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Und die Großen lässt man laufen

Und die Großen lässt man laufen

Titel: Und die Großen lässt man laufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Per Wahlöö Maj Sjöwall
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Viktor Palmgren getötet hatte. Sie lag vor ihnen auf einem weißen Blatt Papier, und ihre übereinstimmende Meinung war, daß die Kugel klein und unschuldig aussah.
    Sie war beim Aufprall etwas deformiert worden, trotzdem hatten die Experten binnen weniger Sekunden das Kaliber der Waffe bestimmt. Man braucht übrigens gar kein Experte zu sein, um das Kaliber einer Schußwaffe zu bestimmen.
    »Eine Zweiundzwanziger«, sagte Mänsson nachdenklich. »Ziemlich merkwürdig.«
    Martin Beck nickte.
    »Wer, zum Teufel, benutzt eine Zweiundzwanziger, wenn er einen umlegen will?« fragte Mänsson. Er nahm das in einen Nickelmantel gehüllte kleine Projektil in Augenschein und schüttelte seinen schweren Kopf. Dann beantwortete er seine eigene Frage: »Kein Mensch. Besonders dann nicht, wenn es sich um einen wohlüberlegten Mord handelt.«
    Martin Beck räusperte sich. Wie üblich war bei ihm eine Erkältung im Anzug, obwohl es der heißeste Sommer seit Jahren war. Wie sollte es erst im Herbst werden, wenn die Feuchtigkeit und die kalten Nebelschwaden wieder ins Land kamen, geschwängert mit Viren aus aller Herren Länder? »In Amerika hält man ein kleines Kaliber für den Beweis, es mit einem wirklichen Profi zu tun zu haben«, sagte er. »Es ist eine Art Snobismus. Ein echter Professional braucht nicht mehr, als unbedingt nötig, um seine Aufgabe durchzuführen.«
    »Malmö ist aber nicht Chicago«, sagte Mänsson lakonisch.
    »Sirhan Sirhan tötete Robert Kennedy mit einer Iver Johnson 22«, sagte Skacke, der sich im Hintergrund herumdrückte.
    »Ja, das ist richtig«, sagte Martin Beck. »Aber er war verzweifelt und schoß das ganze Magazin leer. Er schoß wild um sich.«
    »Und er war auf jeden Fall Amateur«, sagte Skacke.
    »Ja. Und der Schuß, der Kennedy tötete, war ein Zufallstreffer. Die anderen Kugeln trafen andere Menschen in der Menge.«
    »Dieser Bursche hier hat aber genau gezielt und nur einen einzigen Schuß abgegeben«, sagte Mänsson. »Soweit wir feststellen konnten, spannte er den Hahn mit dem Daumen, bevor er abdrückte.«
    »Und er war Rechtshänder«, sagte Martin Beck. »Aber das sind ja die meisten.«
    »Hm«, machte Mänsson. »Es ist etwas Seltsames an dieser Geschichte.«
    »Ja, wahrhaftig«, sagte Martin Beck. »Denkst du an etwas Besonderes?«
    Mänsson grübelte eine Weile. Dann sagte er: »Ich denke darüber nach, wieso der Kerl ein so professionelles Auftreten an den Tag legte.
    Besonders im Umgang mit seiner Waffe. Und er wußte genau, wen er erschießen wollte.«
    »Jaa…«
    »Und dennoch feuerte er nur einen einzigen Schuß ab. Wenn er Pech gehabt hätte, hätte die Kugel den Schädelknochen getroffen und wäre dort entweder steckengeblieben oder abgeprallt.«
    Martin Beck hatte darüber auch schon nachgedacht, war aber zu keiner logischen Konsequenz dieser Überlegung gekommen.
    Sie wandten sich schweigend dem Studium des Berichts zu, den der Ballistikexperte, der die Kugel untersucht hatte, erstellt hatte. Seit ihrem Durchbruch 1927 während des berühmten und langwierigen Prozesses gegen Sacco und Vanzetti in Dedham in Massachusetts hatte die ballistische Wissenschaft große Fortschritte gemacht, aber die Prinzipien waren immer noch die gleichen. Damals stellte Calvin Goddard das Helixometer, das Mikrometermikroskop und das Vergleichsmikroskop vor, und seitdem waren viele Strafverfahren auf der ganzen Welt mit Hilfe eines ballistischen Beweises entschieden worden.
    Wenn man Kugel, Patronenhülse und Waffe hat, ist es für jeden ausgebildeten Kriminalisten die einfachste Sache der Welt, festzustellen, ob ein bestimmtes Projektil aus einer bestimmten Waffe abgefeuert worden ist oder nicht. Wenn man über zwei der Komponenten verfügt - meist sind es Kugel und Patronenhülse -, ist es meist sehr leicht, den Waffentyp zu bestimmen.
    Waffen verschiedener Fabrikate hinterlassen in dem Augenblick, in dem der Stift das Zündhütchen trifft und die Kugel den Lauf verläßt, an sowohl Kugel wie Hülse verschiedene charakteristische Merkmale. Seitdem Henry Södermann in den dreißiger Jahren, nachdem er bei Locard in Lyon in die Lehre gegangen war, das erste schwedische Vergleichsmikroskop konstruiert hatte, war langsam, aber stetig ein Nachschlagewerk aufgebaut worden, mit endlosen Tabellen, von denen man ablesen kann, wie bestimmte Waffentypen auf eine Patrone einwirken.
    In diesem besonderen Fall war die Untersuchung - trotz der allgemein anerkannten Exaktheit der ballistischen Wissenschaft

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