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert, war aber trotzdem wertlos. Sie schlug es auf, sah auf den Innentitel und gab sich betont überrascht. Dann legte sie es hastig zurück und sagte: »Das ist nichts. Vielleicht fangen wir mit etwas Interessanterem an.«
Sie blickte hinüber zu Roy, der instinktiv seinen Einsatz erkannte. »Nein, wollen wir nicht!«, rief er. »Fangen Sie mit diesem Los an. Ich biete zehn Pfund.«
Verwundertes Raunen ging durch den Saal. Mrs. Simpson, die wie alle gebeten worden war, die Gebote möglichst in die Höhe zu treiben, meldete sich artig mit »Ich biete fünfzehn Pfund« zu Wort. Ein kleiner Mann, der wie ein Händler aussah, merkte auf. »Wer bietet mir zwanzig?«, fragte Agatha. »Es ist für einen guten Zweck. Bietet jemand zwanzig?« Mrs. Simpson stöhnte hörbar, da wedelte der kleine Mann mit seiner Zeitung. »Zwanzig«, sagte Agatha. »Bietet jemand fünfundzwanzig?«
Die Carsely-Damen blieben stumm und umklammerten ihre Handtaschen. Ein anderer Mann hob die Hand. »Ich habe fünfundzwanzig«, sagte Agatha. Die wertlose Bücherkiste brachte fünfundzwanzig Pfund ein, die Agatha dem Bieter ohne einen Funken Reue abknöpfte. Es war ja für einen guten Zweck.
Das Bieten ging weiter. Die Touristen stiegen ebenfalls mit ein, und nach und nach drängelten sich immer mehr Leute in der Schule. Die Dorfbewohner begannen, mitzubieten. Die Veranstaltung war inzwischen zu einem solchen Ereignis geworden, dass alle hinterher sagen wollten, sie hätten mitgemacht. Die Sonne brannte durch die Fenster in die Aula. Zwischendurch hörte man die Fiedel und das Akkordeon draußen, denn die Morris Dancer tanzten weiter, gelegentlich übertönt von der alten Mrs. Rainworth, die ausrief: »Apfelcognac nach Original-Cotswolds-Rezept!«
Der Lokalsender Midlands Television erschien, und Agatha legte sich noch mehr ins Zeug. Das Bieten lief wie am Schnürchen. Die Sachen verschwanden Stück für Stück. Ihr Sofa und die Sessel gingen an einen Händler aus Gloucestershire, und sogar die nachgemachten Messingbeschläge fanden Abnehmer. Für das Farmwerkzeug boten die Amerikaner begeistert mit, denn sie hatten einen erstaunlich guten Blick für echte Antiquitäten.
Als die Auktion vorbei war, hatte Agatha Raisin 25 000 Pfund für die Kinderhilfe eingenommen. Allerdings wusstesie auch, dass sie nun diejenigen beschwichtigen musste, die sich betrogen fühlten.
»Ich möchte Ihnen allen herzlich danken«, sagte sie mit sehr glaubhaft kippelnder Stimme. »Manche von Ihnen haben vielleicht den Eindruck, dass sie zu viel bezahlt haben. Aber vergessen Sie nicht, Ihr Geld hilft Kindern in Not. Wir, die Menschen aus Carsely, danken Ihnen aus tiefstem Herzen. Und nun möchte ich Sie bitten, mit mir zusammen Jerusalem zu singen.«
Nach dem allseits bekannten Kirchenlied stimmte Mrs. Mason Land of Hope and Glory an. Dann sprach der Vikar ein Gebet, und alle strahlten vor Begeisterung.
Agatha wurde von Reportern umringt. Keine überregionalen Medien, stellte sie fest, aber was machte das schon? Sie sagte, das Gesicht zur Kamera von Midlands Television gewandt: »Nicht mir gebührt der Ruhm für diesen Erfolg. Das große Publikum verdanken wir Roy Silver, einem Londoner PR -Fachmann, der uns freiwillig und unentgeltlich unterstützt hat. Roy, verbeug dich!«
Rot vor Entzücken sprang Roy auf die Bühne und schwang seine Glockenkappe vor der Kamera. Dann spielte das Orchester ein Stück aus Mary Poppins , während sich die Menge auflöste. Einige Leute gingen ins Café, andere zurück zum Apfelcognacstand, und der Rest schaute den Morris-Tänzern zu.
Ein Anflug von Bedauern regte sich in Agatha, und beinahe wünschte sie, sie hätte Roy nicht die ganzen Lorbeeren überlassen. Er war außer sich vor Freude und, gefolgt von den Fernsehkameras, hinaus zu den Morris-Tänzern gegangen, wo er Räder schlug und nach Herzenslust herumkasperte.
»Ein Jammer, dass keine überregionalen Zeitungen da waren«,
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