und der tote Richter
klagte Roy abends, als er und Agatha auf ihren neuen Möbeln im Wohnzimmer saßen.
»Sei froh, wenn du es in die Lokalzeitungen schaffst.« Agatha war gereizt und müde. »Aber das erfahren wir erst am Montag, denn sonntags gibt es hier keine Zeitungen, und im Fernsehen bringen sie am Wochenende auch so gut wie keine Regionalnachrichten.«
»Stell den Fernseher an«, sagte Roy. »Die Midlands-Nachrichten kommen kurz nach den landesweiten.«
»Das sind insgesamt nur drei Minuten, und da wird man kaum eine Dorfauktion als Aufhänger nehmen.«
Roy schaltete den Apparat ein. Die Lokalnachrichten brachten etwas über einen weiteren Mord in Birmingham, ein vermisstes Kind in Stroud, eine Massenkarambolage auf der M-6 und dann: »Nun zu etwas Erfreulicherem. Das pittoreske Dorf Carsely in den Cotswold konnte heute die Rekordsumme von …« Und da war Roy, der hüpfend und winkend an der Straße stand, als Nächstes eine Aufnahme von Agatha bei der Auktion, wie die ganze Halle Jerusalem anstimmte, ein Schnitt zu Roy mit den Morris-Tänzern – »Roy Silver, ein Londoner Manager« –, und Roy, der sein Gezappel unterbrach, um sehr ernst zu erklären: »Für einen guten Zweck tut man, was man kann.«
»Ich muss sagen, ich bin überrascht«, gestand Agatha.
»Später kommen noch mal Nachrichten«, sagte Roy, der in der Zeitung herumblätterte. »Die muss ich aufnehmen und dem alten Wilson zeigen.«
»Ich sah fett aus«, konstatierte Agatha unglücklich.
»Das sind die Kameras, Süße, die packen jedem ein paar Kilos drauf. Übrigens, hast du jemals herausgekriegt, wer diese Frau auf dem Turm von Warwick Castle war?«
»Ach, die. Miss Maria Borrow aus Upper Cockburn.«
»Und?«
»Und nichts. Ich habe beschlossen, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Bill Wong, ein Detective Constable, scheint zu glauben, dass ich nur angegriffen wurde, weil ich herumgeschnüffelt habe.«
Roy guckte sie neugierig an. »Erzähl mal.«
Genervt berichtete Agatha ihm alles, was seit seinem letzten Besuch passiert war.
»Also ich würde es nicht einfach dabei belassen«, sagte Roy. »Weißt du was? Sieh zu, dass du irgendwo ein Rad für mich auftreibst, und wir radeln rüber zu diesem Dorf, Upper Cockburn, und gucken uns mal um. Außerdem ist Bewegung gesund.«
»Ich weiß nicht …«
»Wir fragen nur ein bisschen, ganz beiläufig.«
»Darüber denke ich nach der Kirche nach«, sagte Agatha.
»Kirche?«
»Ja, Gottesdienst, Roy. Morgen früh.«
»Hach, wie freue ich mich auf das ruhige Leben in London! Und was ist jetzt eigentlich mit der Idee für meine Gärtnerei?«
»Ach ja, die. Wie wäre es damit: Besorg dir eine neue Pflanze und benenne sie nach der Queen.«
»Gibt es denn noch keine Rose, die ihren Namen trägt?«
»Ist doch völlig egal. Noch eine kann nicht schaden.«
»Aber werden solche Sachen nicht immer auf der Chelsea Flower Show gemacht?«
»Sei nicht so negativ. Finde irgendeine Pflanze, nenne sie Queen Elizabeth und veranstalte eine Party in einer derGärtnereien. Es ist egal, was du treibst, solange du damit in die Zeitungen kommt.«
»Brauche ich dafür nicht eine Genehmigung?«
»Weiß ich nicht. Erkundige dich. Ruf bei der Pressestelle des Palastes an, und frag dort nach. Glaub mir, die haben sicher nichts dagegen. Es ist eine Blume, mein Gott, kein Rottweiler!«
Seine Augen blitzten. »Könnte funktionieren. Wann macht Harvey’s morgen auf?«
»Die öffnen sonntags nur für eine Stunde, von acht bis neun. Aber bei denen findest du nichts in den Zeitungen, Roy. Die überregionalen waren nicht bei der Auktion.«
»Trotzdem, wenn die Lokalblätter ein gutes Foto haben, schicken sie es an die großen Redaktionen weiter.«
Agatha unterdrückte ein Gähnen. »Träum weiter. Ich gehe ins Bett.«
Als sie am nächsten Morgen zur Kirche gingen, hatte Agatha das Gefühl, sie müsste Roy zurückpfeifen, bevor er vollends abhob. In der Sunday Times war ein Foto von ihm erschienen, wie er mit den Morris-Tänzern tanzte. Und drei alte Würdenträger des Dorfes waren abgelichtet worden, die ihn wohlwollend dabei bestaunten. Es war ein sehr gutes Foto, der englische Traum vom idyllischen Landleben schlechthin. Die Bildunterschrift lautete: »Der Londoner PR -Manager Roy Silver, 25, unterhält die Dorfbewohner von Carsely, Gloucestershire, nach seiner erfolgreichen Wohltätigkeitsauktion, deren Erlös sich auf sagenhafte 25 000 Pfund beläuft.«
Das war alles mein Werk, dachte Agatha und bereute
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