Und die Eselin sah den Engel
Türpfosten ihres Wohnwagens gelehnt.
Abie Poes fröstelnder Schädel schob sich aus den strömenden Falten des regengetränkten Mittags, ein krittelnder Knochen der Anklage, aus dem es zischte:
»Sehet, Brüder! Sehet die liederliche Schlampe! Ertappt! Höre dies, Hure! Schmutzigkeit und Gottlosigkeit gehen Hand in Hand! Gepuderte Verführerin, dein Schlupfwinkel ist entdeckt! Versucherin! Hure! Kein Wort, denn deine Zunge ist gespalten – Wie dein Geschlecht! Gespalten wie die Zunge der Viper! Gespalten wie der Huf des Satans! Deine Worte kennen nur die Gassen des Lug und Trugs! Kein Wort, denn unsre Ohren sind gefeit! Blutige Lilie des Misthaufens! Fort mit dir! Ja! Weiche, Satan! Du hast diesen frommen Acker mit Sünde und Trägheit untergraben! Aber dein Tag ist gekommen! Hinweg! Hinweg! Weiche von unserem Boden!«
Die Schwesternschaft keifender Köpfe umschwebte den Prediger wie ein grotesker Heiligenschein. Sie kläfften wie verwundete Hündinnen, und Wilma Eldridge führte die Meute an.
»Hinweg! Ehebrecherin! Fort mit dir! Solange wir dich noch ziehen lassen! Dreckige Dirne! Kokotte! Oder willst du ausgeräuchert werden? Böser Versucher! Hexe! Hinweg – oder wir verbrennen dich!«
Die Mannsleute, die am Horizont von Coseys Fassungsvermögen herumwackelten wie kleinere Hunde, ließen sich schließlich verzagt herbei, die grimmen Verwünschungen ihrer Frauen nachzubeten. Und die von ihnen, die nicht nur in den Ketten der Ehe, sondern auch denen der Hurerei lagen, rasselten am lautesten damit.
Wie sie so in ihrer Tür stand, hatte Cosey etwas Müdes an sich, das ihre energische Sinnlichkeit nur noch steigerte. Die Muskeln unter ihrem dünnen Morgenrock strafften sich, und ihr Körper nahm eine Haltung trotziger Entrüstung an. Ihre Oberlippe schnellte hoch und entblößte kräftige weiße Zähne, und fauchend und zischend funkelte sie ihre Peiniger an. Zitternd vor Zorn, stieß Cosey Mo einen vernichtenden Finger vor, und die Männer duckten sich ängstlich unter seiner anklagenden verlängerten Linie weg, als wäre dies der Hexenstab einer bösen Fee oder der furchtbare Zauberknochen eines Medizinmannes.
Die Menge verstummte, dahinter hämmerte der Regen. Einzig Poes burleskes Geplänkel und das hechelnde Gekeife der wütend sich in ihrem Rollstuhl windenden Krüppelin übertönten das Prasseln des endlosen Wolkenbruchs.
Cosey zeigte auf Franklin Eldridge, der hinter seiner Gattin stand, doch ihr Blick bohrte sich in die gelbsüchtigen Augen der Krüppelin. Auf Coseys Lippen erschien ein grausames hämisches Lächeln.
»Ach nein, Franklin! Schäm dich! Du weißt doch, dein Tag ist Freitag, und da kommst du am Sonntag schon wieder her! Ja, so verlockend ist ein Paar guter starker Beine!« Ein spöttischer Schenkel schob sich aus Coseys Morgenmantel.
»Fraaaanklin!« kreischte Wilma Eldridge. »Bring sie zum Schweigen!«
Franklin, ein kleiner trauriger Mann, erstieg die Stufen des Wohnwagens, keuchte wie eine in der Ferne ersterbende Sirene, und landete einen Schlag auf den Mund der Hure. Er trat zurück, sein Maul klaffte schockiert ob der ungeheuerlichen Tat, schockiert über Gewaltanwendung und Blutvergießen.
Cosey betupfte ihre Lippe, suchte sich ein weiteres Opfer und verfiel auf ein größeres, noch verdorbeneres Ziel, auf das sie nun mit dem Finger zeigte.
»Ach, Dawes, mein Hündchen! Auf allen Vieren …«
Und Douglas Dawes stieß mit Fäusten, so groß wie Coseys Gesicht, Franklin Eldridge zur Seite, bellte einmal, und traf den Schädel der Hure erst links, dann rechts, haute sie hierhin und dorthin, daß sie im Kreis schwang und sich im Perlschnurvorhang ihrer Tür verhedderte. Dort baumelte sie wie eine schlappe Marionette, und sackte dann zu seinen Füßen zusammen, wie achtlos hingeworfen von einem Puppenspieler.
Douglas Dawes kam die Treppe hinunter und verschwand in der langsam sich schließenden Menge. Kaum war er weg, begann Cosey Mo, als treibe die betäubende Droge sie an, sich wieder zu bewegen. Sie kam auf die Knie, hob kaum merklich die Rechte und sprach durch einen Mund voll Blut und Zahnsplittern; sie gurgelte, sie lallte, völlig benommen. Aber noch ehe ihre Worte Form annehmen konnten, war die Menge schon über sie hergefallen und ließ einen Hagel von Fäusten und Füßen auf sie niedergehen. Das Gewitter tobte eine Zeitlang unvermindert fort und ließ erst nach, als ihr Körper, nackt und schlaff, reglos im blutgetränkten Schlamm am Fuß der Treppe lag.
Wilma
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