Und die Eselin sah den Engel
Morast meine Lenden mit seinem schweflig warmen Strömen umhüllt und mich immer tiefer und tiefer in seine Niederungen, sein Nie-wieder zieht, laß ich den Raum um mich seine Wunden öffnen. Die Nacht hält eine dunkle Laterne und klappt ihren Laden auf, und im Pech meiner Blindheit zerspringt das Schwarz vor meinen Augen zu einem kämpfenden Rund aus wilden Meteoren, blutunterlaufenen Monden, Sonnen und geschmolzenen Planeten, geschlachteten Asteroiden, blindwütigen Kometen, leuchtenden Sternhaufen, prunkenden Kränzen aus kreisenden Sternen, grünen Nebeln, Gasnebeln, weißen und Spiralnebeln, Haarsternen und Feuerbällen, flimmernden Sonnenflecken und Protuberanzen, blendenden Sonnenfackeln und Tagesgestirnen, Neumonden, roten Planeten, blauen und rauschgoldenen Sternen, flittergelben und weißen Sternen, scheckigen Schauern, Geistermonden und Nebenmonden, Sol, Helios, Phoebus, Mars, Saturn, Himmelswagen, Bratpfanne, Großem Bär und Kleinem Bär in Kollision, in Farbe, hier, im Schlund des Sumpfs, allein im Krieg mit dem Makrokosmos, hinabgetragen mit fest zugepreßten Augen, die unterm Pressen rollen und die letzten Tropfen des Spektrums hinter meinen Lidern ausquetschen, bis ich die Augen wieder aufschlage und von neuem sich das Grau einstellen fühle, denn alles ist auf ewig grau, und der Druck unterhalb meiner Hüften schmerzt, das Atmen wird schwerer, die Lungen werden zerreißen, erst eine Hälfte verschlungen, und der Druck … der Druck … die Planeten aus Pein …
Mein Leben im Rückblick, während ich versinke. Hört mir zu.
Es war das Zweite Jahr des Regens, und ich hatte mich im Bauch des alten Chevy versteckt – dem rühmlichen Loch meiner Entbindung, falls ihr euch noch erinnert, der abgetakelten und ausgeweideten Karre, in die ich zusammen mit meinem Bruder, dem Märtyrer, hineingeworfen wurde –, tief eingesunken saß ich da auf dem Rücksitz und spielte mit einem Schuhkarton, auf dem geschrieben stand: » Cicada Cicala Cigala«. Er enthielt neunzehn Zikadenpanzer – alle in tadellosem Zustand. Ich hatte sie von den Bäumen oben auf der dicht bewaldeten östlichen Talseite abgesammelt, noch bevor der Regen gekommen war und die abgestreiften papierenen Hülsen zerschlagen und schließlich die Zikaden aus dem Tal vertrieben hatte. Wie sinnlos die Hügel scheinen ohne ihr Schrillen.
Ich sann den ehrfurchtgebietenden Rätseln nach, die in diesen spröden Hüllen steckten, und eine schläfrige Ruhe überkam mich; in der Geborgenheit meiner Karre ließ ich mich treiben, immer weiter treiben, bis ein sonderbares Geräusch aus dem Pferch mich auffahren ließ. Ich legte die Panzer behutsam in den mit Wattebäuschen gepolsterten Schuhkarton zurück und spähte geduckt aus dem Wagenfenster.
Mule warf sich in seinem Pferch herum, er bockte und kickte und zuckte mit den Hufen und rutschte bei dem Ver such, sich von dem Anbindepfosten loszureißen, kreuz und quer im Matsch herum und stieß ein komisches »Hoonk-niii! Hoonk-niii!« aus und ließ schnaufend die Hufe an die Wand der Hütte krachen. »Hoonk-niii, Hoonk-niii!« Eine Sekunde lang fragte ich mich, wovor zum Teufel er so einen Bammel hatte.
Und dann sah ich es – durch die bleiernen Falten des Regens kam es heran – ein verwaschener Fleck von etwas Hundeähnlichem jagte den Hang hoch auf den Pferch zu – ein wilder Hund – eine blutrünstige Bestie – ein Berghund, den es auf der Suche nach lebendiger Nahrung aus den Hügeln hergetrieben hatte. Und ich will euch was sagen. Ich hab eine Menge dieser Berghunde gesehen – »bellende Wölfe« nennt man sie hier in der Gegend –, aber ich schwöre, dieses geifernde Untier war so ziemlich der scheußlichste, hungrigste, häßlichste und schrecklichste Bastard, den ich je zu Gesicht bekommen hatte – große grüne Fangzähne und sabbernde Lefzen, blutunterlaufene Augen und flache Stirn, mächtige zottige Schultern und am anderen Ende ein schmales, rattenhaft abgesägtes Hinterteil, schwanzlos, unbehaart und mit Kacke verschmiert. Ich sah den Hund mit einem feuchten Knurren über den Pferch setzen und sich in Mules zuckendem Hintern festbeißen.
»Hoonk! Hooonk!«
Blut rann rot an Mules Hintern runter, und oben auf seinem Rücken warf und bog sich tretend und beißend der Hund. Der Esel strampelte in Panik und wankte unter der Attacke, bis er schließlich, mit aufgerissenem Maul und hängender Zunge, einsackte und mit lautem Platschen flach auf die Seite klatschte.
Der wütende
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