und der verschwiegene Verdacht
Minion, den Metzger, mit Rind- und Lammfleisch – es war sein Lieferwagen, den Gash am Tag von Emmas Ankunft repariert hatte. Und Hühner, Gänse und andere gefiederte Spezialitäten bezog der Metzger von Herbert Munting, einem älteren Witwer und leidenschaftlichen Geflügelzüchter. Mr und Mrs Tharby, die stolzen Eigentümer der Bright Lady, brauten ihr Bier und kelterten ihren Apfelwein selbst. Sie versuchten sich sogar an Likören der verschiedensten Geschmacks-richtungen, bestanden jedoch darauf, dass Crowley der Fachmann sei, wenn es um die Herstellung von Wein ging.
Diese zufriedene Art der Selbstversorgung in Penford Harbour hätte eigentlich Bewunderung hervor-rufen müssen, aber auf Emma wirkte sie fast etwas unheimlich. Es war ihr alles zu glatt, zu wohl geordnet. Deshalb hatte sie den alten Jonah Pengully mit seinem Kramladen, in dem er mit seinem mot-tenzerfressenen Pullover und mit seinem Griesgram hauste, wie eine frische Brise empfunden.
Als Derek sich setzte, wandte sich Emma vom Fenster ab und nickte der rundlichen Mrs Tharby zu, die an ihrem Tisch vorbeikam und ihnen versicherte, ihr Essen würde gleich kommen. Als sie weg war, fragte Emma unsicher: »Hatten wir denn schon bestellt?«
Derek lächelte. »In der Bright Lady bestellt man nicht«, erklärte er. »Man isst, was Ernestine Potts auf den Tisch bringt. Sie hat ihr Handwerk bei Madame gelernt, also besteht kein Anlass zur Sorge. Übrigens hatte ich Nell versprochen, ihr ein Glas Marmelade von Ernestine mitzubringen.«
»Erdbeermarmelade?«, fragte Emma.
»Ja. Wie haben Sie das erraten?«
Emma sah Derek eingehend an. Sie fragte sich, wie es ihm entgangen sein konnte, dass seine kleine Tochter eine Leidenschaft für Erdbeeren hatte. Vorsichtig sagte sie: »Sie scheint eine Menge von Erdbeeren zu essen.«
»Und, ist das etwa schädlich?«, fragte Derek mit leiser Besorgnis.
Emma beruhigte ihn, als Mrs Tharby auch schon mit dem Essen kam.
»Cornischer Steinbutt supreme«, verkündete sie feierlich, während sie die Teller vom Tablett nahm.
»Gefüllt mit einer leichten Mousseline aus Jakobs-muscheln und körnigem Senf, serviert an dicken Bohnen mit einer Chablis-Sauce. Ernestine ist heute mal wieder ganz in ihrem Element. Ich wünsche einen guten Appetit.« Sie wandte sich zum Gehen, als die Tür weit aufgestoßen wurde.
»Hallo Jungs!«, rief Mrs Tharby. »Deine Frau wartet mit dem Mittagessen, Ted.«
Drei Fischer in Gummistiefeln, die nasse Abdrü-
cke auf dem Fußboden hinterließen, waren in den Pub gekommen, die Hände und Gesichter von Wind und Sonne gegerbt.
Emma erkannte sie, es waren die drei, die zuvor mit ihrem Schiff in den Hafen gekommen waren.
Der Jüngste von ihnen schien Ende zwanzig zu sein, der Älteste etwa Mitte dreißig. Die drei sahen sich ähnlich mit ihren Stupsnasen und dem dunklen wel-ligen Haar, und Emma fragte sich, ob es wohl Brü-
der seien, eine Vermutung, die im nächsten Moment von Derek bestätigt wurde, der ihr die Tregallis-Brüder vorstellte: Ted, Jack und James.
»Ich hab Debbie gesagt, dass ich hier vorbeikomme und die Zeitungen bringe«, sagte Ted zu Mrs Tharby, die gerade in der Küche verschwand.
»Wie steht’s oben in Penford Hall, Tom?«
»Bisher ist alles friedlich«, sagte der rothaarige Oberwachtmeister.
Ted legte ihm ein Bündel Zeitungen auf den Tisch, während Jack und James herüberkamen und Derek die Hand schüttelten. Ihre schweren Woll-pullover rochen nach Schweiß, Dieselöl und Fisch.
»Die Pressekonferenz lief ganz gut!«, rief Ted vom Tisch des Polizisten. »Haben Sie die Zeitungen schon gesehen?«
Derek schüttelte den Kopf. »Ist es sehr schlimm?«
»Sehen Sie selbst.« Ted brachte Derek mehrere Zeitungen. Die Titelseite der ersten zeigte ein Schwarz-Weiß-Foto mit einer äußerst leicht beklei-deten Susannah, darunter die Schlagzeile: ASHERS SCHWER VERLETZT!
»Verdammt«, murmelte Derek. »Das Bild müssen sie von Syd haben.«
»Die Schweine haben’s ihm vielleicht sogar geklaut«, sagte Jack und verzog schmerzhaft das Gesicht, weil Ted ihn unsanft in die Rippen gestoßen hatte, um ihn wegen seiner Wortwahl zurechtzu-weisen.
»Das andere ist nicht ganz so schlimm«, sagte Oberwachtmeister Trevoy, indem er eine weitere Zeitung hochhielt. Die Titelseite zeigte ein wenig schmeichelhaftes Foto von Grayson, umgeben von einer Schar Ärzten in weißen Kitteln, daneben ein Bild von Susannah in einem ziemlich durchsichtigen Gewand, verführerisch auf einem felsigen
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