...und Don Camillo mittendrin...
Seite befand. Während er mit der Linken das Lenkrad festhielt, filzte er mit der Rechten die Leiche des alten Bresca . Er durchsuchte alle Taschen und fand schließlich, unter dem Hemd versteckt, die dicke Ziehharmonika-Brieftasche.
Er warf die Beute in seine Einkaufstasche und beschleunigte seine Fahrt.
Die Straße war menschenleer. Nur Banditen und Betrunkene trieben sich zu dieser Stunde an solchen Orten herum. Von weitem sah er das funkelnde Licht des Madonnenaltars an der Abzweigung der Straße. Als er vor der kleinen Kapelle war, konnte er nicht mehr widerstehen: er holte die Brieftasche heraus, um das Geld zu betrachten.
Das Banknotenbündel war dick, aber es waren nur neunzehn Fünfhundert-Lire-Scheine, je zwei der Länge nach gefaltet und mit einem Gummiband zusammengehalten. Dabei lag aber auch ein weißer Zettel, mit der Unterschrift Cirottis auf den Namen des alten Bresca ausgestellt: «Zahlen Sie gegen diesen Scheck die Summe von Lire ...»
Rossetto fluchte; mit diesem Geld hätte er zwei Motorräder kaufen können. Aber es war sinnlos. Dieses verdammte Ding auf einer Bank vorzuweisen, wäre das gleiche gewesen, als ob man gesagt hätte: «Ich habe ihn umgebracht.»
Ganz mechanisch steckte Rossetto das Notenbündel wieder in die Brieftasche. Und noch etwas beunruhigte ihn: Wo waren all die Zehntausender geblieben? Zehn-tausendernoten hatte Cirotti dem alten Bresca gegeben. Er hatte es selber mit eigenen Augen gesehen. Banknoten, keinen Scheck!
Das Herz schlug ihm bis zum Hals: jemand näherte sich. Er hatte nicht aufgepaßt, ob ihm jemand gefolgt war, jetzt war es zu spät. Er duckte sich, so gut es ging, ins Gras und hielt den Atem an.
Es war der Karren, und er hielt genau vor der Madonnenstatue.
Es war das Gefährt des alten Bresca , und Rossetto sah den Alten, wie er ihn zurückgelassen hatte.
Rossetto bekam es mit der Angst zu tun. Tausendmal hatte der alte Bresca vor diesem Schrein angehalten, um ein Avemaria zu beten, und so hatte das Pferd gelernt, dort von allein stehenzubleiben. Es brauchte wenig, um das zu verstehen, aber Rossetto dachte, es habe seinetwegen halt gemacht.
Er schleuderte die Brieftasche gegen den Karren, sprang auf sein Rad und raste auf der Straße nach links davon, als wären alle Teufel der Schöpfung hinter ihm her.
Das Pferd trabte wieder an und nahm die Straße nach rechts. Rossetto fuhr wie wild die fünf Kilometer bis zu dem Dorf, wo er wohnte, und kaum war er in das Sträßchen eingebogen, das zu seinem Haus führte (ein Sträßchen etwa fünfhundert Meter vor dem Ort), wurde er von einem Auto überholt. Es war Cirotti .
«Verfluchter Kerl!» schrie ihm Rossetto nach.
Zwei Jahre später war der Mord am alten Bresca noch immer ungeklärt, aber eines Abends sprach Cirotti bei Don Camillo im Pfarrhaus vor.
«Ich hab’ den Teufel im Leib», sagte er. «Wenn Ihr mir nicht helft, gehe ich drauf.»
«Ihr könnt ganz offen reden», versicherte ihm Don Camillo.
«Seit zwei Jahren nagt es mir an der Leber, Hochwürden. An dem Abend, an dem der arme Bresca umgebracht wurde, bin ich kurz nach ihm mit dem Auto weggefahren. Vor dem Madonnenschrein an der Straßengabelung sah ich etwas Schwarzes am Boden liegen und hielt an. Es war eine Brieftasche mit etwas Kleingeld drin und einem Scheck über vierhunderttausend Lire. Das Kleingeld warf ich in den Opferstock, aber den Scheck behielt ich.»
«Und, habt Ihr ihn eingelöst?»
«Nein, ich habe ihn verbrannt, weil er von mir selber auf den Namen des alten Bresca ausgestellt war, um die gekauften Rinder zu bezahlen.»
Don Camillo breitete die Arme aus.
«Aber Ihr habt später gesagt, daß Ihr ihm fünfhunderttausend Lire in Zehntausendernoten gegeben habt und daß es dafür Zeugen gab. Was hat der Scheck mit der Geschichte zu tun?»
«Ich hatte ihm in Gegenwart von Zeugen fünfzig Zehntausend-Lire-Scheine gegeben, dann aber blieben wir allein und fingen an herumzusaufen, bis es spät wurde. Schließlich sagte der Bresca , er habe Angst, nachts mit so viel Geld heimzufahren und meinte: Ich schrieb den Scheck aus. Und so lag er, als ich die Brieftasche fand, noch drin. Dann aber, als der Mord an dem Bresca bekannt wurde, hab’ ich ihn verbrannt. Doch dieses Geld hat mir nur Unglück gebracht, und ich will nichts mehr damit zu tun haben. Damals hab’ ich bezeugt,
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