Und die Eselin sah den Engel
mir, daß auch noch anderswo ein Aufruhr tobte, und zwar unten bei der Destille. Ich hatte die ganze Anlage – Kocher, Schläuche und Bechergläser – ein kleines Stück näher an die Hütte gebracht, damals, als ich die ersten Pfostenlöcher gegraben und das Fundament für die Mauer gelegt hatte; und jetzt stand der ganze Apparat einen sicheren Schritt weit innerhalb der Grenzen meines Königreichs. Jedenfalls hatte ich das gedacht. Aber jetzt sah ich das verlotterte Hinterteil, die Beine und die kaputten Schuhe eines Hobos – es konnte nur ein Hobo sein – durch ein kleines Loch in der Mauer hin und her zappeln. Der Schoß seines schlammverkrusteten Mantels war an einer Blechzacke hängengeblieben; er strampelte verzweifelt, um davon loszukommen, und dabei gelang es ihm, dem Kocherständer ein Stützbein wegzustoßen. Der ganze Apparat krachte zusammen, Glas klirrte, Flüssigkeit gluckte aus und verzissschte im Feuer, und während der Kocher zur Mauer runterrollte, pißte der aufgerollte Schlauch dem Penner undestilliertes Zuckerwasser in die zuckenden Stiefel. Die Pfütze inflammablen Fusels sickerte auf den Brenner zu, unentrinnbar angezogen von der Flamme, die ihrerseits ebenfalls dem Fusel entgegenzustreben schien. Sie trafen sich, und unter wildem Brausen schoß ein Flammenmeer in die Luft. Fette schwarze Rauchwolken aufstoßend, toste der Brand vielleicht eine Minute lang, dann ging ihm der Saft aus, und er erstarb. Inzwischen hatte der Hobo sich in einem Anfall von Panik aus der Mauer gezerrt, wobei er einen schmutziggrünen Fetzen Filz zurückließ wie eine Visitenkarte.
Ich fuhr auf meinem Turm herum, um die Hofhunde zu suchen, die ich zum Wachdienst eingeteilt hatte, und entdeckte sie auf der anderen Seite der Hütte – beim Kopulieren. Sie hatten zusammen nur sechs Beine und einen Stummel. Die passive Partnerin lag platt auf der feuchten Erde wie ein Sack voll Mist, während der kleinere aber beherztere Bespringer sich auf ihrem Hintern abrackerte. Die Vorderbeine um ihren gewaltigen Steiß gehakt und auf dem einen Hinterbein halb hüpfend halb taumelnd herumspringend, pumperte das lahme Tier in kolbenschnellen Stößen auf ihrem trägen Arsch herum, stocherte und stach, ohne auch nur einmal aus dem Takt zu kommen, blindlings auf sie ein und schwankte dabei auf seinem einen zittrigen Bein von rechts nach links und links nach rechts. »Scheiße!« dachte ich, sah von dem Loch zu den Hunden, von den Hunden zum Loch, und fand mich in der Klemme. »Das Loch ausbessern, oder die Hunde prügeln? Das Loch ausbessern, oder die Hunde prügeln?«
Später, mein Arm war ganz schlapp und mein Kopf noch voller Gejaule, ging ich über den Hof zur Mauer und besah mir den Schaden. Eine der Destillen war zerstört – ein Gebräu futsch, Gras versengt – und eine Blechplatte in der Mauer war hochgebogen und abgeknickt. Auch hier waren Schläge vonnöten. Soweit der Schaden an meinem Eigentum. Doch wie läßt sich die Erschütterung meines Vertrauens in die Sicherheit des Königreichs ermessen? In Rutenstreichen? In Hundeschmerzen? Ich nahm den Hammer, und während ich auf das Blech einzuklopfen begann, um es flachzuhauen und die Öffnung zu schließen, kam mir auf einmal eine andere Idee, und ich warf den Hammer weg und ließ das Loch erstmal weiterklaffen. Hände in den Taschen, Kopf gesenkt, schlenderte ich zur Veranda und setzte mich auf die Treppe.
Ich blickte auf den Boden. Ich blickte in den Himmel. Ich blickte nach links, biß mir auf die Unterlippe, und blickte nach rechts. Und dann blickte ich mit überfließenden Augen wieder in den Himmel, und ein tiefes Schluchzen brach über jenen wolkenlosen Nachmittag des ersten Frühlingstages herein, und ich weinte dort auf der Verandatreppe – vor Kummer, vor Einsamkeit.
Die Insekten der jungen Jahreszeit hüpften und surrten und tickten, schwebten über den violetten Eruptionen der Disteln, über den zarten neuen Blüten des Immergrüns und den kurzen Schoten der Wicken. Bienen kreuzten und kurvten um die ersten blassen Glocken des Beinwells. Der Frühling war ausgebrochen, doch mein Kopf hallte noch immer vom Klagen des Winters, und ein schneidender Wind durchheulte meine Gedanken, als ich an den elenden Eindringling dachte, der in der Absicht, mich zu bestehlen, mich womöglich umzubringen, in mein Reich eingebrochen war. Meine Augen wurden Schlitze, ich fletschte die Zähne, mein Hirn gor in giftigen Gedanken. Schweigend lauschte ich den Ränkeschmieden in
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