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Und die Ratte lacht - Roman

Und die Ratte lacht - Roman

Titel: Und die Ratte lacht - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Persona Verlag
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Haare. Nur sein Name trat aus dem Schatten. Mit größter Mühe tauchten die verschwommenen Gestalten der Bäuerin und des Bauern auf. Sie fand Entschuldigungen, um die harte Arbeit des Erinnerns nicht auf sich nehmen zu müssen, als wäre die Zeit, die sie im Versteck verbracht hatte, mit Hilfe eines chirurgischen Eingriffs aus ihr herausgeschnitten.
    Herausgeschnitten? Wer war der Chirurg, der solch eine gute Arbeit geleistet hatte? Die Erzählerin kennt die Antwort, während die Zuhörerin sie errät.
    *
    Wie lange hat es gedauert? Wie viel Zeit?
    Das Wort »Zeit« fand sich nicht in ihrem Wortschatz, und sogar wenn es da gewesen wäre, hätte sie nicht gewusst, wie sie es an ihre Maßeinheiten hätte anpassen können. Ohne zu verstehen, was sie tat, zählte sie, wie viele »Wann« seit ihrem Geburtstag vergangen waren. Damals hatte sie Schlittschuhe bekommen. Die Puppe mit den Zöpfen war vom Geburtstag davor. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, erschien es ihr immer so, dass, falls es wirklich Schlittschuhe, eine Puppe und Geburtstage gegeben hatte, das gewesen sein musste, bevor sie überhaupt geboren wurde.
    Wie lange hat es gedauert? Wie viel Zeit?
    Die alte Frau schwieg so lange, dass die Enkelin schon glaubte, sie habe die Frage nicht gehört.
    Sie wusste nicht, wie lange es gedauert hatte. Man hatte es ihr später gesagt, nachträglich. Man schätzte einen Winter, den Frühling und den Sommer, nach dem Kalender auf der Erde. Über dem Gang, durch den die Ratte manchmal hinaufschlüpfte, war neues Gras gewachsen.
    Wenn die Zeit entsprechend der Hoffnung auf Veränderung gemessen wird, die ein Mensch hegt, dann war ihre Uhr stehen geblieben. Alles jenseits der Dunkelheit, alles, was vorher war und vielleicht kommen würde, verwandelte sich in eine Halluzination.
    Eine große Stadt. Ihr Zimmer. Ein zugefrorener Fluss. Ein hellblaues Cape. Die Hand, die aufpasste, dass sie nicht hinfiel. All diese Dinge lösten sich auf, bis sie sich nicht mehr vorstellen konnte, dass sie jemals im Leben eines Menschen eine Rolle gespielt hatten. Von ihrer Mutter war nur der Rücken geblieben. Eine verschlossene Körpertür. Und all ihre Versuche, auch nur etwas vom Gesicht ihrer Mutter zu sehen, waren vergeblich.
    Nur das Versprechen ihrer Eltern war geblieben. Klar und genau. Als sie die Bäuerin wieder um das Lateinische bat – sie wollte beten, wie es sich gehörte –, lachte die Bäuerin.
    Tote können kein Versprechen halten.
    Jetzt verbirgt die Enkelin ihre Freude über den Verlust an Erinnerung. Ihr Heft ist leer. Ein kluges Mädchen. Es sind die Leerstellen, die die alte Frau davor bewahrt haben, zu verbluten. Zum Glück erinnern wir uns nicht wirklich.
    Diese Stellen der Geschichte sollten wir vielleicht »Segen der Leere« nennen.
    *
    Eine endgültige Vertreibung aus der Welt. Eine zugemauerte Existenz. Wenn sie gefragt wurde, antwortete sie nur »ich war ein Kind während des Kriegs«, um sich dafür zu rechtfertigen, dass sie nichts hatte, um sich zu erinnern. Die Welt verlangt Erinnerungen, während sie doch die wunderbare Gabe des Vergessens besitzt. Auch jetzt gibt es eine Jauchegrube in ihr, in die sie die Stacheln des Bösen und Hässlichen wirft. Heimlich, weit weg von allen, die ihr nahestehen, entwickelt sich die Geschichte aus sich selbst heraus.
    Man könnte sagen, sie wurde im Verborgenen gemacht.
    Mit wie vielen Vorwürfen wurde sie von der überhäuft, die ihr geboren wurde. Sie hatte sich vor ihr in Acht nehmen müssen, als wäre sie eine Feindin.
    Die Tochter, die Mutter der Enkelin, hegte den Verdacht, dass ihre Mutter sich selbst die Geschichte zwanghaft erzählte. Sie behauptete, wenn ein Mensch in eine Geschichte versunken sei, höre er nicht, was um ihn herum geschehe.
    Vielleicht wollte sie damit klarmachen, dass auch sie eine Geschichte habe, eine, die nicht weniger wichtig sei als die ihrer Mutter. Niemand erklärte ihr, dass ihre Mutter nicht in ihre Geschichte versunken war, sondern in die Frage, wie sie sie erzählen sollte oder wie nicht, und wenn die alte Frau sich wirklich erlaubt hätte, sich dem Selbstmitleid hinzugeben, wäre die Geschichte zu einem viel früheren Zeitpunkt herausgebrochen. Und da jetzt trotz allem einige Stacheln abgefallen waren, beeilte sich die Mutter der Enkelin, sie gegen die alte Frau zu verwenden.
    Du bist eine schlechte Mutter.
    Du hättest keine Kinder auf die Welt bringen sollen.
    Vor der abgesprochenen Zeit klopfte die Tochter an die Tür der

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