Und die Eselin sah den Engel
Sumpfland – diese Festung aus Bäumen und verschlungenen Ranken – bis hinunter in diese hypäthrale Kapsel aus Schlamm – dieses Schlickreich – diesen düsteren Zwinger – diesen engen Stall, in den ich verschwinde – in dem ich zergehe, einfach zergehe.
Sie sind verwirrt von der großen Mauer, die Hundskopf umgibt – verwirrt von ihren einschüchternden Dimensionen und ihrer Grimmigkeit.
Bamm! Jetzt versuchen sie das Tor aufzubrechen. Bamm! Jetzt rammen sie es mit einem Fahrzeug.
Ich höre ein K-k-krachen. Dank sei Gott und seinem großen Herzen.
Zwei Dinge sind eingetreten. Genau wie von mir geplant.
Erstens, sie haben das Tor aufgebrochen.
Zweitens, sie haben dabei den Maschendraht von den Käfigen gerissen. Vorige Nacht hab ich aus ein paar Stricken und Rollen eine simple Vorrichtung gebaut. Und jetzt bekommen sie ganz schön Ärger. Glaubt mir. Jetzt bekommen sie ganz schön Ärger.
Meine Hunde! Ich kann den unheilvollen Gesang meiner Hunde hören. Es sind meine Hunde und nicht ihre, denn die Stimmen meiner Hunde sind unverwechselbar. Meine Hunde bellen nicht. Nein, sie bellen nicht. Das Bellen meiner Hunde ist ein Winseln – ein unheimliches, hohes Jaulen – ein langgedehnter, aber nicht sehr lauter Ton. Wenn sie Hunger haben, meine Hunde, und ich rede von Bluthunger, dann ziehen sie ihre Lefzen zurück und blecken ihre verstümmelten Zähne, und dann steigt tief aus ihren knorrigen Körpern und in den verschiedensten Tonhöhen dieses seltsame Geräusch – ein schauriges satanisches Wimmern.
Es tobt in der Luft. Ich höre es von hier. Wütende Wellen. Meine Hunde senden ein sehr böses Hörspiel. Sind sehr ungehalten. Und es ist kein Hamster, auf den sie sich freuen.
Ach, ihr Kopfgeldjäger. Das sind meine Hunde. Sie humpeln aus ihren Zwingern, um euch zu begrüßen.
Als die Ostflanke des Tals vom neuen Morgen schmerzte, sah man die schwindende Nacht zu einem Kristall werden, in den winzige graue Körner der Sichtbarkeit eingeschlossen waren; und in diese Halb-Dunkelheit schleppte ich meinen gekreuzigten Körper unter der Brücke hervor.
Ich warf einen staunenden Blick zurück auf den sauberen kleinen Unterschlupf, den ich da gefunden hatte, den die Hand Gottes selbst mir geschaffen hatte, denn wahrlich, Er hatte seinen kleinen Finger in die feuchte Erde gebohrt und meine schreckliche Flucht bis zu diesem Versteck geführt – verborgen hinter einem Wall aus Dornbüschen, undurchdringlich für alle, nur für mich nicht –, Er, der selbst ein Leben voller Stacheln und Disteln gelebt hat, dessen Pfade von Nesseln und Dornenranken überwuchert waren, Er, dessen Haupt man sogar mit diesem Zeug gekrönt hat.
Ich stand am Ufer und zupfte fette graue Schnecken von meinem nackten Körper, und es berührte mich, wie jede dieser Schnecken an meiner Haut klebte, sich ums liebe Leben mit ihren großen hohlen Füßen festsaugte und ein weiches Schmatzen von sich gab, wenn ich sie ablöste.
»Ob sich so ein Kuß anfühlt?« fragte ich mich, während ich die Schnecken sorgsam auf ein Taschentuch legte, das ich auf dem Boden ausgebreitet hatte. Und ich dachte an Beth, und wie sie in Pantoffeln über mir auf der Brücke gestanden hatte, und ich stellte mir vor, wie der Wind ihr den dünnen Stoff ihres Nachtgewandes an den Körper drückte. Einen Augenblick lang überlegte ich, in mein Versteck zurückzukehren, ließ die Idee aber ebenso schnell wieder fallen, da mir nicht mehr viel Zeit blieb, bis die Bürger auf den Beinen wären – und bis dahin wollte ich unbedingt wieder in den Grenzen von Hundskopf sein.
Ich knotete mein Taschentuch an den Ecken zusammen, hing mir den Beutel voller Küsse an die Gürtelschnalle und brach auf; zunächst am Bach entlang bis hinauf zur Raffinerie, dann ließ ich den Bach alleine weiter durchs Tal mäandern und schlug den Weg um die Rückseite der Felder ein. Ich näherte mich Hundskopf von Osten, und anstatt zum vorderen Eingang herumzugehen, betrat ich mein Königreich durch eine Geheimtür, die ich in die Mauer eingebaut hatte für den Fall, daß irgendwer das Gelände ausspioniert hätte und drinnen auf meine Rückkehr wartete. Wenn es ums Ganze geht, kann man nie vorsichtig genug sein. Das war eine der ersten Lehren, die Gott mir gegeben hat.
Die Geheimtür bestand im wesentlichen aus einem simplen horizontalen Windensystem, mit dem sich eine Wellblechplatte in einem umgebauten Fensterrahmen hochziehen ließ – wie eine Guillotine – und zwar gerade hoch
Weitere Kostenlose Bücher