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Und der Wind bringt den Regen

Und der Wind bringt den Regen

Titel: Und der Wind bringt den Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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sie ihr Leben lang leidend gewesen war, sagte Oma selber. Nicht, daß sie eine bestimmte Krankheit hatte. Sie war einfach leidend. Besonders natürlich an so naßkalten Tagen wie heute. Aber sie trug ihr Leiden mit Fassung.
     
    Opa rollte seine frische Montagmorgen-Serviette zusammen und schob sie ungeschickt in seinen Serviettenring. Dann nahm er seine Zeitung, erhob sich und schickte sich an, in den Laden hinüberzugehen.
    «Darf ich mit?» fragte Benbow.
    «Ja.»
    Benbow stand auf und folgte seinem Großvater. Er war jetzt fast vier, und Opa war vierundfünfzig, und beide hatten den gleichen steifen, gemessenen Gang. Was Benbow auch anhatte, es war immer fest zugeknöpft. Und die graue Tweedjacke mit dem Fischgrätenmuster, die er heute trug, saß so stramm über der Brust, daß er aussah wie ein gut verschnürtes Paket. Aber wer ihn gut kannte, hätte gesehen, daß das verschlossene Kindergesicht jetzt sogar eine Spur von freudiger Erregung zeigte. Denn der Laden war sein ganzes Entzücken.
    In Opas Laden roch es nach Leim und frisch geschnittenem Holz, nach Polsterstoffen und Lack. Da gab es dreiteilige Möbelgruppen (langweilig), Tische (langweilig), Stühle (langweilig), Leimtöpfe (herrlich) und einen Druckerkasten (wunderschön), mit dem Opa die Preisschilder druckte und Benbow sich von oben bis unten schwarz einschmierte. Und hinten im Hof gab es einen Wagen, ein Pferd im Stall, ein WC und die Werkstatt, zu der ein paar Stufen hinaufführten. Und in der Werkstatt gab es Holz, Leim und George. George, der alte Gehilfe, war ein Muster an Mittelmäßigkeit, aber in Benbows Herzen besaß er einen festen Ruhmesplatz: er konnte sich den Mund mit dünnen Stahlnägeln vollstopfen und dann einen nach dem andern hervorziehen, um einen Stuhlsitz festzunageln. Für Benbow, der es selber heimlich probiert hatte, war das eine Leistung wie Feuerfressen oder Schwertschlucken.
    «Darf ich mit dem Druckkasten spielen?» fragte er.
    «Ja, aber schmier dich nicht ein», sagte Opa. Taffy Evans, dachte er. Ich freß ’n Besen, wenn das nicht Taffy Evans war!
    Nach einer Weile meldete sich Benbow kleinlaut: «Du, Opa?»
    «Ja, was ist?»
    «Jetzt hab ich mich doch eingeschmiert.»
    «Dann geh zu deiner Mutter», sagte Opa. Wäre die Arbeitsteilung nicht schon erfunden worden, hätte Opa das besorgt.
    Benbow ging zu seiner Mutter hinüber und baute sich vor ihr auf. Schweigend - er war sparsam mit Worten. Er blickte nur an sich hinunter.
    Nell folgte dem Blick. Auch sie sagte nichts. Bisher war alles glattgegangen heute morgen. Sie hatte den Tisch abgeräumt, Oma frisch gebettet, das Tablett hinuntergebracht und das Geschirr abgewaschen. Dann hatte sie die schmutzige Wäsche der Familie eingesammelt, und jetzt machte sie sich daran, sie vorzuwaschen und zu kochen, zu spülen, zu stärken und später dann zu mangeln und zu bügeln. Außerdem mußte sie das Essen kochen. Aber das ging heute schnell, obwohl Schwiegervater etwas von geschmorten Zwiebeln gesagt hatte, die er gern zum kalten Hammelfleisch essen würde.
    Und nun das hier. «Oh, Benbow», seufzte sie vorwurfsvoll, «das ist ja schrecklich. Du weißt doch -»
    Zu Benbows großer Erleichterung klingelte es an der Tür. Es war Großtante Min. «Tag, Nell. Ich hab eben Will drüben im Laden guten Tag gesagt. Er hat es mir erzählt - das mit Taffy Evans.»
    «Ich wollte Opa gerade eine Tasse Tee rüberbringen», sagte Nell mit ruhiger Stimme. «Setz dich doch, ich mach dir auch eine.»
    «Danke. Man stelle sich das vor! Hält einfach die Bahn an! Und dann noch diese Küsserei! Weißt du, wo der Kerl hingehört? In den Schützengraben!» Sie saß kerzengrade auf dem Stuhl und genoß ihre Entrüstung. «Ich möchte bloß wissen, wer das Mädchen war.»
    «Wir wissen ja gar nicht, ob es überhaupt Taffy Evans war. Vielleicht hat Benbow die ganze Geschichte nur geträumt.» Benbow war tief gekränkt. Er wußte sehr wohl, ob eine Straßenbahn angehalten hatte oder nicht.
    Nell trat ans Küchenbord und nahm einen Becher herunter. Er war mit dem Union Jack und der Trikolore bemalt, und darunter stand «1915 — Gott erhalte unsere tapferen Jungen». Sie füllte den Becher mit starkem dunkelbraunem Tee, tat vier Sacharintabletten hinein, stellte den Löffel in den Becher und ging hinüber in den Laden.
    Benbow sah seine Großtante an. «Wie geht’s Mr. Bates?» fragte er höflich.
    «Er macht’s nicht mehr lange, Kleiner. Kein Wunder - er ist alt, und sie haben ihm fast alle

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