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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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über die Flammen. Abwesend blickte sie in die Kohlenglut.
    Benbow war noch mit seinem Gefährten beschäftigt, der ihm jeden Morgen beim Frühstück Gesellschaft leistete: Sunny Jim auf der Flockenpackung. «War das erste Mal», murmelte er, «daß die Straßenbahn direkt vor unserm Haus gehalten hat.»
    Aber niemand hörte ihm zu. Die Erwachsenen hörten nie richtig zu - außer bei Dingen, über die man nicht gern sprach: dann wollten sie immer noch mehr wissen.
    «Mindestens fünf Minuten hat sie angehalten», fügte er hinzu. «Du sagst oben kein Wort davon, hörst du!» wies Opa seine Schwiegertochter an, die gerade das Frühstückstablett für Oma fertig machte. «Es regt sie nur unnötig auf.» Dann betrachtete er das Tablett. «Oh, mach mir doch auch ein bißchen Toast, Nell.»
    «Ja, gern. Ich will nur eben Oma das Frühstück bringen.»
    Opa blieb mit wächsernem Gesicht sitzen. Sunny Jim, der Junge auf der Kraftflockenpackung, sprang wie jeden Morgen strahlend und mit apfelroten Wangen über das Gatter, und Benbow saß stumm auf seinem Stuhl im Mittelpunkt seines Universums, das auf der einen Seite bis zum Marktplatz und auf der andern bis zur Endstation der Straßenbahn reichte. Ein Universum aus ärmlichen Straßen und kleinen Läden, in dem Großeltern, Tanten und Onkel und Mam Sonne, Mond und Sterne waren und Dad ein ferner blasser Stern, der sich im Nebel verlor.
     
    Lange bevor Benbow und sein Universum existierten, hatte die hübsche Nell Griffiths eines Tages in ihrer Heimatzeitung in Wales in einer Anzeige gelesen, daß in den Midlands Verkäuferinnen gesucht wurden. Mutig hatte sie sich auf den Weg gemacht, und es dauerte nicht lange, da hatte sie drei junge Männer kennengelernt: Frank Hardy, Tom Dorman und Taffy Evans, der auch aus Wales stammte. Sie schloß alle drei in ihr Herz. Aber sie heiratete den stillen, gutmütigen Tom Dorman. Er stellte die kleine schüchterne Nell seiner Familie vor. Da waren seine Schwestern, Edith mit ihrem verkrampften Lächeln und die kühle, gleichmütige Alice, da war seine Mutter, die mit einer freundlichen Miene ihre Härte verdeckte, und da war Toms Vater, der verstohlene Blicke über ihren Busen gleiten ließ - kein Grund zur Sorge, denn er war ein treuer Kirchengänger, in dessen Augen Gin und Wollust gleichermaßen sündig waren. Tante Min erklärte in der Küche hinter vorgehaltener Hand (aber laut genug, daß Nell jedes Wort verstand): «Die Waliser hab ich nie gemocht. Alle falsch, taugen nichts...» Nur Tante Mabel, die immer ein bißchen nach Schweinestall und Grünkohl roch, hatte ein gutes Wort für sie. Sie musterte Nell beifällig, als wäre sie eine Sau auf dem Viehmarkt, gab ihr lachend einen Klaps auf den Hintern und sagte: «Gott steh dir bei, Kindchen, in dieser Familie! Aber Tom ist in Ordnung, glaub mir. Bei Tom wirst du’s gut haben, Liebes.»
    Dann kam die Zeit vor Benbows Geburt. Für Nell gab es nun keine grünenden Bergmatten mehr und auch keine Stimmen im Kirchenchor und keine Harfenmusik; ihr blieb nur der Stadtpark, wo der Rasen oft naß und schlammig war und wo an Win-ternachmittagen die Rufe der Sportler hallten und an Sommerabenden die Musik der Kapelle der Grenadier Guards ertönte: Opernpotpourri oder Indische Liebeslieder. Bis eines Tages die Musiker ihre roten Röcke auszogen und ihre Instrumente einpackten. Für Soldaten gab es jetzt andere Uniformen und andere Aufgaben.
    Eine Welt, die für die Ewigkeit bestimmt schien, begann zu zerbrechen. Gelächter erstickte, lächelnde Lippen verzogen sich, als schmeckten sie Galle, und küßten nicht länger süß und sorglos, sondern in blinder Verzweiflung.
    In Europa gingen die Lichter aus. Und in diese dunkle Welt wurde Benbow geboren.
     
    «Was sollte ich bloß ohne dich machen, Nellie», sagte Oma und lehnte sich zufrieden in die Kissen zurück.
    «Schreckliches Wetter heute morgen», meinte Nell. «Am besten, du bleibst im Bett.» Sie warfeinen Blick auf das große Federbett und einen Augenblick beneidete sie Oma. Sie wandte sich der Tür zu.
    «Oh, gib mir doch bitte noch meine Zähne, Nell», sagte Oma. «Da, auf der Kommode.»
    Nell brachte ihr das Glas mit dem Gebiß und lachte ihr freundlich zu. Dann lief sie nach unten.
    Oma widmete sich ihrem Frühstück. Sie hatte weiche blasse Wangen, doch ihre kleinen Augen wirkten kalt und hart wie Murmeln und die Lippen waren meist schmal zusammengepreßt. Weil sie seit sechzig Jahren alles und alle ablehnte, sagten manche. Weil

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