und der tote Richter
vorn waren die Ausleihdaten eingestempelt. Vor Mr. Cummings-Brownes Tod war es für zehn Tage ausgeliehen gewesen. Trotzdem …
»Könnten Sie mir sagen, wer es zuletzt gelesen hat, Mrs. Josephs?«
»Wozu wollen Sie das wissen?«, fragte die Bibliothekarin erschrocken. »Ich hoffe, es war nicht Mrs. Boggle. Bei ihr klebt hinterher immer Marmelade zwischen den Seiten.«
»Ich dachte daran, einen Vortrag über hiesige Giftpflanzen zu halten«, improvisierte Agatha. »Und diejenige, die das Buch vor mir ausgeliehen hatte, möchte vielleicht mitmachen.« Während sie redete, sah sie sich die Illustrationen im Buch an.
»Ach so, dann sehe ich nach. Entschuldigung, aber wir arbeiten immer noch mit einem altmodischen Leihkartensystem.« Sie zog lange Schubladen auf und blätterte Karteikarten durch, bis sie gefunden hatte, was sie suchte. »Der letzte Leser war die Leihkartennummer 27. Viele Mitglieder haben wir nicht. Ich fürchte, die Leute hier im Dorf gucken lieber fern. Lassen Sie mich nachschauen. Nummer 27. Huch, das ist Mrs. Cummings-Browne!« Mit halboffenem Mund starrte sie Agatha durch ihre Brille an.
In dem Moment ging die Tür auf, und Vera Cummings-Browne kam herein. Hastig schnappte Agatha sich das Buch und brachte es zum Regal zurück, bevor sie mit einem breiten Lächeln zu Mrs. Josephs sagte: »Ich überlege dann, ob ich mir demnächst den Dick Francis hole.«
»Zuerst müssen Sie Mitglied werden, Mrs. Raisin. Soll ich Ihnen eine Leihkarte ausstellen?«
»Später«, antwortete Agatha und sah über ihre Schulter zu Vera, die ein Stück entfernt stand und sich die zurückgegebenen Bücher ansah. »Kein Wort«, raunte sie Mrs. Josephs zu und lief nach draußen.
Demnach wusste sie über Kuhtod Bescheid, dachte Agatha siegesgewiss. Und gewiss wusste sie auch, wie die Pflanze aussah. Die Illustrationen in dem Buch waren hervorragend gewesen. Agatha blieb mitten auf der Straße stehen, zu tief in Gedanken versunken, um den gutaussehenden Mann mittleren Alters zu bemerken, der aus der Metzgerei kam und sie neugierig anblickte.
Vor Kurzem erst hatte sie Kuhtod gesehen. Wo war das gewesen? Grübelnd trottete sie weiter nach Hause.
An ihrer Gartenpforte fiel es ihr wieder ein. Die Bildershow. Mr. Jones’ Vorführung. Dort war ein Bild von Mrs. Cummings-Browne gezeigt worden, die einen Preis für ihr Blumengesteck erhielt. Es war ein kunstvolles Arrangement aus Wildblumen, Gartenblumen und, Teufel auch, einem Stängel Kuhtod in der Mitte!
Der gutaussehende Mann mittleren Alters schritt durch die Pforte auf das Cottage zu, das unlängst noch Mrs. Barr gehört hatte. Er war der neue Besitzer, James Lacey.
»Ich muss diesen Jones auftreiben«, sagte Agatha zu sich selbst. »Schnellstens.«
Plemplem, dachte James Lacey. Das kann ja heiter werden, mit so einer Nachbarin.
Agatha lief zu Harvey’s Krämerladen. »Wo finde ich Mr. Jones, den, der die Fotos gemacht hat?«
»Im zweiten Cottage Mill Pond Edge«, antwortete dieFrau hinter der Kasse. »Heiß heute, nicht wahr, Mrs. Raisin?«
»Ich pfeife auf das Wetter!«, konterte Agatha gereizt. »Wo ist Mill Pond Edge?«
»Die zweite Straße rechts von hier.«
»Also ich verstehe ja, dass diese Hitze uns allen zusetzt«, sagte die Kassiererin später zu Mrs. Cummings-Browne, »aber ist das ein Grund, so unhöflich zu sein? Ich habe doch nur versucht, ihr zu erklären, wo Mr. Jones wohnt.«
Agatha hatte Glück, Mr. Jones zu Hause anzutreffen, denn er war nebenher ein begeisterter Hobbygärtner und oft unterwegs, um die Gärtnereien in der Umgebung nach neuen Pflanzen abzuklappern. Seine Fotos hatte er fein säuberlich geordnet, sodass er das Motiv, das Agatha suchte, mühelos fand.
»Dürfte ich das Bild wohl für ein paar Tage haben?«, fragte sie.
»Ja, selbstverständlich.«
Sie brach so eilig wieder auf, dass sie versäumte, ihn zu bitten, Mrs. Cummings-Browne nichts von ihrem Besuch zu sagen.
Mit dem Foto, das er ihr ausgedruckt hatte, in einem braunen Briefumschlag und tief in Gedanken ging sie in den Red Lion.
Sie bestellte sich einen doppelten Gin Tonic. »Jemand hat erzählt, dass dieser Detective, der Chinese, mit einem Korb unterwegs zu Ihnen ist«, sagte der Wirt.
Agatha runzelte die Stirn. Sie wollte Bill nichts erzählen. Noch nicht. Zuerst musste sie alle Puzzleteile beisammenhaben.
Bill Wong kehrte Agathas Cottage enttäuscht den Rücken und sah zu dem ZU VERKAUFEN -Schild. Er war sicher, dass sie einen Fehler beging. Ein leises
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