und ein Kater mit Koepfchen
sage ich und verdecke den verschmierten Rap hastig mit meinem Rucksack. „Bin ich verpeilt. Sorry.“ Der letzte Satz gilt meiner Schwester.
Kassia nickt grinsend. „Könnte man so sehen. Aber ich weiß ja zum Glück, warum du so verpeilt bist. Und deshalb verzeihe ich dir. Vielleicht lenkt dich Linus ja etwas ab.“ Sie guckt mich bedeutungsvoll an und macht einen verstohlenen Kussmund in seine Richtung.
„Auf gar keinen Fall! Spinnst du?“, rufe ich. Gibt es eigentlich einen Menschen auf dem Globus, der peinlicher ist als meine eigene Schwester?
„Öh, wenn es dir doch nicht passt, Maxie, dann gehe ich einfach wieder …“, sagt Linus erschrocken.
„Auf gar keinen Fall!“, wiederhole ich. „Also, ich meine, nein, bleib ruhig hier. Auf gar keinen Fall störst du mich, ich bin für heute fertig mit …“ Ja, womit eigentlich? Mit Heulen? Eifersüchtigsein? Trübsinnblasen? „… ähm, fertig mit der Deutsch-Sonderaufgabe.“ Ich zeige auf meinen Schreibtisch.
„Na, dann ist ja gut“, sagt Linus und er sieht wirklich erleichtert aus. „Ich hatte schon Angst, dass du mich gleich wieder fortschickst. Draußen regnet es nämlich schon wieder, und Sebastian ist mit Mama ins Möbellager gefahren, und dann wollten sie noch was essen gehen.“
Na super. Mein Musiklehrer entwickelt sich ja zu einem echten Samariter. Irgendwie passt es mir nicht, dass er mit Linus’ Mutter essen geht. Komisch.
„Wieso geht Herr Pfeffer mit deiner Mutter essen? Bis jetzt war er immer mit unserer Mutter essen. Außerdem hat sie doch einen Mann“, sagt Kassia in diesem Moment und runzelt die Stirn.
Ich liebe meine Schwester! Habe ich das schon einmal so deutlich gesagt? Nie im Leben hätte ich dermaßen klar ausdrücken können, was mich an der Sache mit Herrn Pfeffer und Linus’ Mutter stört. Ich könnte Kassia gerade knutschen.
„Was meinst du damit, Kassia?“, fragt Linus und kratzt sich verwirrt an der Nase. „Warum darf meine Mama nicht zusammen mit Sebastian essen? Papa hat keine Zeit für so etwas, nicht einmal am Wochenende. Er muss furchtbar viel arbeiten in seinem neuen Job hier.“
Jetzt heißt es, auf der Hut sein. Nicht dass Linus seiner Mutter oder Herrn Pfeffer weiterquatscht, worüber meine Schwester und ich uns den Kopf zerbrechen. Ich muss mir also genau überlegen, was ich ihm jetzt antworte.
Ich lächle Linus gönnerhaft an. „Natürlich darf Herr Pfeffer das. Dein Papa freut sich sicher, dass er sich um deine Mama kümmert. Und Lotta findet es sicher auch cool, mit ihrem Lehrer shoppen zu gehen. Damit kann sie dann in der Schule angeben …“ Ich zwinkere Kassia verschwörerisch zu.
„Wieso Lotta?“, widerspricht Linus. „Lotta ist doch gar nicht mit. Sie ist bei Jonas. Er will ihr seine Schulsachen zeigen und Mathe erklären. Wir hinken mit dem Stoff ziemlich hinterher.“
Mir wird so eiskalt wie einem Eiswürfel am Nordpol.
„Wie bitte?“, fauche ich los. „Jonas spielt den Nachhilfelehrer für Lotta und deine Mutter geht inzwischen alleine mit unserem Musiklehrer aus? Und dich und Tatze haben die beiden hier bei uns geparkt? Na, das ist ja wirklich voll raffiniert.“ Am liebsten würde ich Linus und seinen albernen Kater auf der Stelle vor die Tür setzen.
Linus starrt mich erschrocken an. „Ich verstehe nur Bahnhof“, sagt er kläglich. „Willst du jetzt doch wieder, dass ich gehe?“ Der Klang seiner Stimme signalisiert mir, dass er jeden Moment zu heulen anfängt.
Plötzlich finde ich mich selbst total doof.
„Linus“, sage ich kleinlaut. „Es tut mir schon wieder leid. Ich bin heute gar nicht gut gelaunt. Frag Kassi.“
Kassia kichert wie eine Lachtaube. „Oh ja. Das unterschreibe ich sofort. Da hilft nur heiße Schokolade. Magst du welche?“
Linus nickt dankbar. „Total gerne.“
„Na, dann ab in die Küche. Unsere Mama
muss auch jeden Augenblick von der kranken Kuh zurück sein.“ Kassia scheucht Linus mit Tatze aus meinem Zimmer und führt sich dabei so altklug auf, dass ich beim Zuhören das Gefühl habe, dass sich meine Fußnägel einrollen. Aber heute bin ich ihr ausnahmsweise auch dafür total dankbar. Ich weiß immer noch nicht, was eigentlich mit mir los ist. Aber es fühlt sich schrecklich an und ich hoffe, dass dieses Gefühl so schnell wie möglich vorübergeht.
Ich bleibe noch ein paar Minuten alleine in meinem Zimmer sitzen. Schließlich stehe ich in Zeitlupe auf und hänge mich mit dem Fernglas ans Fenster.
Linus hat nicht gelogen.
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