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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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prasselnde Geräusch wiederholte sich. Die Leiter zum Boden fanden sie hinter dem Küchensofa. Lautlos hoben sie sie hoch, trugen sie in den Vorraum und stellten sie auf. Ein Hund wurde von der Leine gelassen. Arvidsson erbot sich, als Erster den Kopf durch die Bodenluke zu stecken. Er schielte zu Maria, als er die Holzplatte hochdrückte. Vielleicht hatte er einen aufmunternden Blick erwartet. Aber Maria war viel zu angespannt, um seine Signale zur Kenntnis zu nehmen. Der Lichtkegel der Taschenlampe bewegte sich durch das Dunkel des Dachbodens. Vorne am Fenster standen, eingehüllt in mehrere Schichten von Spinnennetzen und Staub, ein altes Spinnrad, ein Waschbrett und ein runder Tisch mit einer Petroleumlampe. Eine zerrissene Spitzengardine flatterte im Luftzug. Die Atemluft stand wie eine weiße Wolke vor Arvidssons Mund. Gerade als er sich auf der Leiter umdrehen wollte, um festzustellen, was sich hinter ihm befand, war ein scharfer zischender Laut zu hören. Arvidsson duckte sich instinktiv. Die Last wurde zu groß für die morsche Leiter, und er durchbrach mehrere Sprossen, wurde von starken Armen aufgefangen und richtete sich wieder auf, griff nach der Kante und zog sich mit der Kraft seiner Arme auf den Fußboden der Dachkammer hinauf. Er entsicherte die Pistole. Der Schein der Taschenlampe suchte die Ursache des Geräusches. Eine Bewegung im Dunkeln. Der Strahl der Lampe richtete sich auf einen etwas helleren Schatten … Eine Taube, nur eine Taube saß auf dem Dachbalken. Da war ein Nest, aber kein Versteck für einen Menschen, keine Schränke oder Kisten. Hartman öffnete die nächste Tür im Haus und blieb auf der Schwelle stehen. Ein halb erstickter Schrei entfuhr dem kräftigen Mann. Maria eilte ihm mit gezogener Waffe zu Hilfe, aber Hartman winkte abwehrend mit der Hand. Maria blickte unter seinem Arm hindurch hinein und blieb ebenso erstarrt stehen wie ihr Kollege. Der süßliche qualmige Geruch stieg ihr in voller Stärke in die Nase. Die Wände und der Fußboden waren mit Blut bedeckt. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes war ein Tisch wie eine Art Altar aufgestellt, überschüttet von Vogelfedern. Drei Holzfiguren standen auf dem Altar, alle mit Blut bespritzt. Die Holzfigur ganz rechts hatte einen riesigen Phallus. Odin, Thor und Freyja, ging es Maria durch den Kopf, und ihr Magen zog sich zusammen. Auf dem rauen Seitenteil des Tisches war ein Zeichen eingeritzt. Maria erkannte sofort die Fruchtbarkeitsrune! Und dort mitten auf dem Tisch, auf einem Bett aus Vogelfedern, lag der Kopf eines Menschen. Das Blut in dem hellroten Haar war geronnen. Die Augen waren halb geschlossen, der Mund stand offen. Schwarze Punkte tanzten vor Marias Augen. Ein saurer Geschmack auf der Zunge, dann konnte sie nichts mehr auffassen, stürzte aus der Tür ums Haus herum und übergab sich. Die Beine zitterten. »Wenn einem bei so was nicht schlecht wird, ist man kein Mensch mehr«, sagte Arvidsson und legte Maria die Hand auf die Schulter, streichelte sie ein wenig unbeholfen. Maria nahm eine Hand voll Schnee und rieb sich das Gesicht ab. Taumelnd und bleich nahm sie ihre Kräfte zusammen und ging hinein, als der Magen leer war. Vorsichtig, wie um zu probieren, was sie vertragen konnte, ohne wieder hinauslaufen zu müssen, sah sie sich in dem Raum um, vermied es aber, den Altar anzusehen. Der Gestank war nicht auszuhalten, altes Blut in der Wärme des Hauses. In den Fenstern waren kleine Kerzen aufgestellt. Die Dochte waren schwarz und das Stearin heruntergeschmolzen. »Hier«, Hartman zeigte auf ein kleines Regal über der Tür, »hier haben wir das Fotoalbum.« Hartman zog sich ein Paar Handschuhe an. Vorsichtig blätterte er die vergilbten Seiten durch. Zwei Fotos fehlten. Was auf den Bildern zu sehen gewesen war, daran konnte er sich nicht mehr erinnern, vielleicht konnten Erika Lund oder Ragnarsson sagen, wie die Personen auf den fehlenden Fotos ausgesehen hatten. »Wer ist die Frau? Der Kopf?« Maria schluckte und schluckte, der Magen brannte. Vorsichtig drehte sie sich zum Altar um. »Ohne Zweifel Stina Ohlsson!« Maria blickte auf das rotgefärbte Haar und die hellen Streifen auf der Kopfhaut. »Den Rest des Körpers haben wir noch nicht gefunden. Arvidsson und Ek durchsuchen den Schuppen. Vidar hat doch gesagt, dass sie dort die Tiere geschlachtet hätten.« Hartman sah sehr bleich aus, und seine dunkelblauen Augen waren im Morgenlicht beinahe schwarz. Die leere Seite in dem Album grinste ihn höhnisch

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