Und die Goetter schweigen
auf die Gabel.
Keiner von Kristers Brüdern konnte ihr etwas sagen. Nach dem letzten Gespräch klappte Maria im Sessel zusammen und weinte. Das böse Auge des Bussards wachte über das Zimmer. Die kleine Beute des Vogels starrte verschreckt mit ihren Perlenaugen. Der Weihnachtsstern im Mietshaus leuchtete schwach durch die Nacht, ein bitteres Weihnachtsfest. Berit, vielleicht hatten Berit oder Edith etwas gesehen. Maria warf sich in ihren Mantel. Die Schuhe hatte sie in der Aufregung gar nicht erst ausgezogen. Maria rannte über den dunklen Spielplatz, stolperte über die Kante des Sandkastens und hastete weiter. Die Haustür war abgeschlossen. Es gab ein Türtelefon, aber die Namen der Mieter stimmten nicht mehr. Die blaue Anschlagtafel im Erdgeschoss war seit Jahren nicht mehr korrigiert worden. Einen Hausmeister gab es nicht mehr, und das Schneeschieben musste von den Mietern im Erdgeschoss erledigt werden. Bei den übrigen häuslichen Pflichten war die Arbeitsaufteilung unklar. Maria klingelte auf gut Glück und wurde von einem wütenden Mann darauf hingewiesen, wie spät es war. Probierte es wieder, und da antwortete zum Glück Berit. »Ich komme runter.« Kurz vor zwölf hatte Berit Krister und die Kinder in einem Taxi wegfahren sehen. »Er war wohl auf das Taxi angewiesen, nachdem er euer Auto gegen den ausgestopften Vogel eingetauscht hat.«
»Hast du mit ihm gesprochen? Sagte er, wo sie hin sind?«
»Nein, ich sah nur, wie sie losfuhren. Er hat Linda ins Auto getragen. Wir gehen zu dir nach Hause, falls er anrufen sollte. Ich leiste dir Gesellschaft.« Maria drückte den Arm ihrer Nachbarin. Zusammen gingen sie über den Spielplatz zurück. Berit setzte Kaffee auf. Maria ging vor dem Telefon hin und her. Sie fror bis ins Mark, ihre Hände waren eiskalt. »Meinst du, dass sie ins Krankenhaus gefahren sein können?«, überlegte Berit. Maria griff sich das Telefonbuch aus dem Bücherregal, blätterte verzweifelt und unsystematisch in dem blauen Teil. In dem Moment wurde die Straße von Scheinwerfern beleuchtet. Ein Auto hielt auf der Vorderseite des Hauses. Maria riss die Haustür weit auf. »Warum hast du nicht angerufen? Warum hast du keinen Zettel auf den Küchentisch gelegt? Kannst du dir vorstellen, wie viel Angst ich gehabt habe?« Die Stimme versagte ihr vor Wut und Aufregung. »Ich habe Mama von der Ambulanz aus angerufen und ihr gesagt, wo wir sind. Ich dachte mir, dass du wahrscheinlich bei ihr anrufst, wenn wir nicht zu Hause sind. In der Eile habe ich keine Zeit mehr gehabt, einen Zettel zu schreiben. Linda hat Lungenentzündung und Ohrenschmerzen. Sie ist um elf aufgewacht und hat laut geschrien. Ich habe im Krankenhaus angerufen, und die haben gesagt, wir sollten sie mit dem Kopf hoch ins Bett legen und ihr Alvedon geben. Eine Stunde habe ich es ausgehalten. Als wir da ankamen, war das Trommelfell geplatzt.«
»Bekommt sie jetzt Penicillin?«
»Ja. Ich habe was mitbekommen, das reicht bis morgen früh. Bist du morgen zu Hause, damit ich das Rezept holen kann? Das bist du doch, oder?« Maria blinzelte mit beiden Augen. »Vormittags.«
DER 30. DEZEMBER
26
Die Göttin War presste das Messer an ihren Hals und stach zu. Das Blut rann warm und rot über die Brust. Maria blickte in Porzellanaugen. Der zahnlose Mund grinste schwarz und wortlos. Die Glocke aus Erz läutete Gefahr, tönte über die ganze Stadt, läutete, schrie ihre Botschaft hinaus. Was machte das jetzt noch aus, wo sie doch tot war. Wo ihre Nägel jetzt schmerzlos in bewusstlosem Zustand herausgeschnitten werden sollten, damit sie nicht Baumaterial für das Schiff Naglfar wurden. Die Uhr läutete. Dem Laut konnte man nicht entgehen. Mit unheimlicher Kraft läutete sie Gefahr, Todesdrohung, Tod … langsam kam Maria zu sich, hinauf an die Oberfläche. Wachte mit einem Ruck auf und angelte nach dem Telefonhörer. »Hartman am Apparat! Das Zahnschema war gefälscht! Der Zahnarzt war die ganze Nacht auf und hat in seiner Kartei gesucht. Er hat den Namen einer Frau im gleichen Alter und mit gleicher Körpergröße wie Disa Månsson. Die Frau heißt Emma Nord. Sie zog zur gleichen Zeit nach Kronköping um, als Disa ums Leben kam, und ist an der Adresse eines Sommerhauses in Kronköping, Box 1634, gemeldet. Das Haus gehört, jetzt pass gut auf, es gehört Saga Månsson, Disas Mutter! Ich hole dich in zehn Minuten ab, im Auto können wir dann weiterreden. Ich habe ausreichend Personal angefordert. Jetzt erwischen wir sie!«
Maria konnte
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