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Und die Goetter schweigen

Und die Goetter schweigen

Titel: Und die Goetter schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Janson
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schlimm es da aussehen musste. »Dieser Mann kann seit Methusalems Zeiten nicht in der Nähe einer Dusche gewesen sein. Eine Gesellschaft kann nicht als zivilisiert angesehen werden, wenn sie nicht ambitioniert genug ist, sich um die Ärmsten auf eine menschenwürdige Art und Weise zu kümmern«, murmelte er Maria zu. »Erzählen Sie mal, was passiert ist, nachdem Disa Sie am Morgen des 21. Dezember abgeholt hat.« Ganz lässig pulte Vidar den Kautabak aus dem Mund, sah sich unsicher um und schmierte den Klumpen auf die Innenseite des Aschenbechers, den man ihm gereicht hatte. Mit der freien Hand schob er sich die Haare hinter die Ohren. »Passiert ist?«
    »Wohin sind Sie gefahren?«
    »Zur Hütte, Disas Hütte.«
    »Wo liegt die Hütte?« Hartman sprach langsam und deutlich. Maria hatte das Gefühl, als würde eine Schallplatte mit falscher Geschwindigkeit abgespielt, als käme es darauf an, schnell alle Informationen zu sichern, bevor die Zeit abgelaufen war und das Grammophon wieder aufgezogen werden musste. »Wo liegt die Hütte, können Sie das beschreiben?«, wiederholte Hartman. »Da gibt es einen ICA-Laden, und da biegt man in einen Schotterweg ein und dann später bei einem roten Häuschen nach rechts auf einen anderen Schotterweg. Da ist es! Aber die Hütte ist vom Schotterweg aus nicht zu sehen«, brummelte Vidar. »Wissen Sie, wo die Hütte liegt, welches die nächste Stadt ist?«
    »Keine Stadt. Wir sind am Meer lang gefahren. Kronviken hieß das, wo wir abgebogen sind.« Hartman verzog keine Miene. Maria merkte gereizt, dass sie sich den Nagel des kleinen Fingers abgebissen hatte. »Was haben Sie in der Hütte gemacht?«
    »Wir haben Würstchen gebraten und gewartet. Ich bin eingeschlafen. Als ich aufwachte, war Disa nicht da, da bin ich wohl wieder eingeschlafen.« Vidar Larsson schloss die Augen, als ob er den Gedanken an Schlaf ungemein verlockend fand. Er gähnte laut und entblößte eine Reihe schlechter Zähne. »Und was geschah dann?«
    »Disa kam zurück. Wir sind in den Schuppen gegangen und haben die Tiere geschlachtet. Sie hat sie abgestochen, ich hielt sie dabei fest. Und wie wir den Hahn gejagt haben! Der flatterte umher, aber schließlich habe ich ihn am Schwanz erwischt. Überall waren Federn.«
    »Warum haben Sie die Tiere geschlachtet?«
    »Disa wollte das Blut auffangen. Kann ich noch Zigaretten haben?« Etwas verschämt zog Maria ihre Packung aus der Jackentasche. Langsam steckte Vidar sich die Zigarette an, nahm einen Lungenzug und räusperte sich. »Was haben Sie mit den toten Tieren gemacht?«
    »Sie auf das Lastmoped geladen.«
    »Und was passierte dann?«
    »Wir sind in den Wald gefahren. Disa hat mir gezeigt, wo wir sie aufhängen sollten. Ich saß auf einem Stein und wartete. Dann hat Disa sich umgezogen und ist mit dem Bus in die Stadt gefahren.«
    »Beschreib doch mal, wie sie angezogen war.«
    »Nein.« Vidar stützte den Kopf in die Hände, sodass seine Haare ihm ins Gesicht fielen. Der Vorhang war gefallen. Die Vorstellung zu Ende. »War sie lange weg?«, versuchte es Hartman. Vidars Antwort war ein Grunzen. Dann erhellte sich sein Gesicht.
    »Sie kam in dem Saab zurück.«
    »War sie allein?« Vidar antwortete nicht. Schmollend steckte er den Kautabak vom Rand des Aschenbechers wieder in den Mund, um anzuzeigen, dass das Gespräch beendet war. »Möchten Sie Kaffee haben?« Hartman machte eine Geste zu dem Polizeiassistenten an der Tür. Vidar nickte mürrisch, taute ein wenig auf und bat um Zucker. Alle Personen im Raum waren widerwillig beeindruckt von der Geschicklichkeit des Mannes, der die Untertasse geschickt auf drei schmutzigen Fingern balancierte und gleichzeitig durch das Zuckerstück und den Kautabak den Kaffee von der Untertasse schlürfte. »Hatte Disa jemanden mitgebracht, als sie zurückkam?«
    »Er war so besoffen, dass Disa ihn aus dem Auto zerren musste.« Vidar prustete und lachte albern, sodass der Kautabak braune Spritzer rund um seinen Mund hinterließ. »Disa hat ihm ein Messer gegeben und gesagt, dass sie jetzt kämpfen, aber der konnte gar nicht, da hat sie das Messer in ihn reingesteckt.«
    »Und was geschah dann?«
    »Wir haben ihn an den Füßen aufgehängt und ließen das Blut in einen Eimer laufen, dann haben wir ihn umgedreht und am Hals aufgehängt. Disa hat das Messer genommen und seine Nägel rausgeschnitten.« Maria sah von der Seite, wie Hartmans Züge sich verhärteten, er presste die Kiefer zusammen, aber der Tonfall blieb der

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