Und der Wind erzaehlt von Zaertlichkeit
Ich schwöre bei Gott, ich brauche mindestens einen Monat, um mich von dem Schrecken zu erholen! Jetzt dreht Euren Kopf, damit ich die Wunde besser sehen kann. Blutet Ihr noch an einer anderen Stelle? Himmel, meine Hände beben so sehr, daß ich Euch kaum das Haar nach hinten streichen kann! Grace?«
»Ja, Mama?« Das Mädchen kam durch den Saal gelaufen, das Plaid schleifte hinter ihr her. Sie schien erfreut, in das Gespräch miteinbezogen zu werden, bis ihre Mutter ihr sagte, was sie tun sollte.
»Geh und hol Vater.«
Grace ließ die Decke fallen, kletterte auf Brennas Schoß und lehnte sich an sie. »Mama? Kann ich Papa holen, wenn ich bereit bin?«
Brenna brach in lautes Gelächter aus. Ihr Lachen löste etwas in Jamie aus, und sie begann erneut zu weinen. Dann nahm sie Brennas Hand und drückte sie. »Ich danke Gott, daß er Euch geschickt hat. Hättet Ihr nicht so schnell gehandelt, wäre meine Kleine jetzt vielleicht tot. Mein Mann und ich werden ewig in Eurer Schuld stehen.«
Brenna spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. »Ihr schuldet mir gar nichts. Ihr seid doch jetzt meine Familie, und da ist es selbstverständlich, daß man hilft, wo immer man kann. Im übrigen ist jeder dazu angehalten, ein Auge auf unsere Kleinen zu haben, ist es nicht so?«
»Ja«, sagte Jamie. »Und Ihr und ich, wir sind mehr als nur verwandt. Wir sind Schwestern, ist es nicht so?«
»Ja«, flüsterte Brenna. »In meinem Herzen ist immer Platz für eine weitere Schwester.«
In diesem Augenblick war das Band zwischen ihnen geschmiedet, und Brennas Ängste und Sorgen verschwanden. Schwestern mußten einander nicht beeindrucken.
»Mama, wein doch nicht mehr. Das mag ich nicht«, sagte Grace mit zitternder Stimme.
»Ich höre ja schon auf«, erwiderte Jamie. Sie entzog Brenna ihre Hand, holte tief Luft und wischte sich die Tränen von den Wangen. »Ich muß jemanden schicken, der Connor holt. Er muß es erfahren.«
Brenna wollte im Augenblick weder Connor noch Alec ins Gesicht sehen. Sie war einfach nicht in der Lage, lange Erklärungen zu geben, und wenn einer der beiden sie auch nur ansah, als würde er ihr die Schuld für dieses Mißgeschick geben, dann würde sie bestimmt im Handumdrehen aus der Haut fahren. Sicher, es bestand die entfernte Möglichkeit, daß einer von beiden Mitgefühl zeigen würde; dann würde sie vor Dankbarkeit vermutlich zusammenbrechen und einen Weinkrampf bekommen, und konnte es etwas Peinlicheres geben?
»Seid doch vernünftig«, bat Jamie, nachdem Brenna erklärt hatte, sie fände es unnötig, die Männer hinzuzuziehen. »Euer Gemahl wird eine Erklärung fordern, sobald er Euch sieht!«
»Dann berichte ich ihm alles auf dem Heimritt.«
»Habt Ihr Angst vor ihm?« fragte Jamie erstaunt.
Brenna schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Es ist nur so, daß er garantiert etwas sagen wird, über das ich mich ärgere, und dann kann ich mich nicht zurückhalten und muß ihm wiederum sagen, was ich von seiner Meinung halte, was bedeutete, daß wir in kürzester Zeit zu streiten anfangen werden. Ich will mich aber nicht vor Alec mit Connor streiten. Lieber Himmel, ich will diesen Mann beeindrucken, nicht wütend machen. Im übrigen habe ich mir geschworen, keine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Würdet ihr bitte aufhören, mich zu drängen?«
»Ihr habt das Leben meiner Tochter gerettet. Glaubt Ihr nicht, daß diese Tatsache Alec ausreichend beeindrucken wird? Warum könnt Ihr kein Lob vertragen, Brenna?«
»Weil ich keines verdient habe. Ich habe nur getan, was ich tun mußte.«
»Nun, da es Euch in solche Verlegenheit bringt, werde ich das Thema im Augenblick fallen lassen. Grace, Liebes, lauf und bitte einen Diener, Wasser und Tücher zu bringen.«
Das kleine Mädchen war so entzückt, sich nützlich zu machen, daß sie ihr Plaid vergaß, als sie hinausstürmte.
Der Schnitt über Brennas Augen war rasch gesäubert, und da Brenna annahm, daß Jamie fertig war, bat sie sie, ihr zu erzählen, wie die Verbindung zwischen ihr und Alec zustande gekommen war. Doch Jamie schlug vor, zuerst Nadel und Faden bringen zu lassen.
Das gefiel Brenna gar nicht. »Jamie, bitte denkt nicht, daß ich undankbar bin, aber ich fühle mich sehr gut, glaubt mir. Ich spüre schon gar nichts mehr. Ist Grace Euer einziges Kind?«
»Nein, wir haben insgesamt vier. Mary Kathleen ist die älteste. Sie ist schon verheiratet und lebt für meinen Geschmack viel zu weit weg; ich sehe sie nur zweimal im Jahr. Gideon
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