und du bist weg
Firmenparkplatz zog. Anstatt vor dem Haupteingang zu halten, fuhren sie zwischen zwei der Hallen durch und stoppten erst vor einem kleinen Nebeneingang.
»Da wären wir«, erklärte der Fahrer. »Lassen Sie Ihre Tüten ruhig hinten drin, die klaut schon niemand.«
Lindemann kletterte aus dem Fond und sah zu, wie sich der Anzugmann an der Tür zu schaffen machte. Kurz darauf traten sie in die Halle. Der Yuppie machte Licht.
»Wat stellen Sie denn hier her?«, fragte Lindemann verwundert. In der schummrigen Beleuchtung war zwar nicht viel zu erkennen, aber dass hier alles wie Kraut und Rüben durcheinander stand, war nicht zu übersehen.
»Diese Halle nutzen wir lediglich als Lager«, erklärte sein Begleiter. »Kommen Sie, wir müssen runter in den Keller.«
Der Weg dorthin führte die beiden Männer vorbei an meterhohen Regalen, leer stehenden Metallspinden und auseinander genommenen Maschinen. Schließlich erreichten sie eine kleine Treppe. Lindemann hielt sich direkt hinter dem Kerl im Anzug, während dieser erneut mit seinem Schlüsselbund hantierte. Die Luft in den Gewölben war schal und abgestanden, hier unten war bestimmt schon seit Ewigkeiten kein Mensch mehr gewesen. Die spärlichen Zwanzig-Watt-Birnen über ihren Köpfen spendeten gerade mal so viel Licht, dass sie die größten Spinnweben erkennen und ihnen ausweichen konnten.
»So, da ist es«, erklärte der Yuppie und blieb vor einer soliden Metalltür stehen, die genauso gut in einen Luftschutzbunker gepasst hätte. Mit einem kräftigen Schwung drückte er den Verschlusshebel nach oben und zog die Tür auf. Dann lächelte er Lindemann gewinnend an.
»Dann krempeln Sie mal die Ärmel hoch. Das ganze Zeug muss hier raus.«
Vorsichtig machte der Obdachlose einige Schritte nach vorne in die Dunkelheit, da verspürte er plötzlich einen Stoß in seinem Rücken. Stolpernd schoss er nach vorn und schob seine Arme vor sich, um sich abstützen zu können. Mit einem Krachen flog hinter ihm die Tür ins Schloss.
»Wat soll die Scheiße!?«, fluchte er erschrocken. »Hee, Meister, machen Sie die Tür auf.«
Als einzige Antwort hörte Lindemann, wie sich jenseits der Tür Schritte entfernten. Atemlos vor Schreck tastete er durch die Schwärze, bis er unter seinen Fingerspitzen die Tür spürte.
»Hee, du Arsch, mach die Tür auf. Aufmachen«, schrie er. »Lass mich hier raus.«
Inzwischen waren die Schritte verstummt. Lindemann spürte Panik in sich aufsteigen, verzweifelt drückte er sich gegen das kalte Metall, aber die Tür bewegte sich keinen Millimeter.
Blind wie ein Maulwurf tastete der Gefangene die Wand ab, da stießen seine Finger auf einen etwa handtellergroßen Gegenstand. Ein Lichtschalter.
Seine Finger patschten so lange auf das Plastik, bis der Kontakt hergestellt war. Sofort ging über ihm eine weitere der mickrigen Birnen an. Ängstlich drehte sich Lindemann um.
Keine zwei Meter von ihm entfernt lag eine alte, fleckige Matratze auf dem Boden, daneben standen zwei Plastikflaschen mit Wasser und zwei Beutel mit Schnittbrot. Hinter der Matratze befand sich ein rostiger, henkelloser Eimer.
Ansonsten war der höchstens drei mal vier Meter große Raum leer.
Mit einem Aufschrei drehte sich Lindemann um und hämmerte wie ein Berserker erneut auf die Tür ein.
6
»Verdammter Mist, ich hoffe, jemand hat sich einen bösen Scherz mit uns erlaubt«, grantelte Wielert unwillig. »Wenn das stimmt, ist das eine Katastrophe.«
Berthold Hofmann schaltete ruckartig vom vierten in den dritten Gang zurück und quetschte sich auf die Überholspur. Eigentlich war die Zeit für den Feierabendverkehr schon vorbei, aber immer noch waren zu viele Leute unterwegs. Und weder das kreisende Blaulicht noch die röhrende Sirene konnten sie dazu bewegen, den Bochumern Platz zu machen.
»Mit wem haben Sie denn gesprochen?«, erkundigte sich der Fahrer bei seinem Chef.
»Keine. Ahnung. Der Kollege hatte Schwierigkeiten, sich verständlich zu machen. Ich hab nur kapiert, dass Eulenstein tot ist.«
»Herr im Himmel«, krächzte Hofmann benommen. »Gestern hab ich sie noch in der Kantine getroffen.«
Der Leiter des KK 11 ging nicht auf die philosophische Betrachtung seines Mitarbeiters ein, sondern repetierte in Gedanken wieder und wieder das, was ihm ein Kollege vor einer halben Stunde am Telefon berichtet hatte. Hofmann war als Einziger aus der Abteilung noch im Haus gewesen. Wielert hatte ihm noch nicht erzählt, dass wahrscheinlich Thalbach Eulenstein
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