Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
...und Don Camillo mittendrin...

...und Don Camillo mittendrin...

Titel: ...und Don Camillo mittendrin... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
Don Camillo handelte, war es freilich zu spät, denn er hatte bereits «Sofort aufhören!» gebrüllt.
    Don Camillo ließ einen neuen Schuß krachen und drehte sich dann zu ihm um:
    «Und warum? Findet irgendwo ein Gottesdienst statt?»
    «Der Parteisekretär der Provinz hält eine Rede im Volkshaus», antwortete der Smilzo .
    Don Camillo schoß und löste eine weitere Explosion aus.
    «Der Parteisekretär der Provinz? Sieh mal einer an, das hätte ich nicht für möglich gehalten», lächelte er höhnisch.
    Dem Smilzo blieb die Spucke weg, und er lief eilends in das Volkshaus zurück.
    Die Schüsse dauerten an, bis die Leute aus dem Volkshaus strömten. Da hörte Don Camillo zu schießen auf, zündete sich eine Zigarre an und machte sich gemächlich auf den Weg zum Pfarrhaus.
    Peppone schaute ihm schweigend nach. Seine Halsader war gefährlich angeschwollen. Er knöpfte sich das Mädchen mit dem roten Haar vor.
    «Ihr haut morgen ab!» brüllte er in das Innere der Bude. «Sonst lasse ich euch samt eurem Dreckzeug in den Fluß werfen!»
    Das Mädchen mit dem roten Haar wich erschrocken zurück und streifte dabei unwillkürlich die Zündpfanne, die den ganzen Abend über den Höllenlärm verursacht hatte.

    Am folgenden Morgen um neun meldete der Gemeindepolizist, die vom Schießstand hätten noch keinen Wank getan. Er habe aber keine Lust, sie zu vertreiben.
    Peppone ließ sein Bier stehen und raste mit einer Stinkwut im Bauch auf die Piazza. Als er auf der Hinterseite des Platzes angekommen war, trieb er die gaffenden Leute, die ihm im Weg standen, mit heftigen Püffen zur Seite und sah sich plötzlich dem alten Mann und dem Mädchen mit dem roten Haar gegenüber, die unbeweglich an einer Ecke der Bude lehnten und völlig geistesabwesend auf einen Haufen Knochen starrten, der auf dem Boden lag. Es war ihr totes Pferd.
    Der Anblick war so traurig, daß Peppone einen Moment das Herz stehen blieb. Er fuhr sich in die Haare, kratzte sich am Kopf und ging nach Hause.
    Was ist schon ein Fahrender, wenn er sein Pferd verliert? Ein Schiffbrüchiger, gestrandet auf einem Riff mitten im Ozean.
    Die Bude blieb stehen, und nach einem Monat kümmerten sich die Leute nicht mehr darum. Ab und zu kam ein Kind, um ein paar Schüsse abzugeben. Aber das waren bloß kleine Fische. Manchmal tauchten am Samstagabend einige Burschen auf, doch wenn sie sahen, daß das Mädchen mit dem roten Haar nicht da war, verschwanden auch sie.
    Alle, außer Diego, dem Jüngsten der Marossi .
    Diego war ein eigenartiger Bursche, gerade zwanzig Jahre alt, breitschultrig und mit einem finsteren Gesicht. Er sprach nur, wenn etwas besonders Schwerwiegendes los war.
    Jeden Samstagnachmittag kam er zur Bude. Diego nahm einen Karabiner, den ihm das Mädchen mit dem roten Haar reichte, und begann, Tontauben zu schießen.
    Er schoß ein paar Stunden lang, und die einzigen Worte, die er sprach, waren «Guten Tag», wenn er kam, «Wieviel?» wenn er zahlen wollte, und «Guten Abend», wenn er ging.
    Die Marossi waren Großpächter, seriöse Leute, denen es gut ging. Der Alte hatte sie alle unter der Fuchtel. Jeden Samstag gab er seinen Söhnen und Enkeln einen bestimmten Betrag für Vergnügungen und als Taschengeld. Kleider, Unterwäsche, Schuhe und Verpflegung bestritt der Alte selber.
    Jeden Samstag bekam Diego fünfhundert Lire, und jeden Samstagabend ging er und schoß für fünfhundert Lire.
    Das alles interessierte den Alten nicht und wollte ihn auch gar nicht interessieren.
    «Jeder soll sein Geld ausgeben, wie es ihm paßt», sagte der alte Marossi . «Und wenn sich morgen jemand einen Unterseebootzerstörer kaufen will, so ist das seine Sache. Jeder soll das tun, was ihm Spaß macht.»
    Und Diego hatte Spaß am Tontaubenschießen.

    Unvermittelt brach der Winter herein. Dem Vater des Mädchens mit dem roten Haar ging es schlecht, und Peppone ließ ihn ins Spital bringen. Er blieb nicht lange dort, denn schon nach einer Woche war er tot.
    Das Mädchen blieb allein und wartete auf den einzigen Kunden am Samstag.
    Der Kunde kam immer pünktlich, weil er ein leidenschaftlicher Schütze war und weil er sich nichts daraus machte, daß die Luft ein wenig frisch war. Und weil es eines Samstags in Hülle und Fülle zu schneien anfing, mochte der Rotschopf gar nicht mehr aus dem Karren steigen und verzichtete auch auf den letzten Kunden.
    Nachmittags um fünf klopfte es an die Tür. Es war Diego, schneebedeckt wie der Mont Blanc .
    Das Mädchen kletterte heraus,

Weitere Kostenlose Bücher