Und die Goetter schweigen
einsetzt, und dann eine Atmosphäre sparsamer Beleuchtung mit Wachskerzen schafft, kann man Staub unsichtbar machen. Arvidsson steckte den Kopf aus seiner Tür und wedelte auf eine Art und Weise mit seinem Schopf, die Sturm bis zur Weißglut reizen konnte. Zu Ragnarssons Zeiten, die sich dem Ende zuneigten, hatten Polizisten die Haare kurz geschnitten zu tragen. Kein Härchen durfte über den Kragen hängen. »Ich habe gerade einen Hinweis bekommen. Der Nachbar, der zwischen Elin mit der Katze und dem ICA- Laden wohnt, wollte mir erzählen, dass Edvin Rudbäck nachts zweifelhafte Geschäfte macht und dass wir uns seinen Schuppen mal ansehen sollten. In der Nacht zum 22. Dezember fuhren mindestens vier Autos mit Anhänger am ICA-Laden vorbei runter zu Edvins Gehöft, schätzungsweise zwischen zwei und drei Uhr. Edvin selbst fährt ständig mit seinem Anhänger in die Stadt. Was er darauf geladen hat, kann niemand sehen, denn er hat immer eine Plane über der Ladung.« Sie wünschten sich frohe Weihnachten. Arvidsson blieb abwartend in der Tür stehen, als wolle er noch etwas sagen. Dann drehte er sich hastig um und ging zurück in sein Zimmer. Maria lief über die Straße und blieb vor dem Schaufenster des Blumenladens stehen. Die kleine Frau mit dem weißen Spitz war nicht zu sehen. Maria ging hinein und kaufte ein Blume als Weihnachtsgeschenk für Berit, die über die Feiertage zu ihrer Schwester nach Brasilien hatte fliegen wollen. Aus irgendeinem Grund war das Ganze dann abgesagt worden. Die Schwester war scheinbar Schauspielerin, in ihrem Heimatland richtig berühmt. Vielleicht war es eine zusätzliche Vorstellung oder so etwas. Maria konnte sich nicht mehr genau erinnern. Eventuell konnte sie Berit einladen, heute Abend auf einen Happen herüberzukommen, wenn Professor Höglund nun sowieso zum Essen kam. Die Weihnachtsbeleuchtung der Hauptstraße schaukelte im Wind. Maria beschleunigte ihre Schritte. Die Kälte biss in die Wangen, die Luft war nasskalt. Ihre Stiefel waren etwas zu eng, die Füße taten weh. Sobald der Winterschlussverkauf begann, würde sie sich neue kaufen. Die Geschäfte waren geschlossen, aber die Schaufenster einladend hell erleuchtet. Kaum ein Mensch war mehr auf der Straße. Ein stadtbekannter Alkoholiker hielt sich am Papierkorb des Zeitungskiosks fest. Eine Gruppe rotnasiger Jugendlicher stand rauchend im Kreis vor dem Kino. Die Werbeplakate der Zeitungen schrien ihre düstere Nachricht von dem aufgehängten Mann im Kronwald hinaus. Stapelweise lächelte Dick Wallström auf seiner Fotografie in den Zeitungsständern. Ganz unten in der Ecke war noch Ragnarssons süßsaure Visage zu sehen. Der Wind war eisig kalt. Maria bog von der Hauptstraße in eine Gasse ein, die hinter dem Restaurant Goldene Taube entlangführte. Die Straße war leer. In den Bürogebäuden zu beiden Seiten brannte über die Festtage kein Licht mehr. Ihre Absätze klapperten auf den nassen Steinplatten, das Geräusch hallte zwischen den kahlen Hauswänden. Maria hörte schlurfende Schritte hinter sich und drehte sich um. Aber es war niemand da. Die Hauseingänge lagen etwas zurückgebaut im tiefen Schatten. Ihr Herz schlug immer schneller, die Stiefel drückten. Maria fühlte sich beobachtet, ihr war unwohl. Die dunklen Fenster starrten sie mit ihren toten Augen an. Wieder war das schlurfende Geräusch da. Der Wind schob eine leere Plastiktüte durch die Gasse vor sich her. Maria legte einen Schritt zu. Ein dünnes eisiges Lachen folgte ihr auf dem Weg, klang in ihren Ohren und erstarb erst, als sie in die Smedjegränd einbog. Die Stiefel drückten gefährlich. Maria blieb stehen und versuchte die Schürsenkel etwas zu lockern. Ein keuchendes Geräusch im Nacken ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Maria drehte sich hastig um und blickte in ein schwarzes Augenpaar, die scharfen Zähne blitzten im Schein der Straßenlaterne, die Spucke glitzerte auf der langen Zunge. »Hallo, Maria! Frohe Weihnachten!« Berit stand direkt neben dem Hund und wickelte die lange Leine auf. Der Hund wollte sich nicht setzen, dachte nicht daran zu gehorchen, sträubte das Fell und knurrte Maria an. »Ich wollte dich nicht erschrecken. Das ist Ediths Hund, Edith von gegenüber, weißt du. Sie hat sich wieder voll laufen lassen und igelt sich über die Feiertage in ihrer Wohnung ein. Ich hab den Hund die ganze Nacht lang an der Wohnungstür kratzen gehört, da habe ich heute Morgen angerufen und sie gefragt, ob ich ihn ausführen darf.
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