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Und die Hölle folgte ihm nach

Und die Hölle folgte ihm nach

Titel: Und die Hölle folgte ihm nach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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begrüßte sie der korpulente Mann unwirsch und hinderte sie am Weitergehen.
    »Bruder Hnikar, ich wollte gerade bei Bruder Ruadán vorbeischauen. Es geht ihm doch heute so weit gut, und man darf ihn besuchen?« Sie konnte nur hoffen, der Apotheker hatte keinen Verdacht geschöpft, dass sie schon früher am Morgen bei ihrem alten Mentor gewesen war.
    Der Gesichtsausdruck des Apothekers verdüsterte sich. Er schwieg kurz, räusperte sich dann und schob die Unterlippe vor wie ein Kind, das gleich losweinen würde.
    »Das wird nicht möglich sein.«
    »Nicht möglich sein?« Fidelma konnte sich nur schwer beherrschen. »Wieso nicht?«
    Jede Antwort hätte sie erwartet, aber nicht diese: »Bruder Ruadán ist leider tot. Er ist des Nachts entschlafen.«

KAPITEL 8
    Im nächsten Moment drängte sich Fidelma behände an dem stämmigen Apotheker vorbei und riss die Tür zu Bruder Ruadáns Kammer auf. Die erregten Protestrufe von Bruder Hnikar hinter ihr beeindruckten sie kaum, trotzdem hielt sie zögernd auf der Schwelle inne. Bruder Ruadán lag auf seiner Bettstatt. Entschlossen trat sie zu ihm und blieb sinnend vor dem Toten stehen.
    Der alte Mönch lag friedlich da. Man hatte den Leichnam bereits gewaschen und für die Aufbahrung vorbereitet, die üblicherweise der Bestattung voranging. Die Hände ruhten sorgsam gefaltet auf der Brust. Bei näherem Hinschauen bemerkte sie an den Fingernägeln Risse, sie wirkten spröde und ungepflegt, zeigten Reste von getrocknetem Blut an denNagelkuppen. So hatte die Hand, die sie am Morgen gehalten hatte, nicht ausgesehen. Hand- und Nagelpflege spielte bei den Menschen in ihrem Land eine besondere Rolle. In adligen und gebildeten Kreisen legte man großen Wert auf gepflegte Hände und sorgfältig geschnittene Nägel. Jemandem das Wort
crécht-ingnech,
was so viel wie dreckige Fingernägel hieß, an den Kopf zu schleudern, war die größte Beleidigung, die man sich denken konnte. In der Zeitspanne zwischen ihrem Besuch am frühen Morgen und seiner Todesstunde musste der alte Mann sich mit seinen Händen gegen etwas, gegen jemand vehement gewehrt haben, wobei er sich Fingernägel abgebrochen und den Gegner offenbar blutig gekratzt hatte.
    Mit unbewegter Miene betrachtete sie ihren früheren Lehrer. Krank mochte er gewesen sein, aber so viel stand fest: Hier hatte jemand nachgeholfen. Man hatte ihn ermordet.
    Noch einmal prüfte sie das Gesicht, die leicht bläulich schimmernde Haut, die Lippen über den gelblichen Zähnen, die Augen, die man ihm nach dem Eintreten des Todes nicht richtig verschlossen hatte. An den Nasenlöchern waren Sprenkel getrockneten Blutes zu erkennen. Schlagartig ging ihr auf, dass der Mörder wahrscheinlich ein Kissen auf Bruder Ruadáns Gesicht gepresst und ihn niedergedrückt hatte. Bruder Ruadán hatte seinerseits bei dem verzweifelten Versuch, sich zu befreien, sich an die Arme des Gegners geklammert und sie zerkratzt. Das zumindest würde den erbärmlichen Zustand der Hände des Toten erklären.
    Fidelma sah auf. Der Apotheker, der immer noch wegen ihres Verhaltens grollte, war ihr ins Zimmer gefolgt. Sie ließ ihn nicht zu Wort kommen.
    »Wann ist es geschehen?«
    »Ich habe dir doch gesagt, mir wurde berichtet, er wäre in der Nacht gestorben. Wirklich, Schwester, du nimmst dir entschieden zu viel heraus, hier ohne Zustimmung einfach einzudringen …«
    »Er ist bereits gewaschen und für die Bestattung vorbereitet. Warum hat man mich nicht rechtzeitig von seinem Tod in Kenntnis gesetzt?«
    Bruder Hnikar zuckte bei ihrem scharfen Ton zusammen.
    »Ich habe Ruadán seit meiner frühen Kindheit gekannt. Ich habe ein Recht, zu erfahren, wann was mit ihm passiert ist.«
    »Du hast aber kein Recht, dich ohne Erlaubnis des Abts hier aufzuhalten.«
    »Dann wende ich mich eben mit meinen Fragen an den Abt«, erwiderte sie kühl.
    »Was für Fragen?« Das klang erschrocken.
    Fidelma schwieg, warf einen letzten Blick auf den Leichnam, drehte sich um und verließ den Raum.
    Sie betrat die Amtsstube des Abts, ehe er auf ihr Klopfen hatte reagieren können. Er war im Gespräch mit Magister Ado und Bruder Faro.
    »Hast du von Bruder Ruadáns Tod erfahren?«, fragte sie ohne Umschweife.
    Ihr scharfer Ton schien Abt Servillius zu überraschen.
    »Ja, meine Tochter, und ich möchte dir mein Beileid zum Hinscheiden deines alten Freundes und Lehrers aussprechen. Die Abtei hat mit ihm einen guten Menschen verloren.«
    »Man hat den Leichnam bereits gewaschen und für die

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