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Und die Eselin sah den Engel

Und die Eselin sah den Engel

Titel: Und die Eselin sah den Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Cave
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Eldridge verrenkte ihren Kopf nach der übel zugerichteten Hure, zerrte an ihren verklumpten Rädern, um sich in Bewegung zu setzen, und bedachte ihren schwummrigen Gatten mit einem verschlagenen Verschwörerblick.
    »Schieb mich hin, Franklin«, bellte sie, und ihre Stimme zitterte noch von der Gewalt, deren Zeuge sie geworden war. »Näher!«
    Franklin Eldridge gehorchte pflichtschuldigst, und der Matsch saugte geräuschvoll an den Rollstuhlrädern, als er seine Frau neben den reglosen Körper Coseys karrte.
    »Aussätzige und Huren muß man kennzeichnen! Deine Schande wird nicht unerkannt bleiben, dunkles Wesen!« sagte die Krüppelin, hielt eine heischende Handfläche hoch und fügte ungeduldig hinzu: »Franklin! Die Schere!«
    Franklin langte in seine Tasche, zog eine große Schere hervor und drückte sie seiner Frau in die Hand.
    »Möge deine Sünde an dir sichtbar sein, Hure!« sagte sie, beugte sich seitwärts aus ihrem Stuhl und machte sich wütend daran, Cosey Mos üppige Locken ratzekahl abzuhacken.
    Danach lehnte sie sich, die langen verschlammten Haarsträhnen in der Hand, in ihrem Stuhl zurück, und das grausame Lächeln, das während ihres Werks der »Kennzeichnung« um ihre Lippen gespielt hatte, wurde mit einem Mal zu einem höhnisch angewiderten Grinsen. Sie schleuderte die Faustvoll Haare auf den zerwühlten Boden.
    »Hurenhaar!« sagte sie, spie die Silben hervor, als müßte sie daran ersticken.
    Philo Holfe teilte die Menge, und Doc Morrow kniete neben Cosey nieder, faßte sie beim Handgelenk und hob ihren Arm.
    »Sie wird’s überleben, denke ich«, sagte der Doktor rauh und legte den Arm wieder hin.
    Ohne weitere Worte ging der Mob auseinander. Franklin Eldridge packte die Griffe des Rollstuhls seiner Frau. Wilma sah ihn an, den Mund zu einem abstoßenden verächtlichen Lächeln verzogen. Sie nickte nach dem ausgestreckten Arm der zerschlagenen Hure und ließ sich selbstgefällig und mit feuchten Lippen fortschieben. Wie Pralinen zerplatzten Coseys zierliche Finger unter den Rädern des Rollstuhls.
    Philo Holfe schüttelte sich und schloß kurz die Augen. Dann sagte er: »Wir nehmen sie mit. Carl und ich, wir bringen sie hier weg.«
    Die zwei Brüder hoben die zerbrochene Frau sachte auf den Vordersitz ihres Lieferwagens. Der Arzt deckte ihren triefenden Morgenmantel über sie, braun und blutverschmiert.
    Carl Holfe wendete in weitem Bogen auf Hooper’s Hill und raste dann die Zufahrt zur Maine Road runter.
    Abie Poe führte seinen Klepper rückwärts an den kleinen Wohnwagen heran und rammte ihm seine verruchten Sporen ein, worauf das Tier Cosey Mos winzigen rosa Salon mit einem Huftritt den Hang hinabschickte wie ein ausrangiertes Spielzeug.
    Allein auf Hooper’s Hill, fiel Abie Poe auf die Knie, streckte die Arme gen Himmel und weinte. Aus dem schwarzen Bauch einer Wolke zuckte ein Blitzstrahl.
    »Danke, Herr, ich danke Dir!« schrie der Prediger in das knatternde Donnerama. »O, ich danke Dir, und nochmals sage ich, O Herr, ich danke Dir!«
     
    Ich sah den kleinen Wohnwagen Hooper’s Hill hinunterpoltern und in tausend Splitter nassen rosa Holzes zerbersten. Von da, wo ich saß, war der Wohnwagen exakt so groß wie mein Daumennagel, und ich beobachtete, wie die Menge ihm, angeführt von dem schwärmenden Priester, den Hügel hinab folgte. Unten bei dem Wrack angekommen, gelang es ihnen trotz des Regens ein loderndes Feuer zu entfachen. Poe flatterte schwärzlich vor einer höllischen Flammenwand, die der dicke Qualm des Kerosins mit dunklen Wolken umrahmte. Mit vier lauten Krachern explodierten die Fenster. Schauer gelber Funken stiegen auf wie neue Sternbilder.
    Cosey Mos sexy rote Dessous hingen wie teuflische Früchte an den Sträuchern, oder lagen als transparente Lachen aus scharlachroten Spitzen und blutiger Seide auf dem Boden.
    Vor meinem inneren Auge sah ich den Hügel ganz bedeckt mit nackten zuckenden Hurengeistern, die sich stöhnend im Schlamm wälzten; buckelnde Gespenster im ungestümen Ringen der Kopulation.
    Tags darauf stöberte ich in dem Aschehaufen am Fuß von Hooper’s Hill herum und fand unter den verkohlten Resten einen geschwärzten Kosmetikkoffer. Darin die blauen Glasflaschen mit Duftwässerchen. Bunte Wattebäusche und Flaschen waren unversehrt. Außerdem befanden sich in dem Koffer eine Subkutanspritze und drei sehr spitze Ersatznadeln. Aus meinem Daumen sprang eine Blutperle. Des weiteren ein Photo von Cosey Mo, auf dessen Rückseite ein kurzes Gedicht

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