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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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Ohlssons roten Saab gefunden.«
    »Keine Spur von Stina?« Hartman schüttelte den Kopf. Maria lehnte sich zurück und blickte hinauf zum Kronberg. Im Mittelalter zündete man bei Gefahr Mahnmale als Signalfeuer an der ganzen Uferlinie an. Vom Kirchturm aus, der zu Anfang ein befestigter Turm gewesen war, konnte man frühzeitig feindliche Schiffe auf dem Meer entdecken oder Ritter, die über Land kamen. Lange Zeit hatten die Glocken mit mächtigem Klang ihre Warnung hinausgeläutet. Aber in dieser Nacht hingen sie schweigend in ihrem Turm, und das, obwohl ein Mörder unerkannt durch Kronköping lief. Die Smedjegränd ruhte im Dunkel. Irgendwas war mit der Straßenbeleuchtung geschehen. Das große Holzhaus zeichnete sich schwach ab, wie ein schwarzer Schatten in der dunkelgrauen Nacht. Nicht mal die Nachtlampe im Kinderzimmer brannte. Emil und Linda, wie sie sich nach ihnen sehnte! Ihre Arme sehnten sich nach den weichen und kleinen Armen, den Umarmungen, dem Lachen, dem Geplauder über alles Mögliche am Küchentisch, kalten kleinen Füßen unter der Bettdecke. Wie hatte sie es nur ohne sie ausgehalten? … und dann Krister. Wenn er denn zu Hause war. Vielleicht liegt die Schwiegermutter im Bett, wie ein großer Wolf, und hat meine Familie aufgefressen, sinnierte Maria und öffnete die Autotür. »Es reicht, wenn du morgen um die Mittagszeit kommst«, sagte Hartman väterlich. Maria schlich in die Diele. Es roch abgestanden, nach altem Müll und schmutzigen Windeln. Kristers Jacke hing nicht an ihrem Haken. Die Schuhe waren weg. Am Telefon hatte sich niemand gemeldet, als sie von Uppsala aus anrief, aber jetzt müssten sie doch zu Hause sein. Das Kinderzimmer war leer! Maria fror am ganzen Körper. Im Schlafzimmer war auch niemand! Wilde Gedanken wirbelten ihr durch den Kopf. Kein Zettel auf dem Küchentisch. Maria sank auf ihren Stuhl. Biss auf ihre abgenagten Fingernägel. Hat er mich verlassen, ist mit den Kindern auf und davon, ging es ihr rasend durch den Kopf. Maria biss sich in die Hand, um nicht laut loszuschreien. Die Jacken der Kinder waren weg, ebenso die Stiefel. Maria machte im ganzen Haus Licht, um das Dunkel zu verjagen, um klar sehen zu können, um zu verstehen, was geschehen war. Das Kinderzimmer grell erleuchtet. Lindas Stoffpuppe lag nicht im Bett! Maria rannte ins Bad. Die Zahnbürsten waren feucht. Sie müssten am Abend zu Hause gewesen sein! Sie stolperte ins Schlafzimmer. Das Doppelbett war nicht gemacht, alles voller Kissen, Kissen unter der Matratze. So hatte es sicher ausgesehen, seit sie weggefahren war. Krister war in solchen Dingen großzügig. Aber die Schwiegermutter … vielleicht wusste die, wo sie hin waren? Fünf dumpfe Signale, Notrufe. Geh doch ran! »Artur Wern.«
    »Hier ist Maria, weißt du, wo Krister und die Kinder sind?«
    »Wer ruft da mitten in der Nacht an, weiß der Mensch nicht, wie spät es ist?« Die Stimme der Schwiegermutter knisterte im Draht. »Hallo!«
    »Hier ist Maria. Krister und die Kinder sind verschwunden.«
    »So ist das, wenn eine Mutter sich nicht um die Familie kümmert.«
    »Was hast du gesagt?«
    »Wenn eine Mutter ihr Heim aufgibt, nimmt sie die Gemütlichkeit mit. Krister hat doch keinen Grund, zu Hause zu bleiben, wenn du das auch nicht tust.«
    »Weißt du, wo sie sind?«
    »Nein. Er ist vielleicht zu seinem Bruder gefahren. Er will vielleicht an Weihnachten seine Familie um sich herum haben.«
    »Jetzt bist du boshaft. Du weißt, dass ich arbeite. Ich mache mir Sorgen um meinen Mann und meine Kinder. Denen kann ja was passiert sein!« Mehr konnte sie nicht sagen, denn jetzt brüllte Gudrun Wern in den Hörer. Überspannt und völlig unvorbereitet auf solche Töne, wie sie war, fiel Maria der Hörer aus der Hand. Wie ein Jojo an seiner Schnur pendelnd, beförderte er das Geschrei weiter: »Artur, Artur! Hier ruft sie mitten in der Nacht an, mitten in der Nacht, und beschimpft mich! Boshaft!« Mehr konnte Maria sich nicht mehr anhören. Sie warf den Hörer auf die Gabel. Die Tränen brannten in ihren Augenwinkeln. Das alte Weib! Die Telefonnummer von Kristers Bruder hatte sie nicht im Kopf. Das braune Adressbuch lag in der Küche. Ein Klingelzeichen explodierte im Haus. Maria riss den Hörer hoch. »Und das will ich dir sagen«, stieß Artur hervor, »dass meine Frau beleidigt worden ist!«
    »Das, Artur, ist nichts, verglichen mit dem, was mit mir gemacht worden ist«, rief Maria mit vor unterdrückter Wut bebender Stimme und knallte den Hörer

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