Und eines Tages kommt das Glück
das hatte sie damals gewusst, und das wusste sie heute. Sie hatte es sich selbst nie verziehen, da dies zu dem Bruch ihrer Beziehung zu Romy geführt hatte, der niemals mehr gekittet werden konnte. Sie hatte versucht, die Sache herunterzuspielen, und ihrer Tochter erklärt, dass nichts passiert sei und dass sie unter dem Einfluss einiger Joints gestanden habe, aber Romy hatte ihr kein Wort geglaubt. Die Joints mochten ihr Verhalten vielleicht nicht entschuldigt haben, aber ein Grund dafür waren sie mit Sicherheit gewesen. Sie wäre Perry niemals in den Garten hinaus gefolgt, wäre sie nicht high gewesen, und sie wäre nicht high gewesen, hätte sie nicht den Joint von einem von Kathryns Freunden angenommen. Gemeinsam mit ihnen zu rauchen hatte ihr das Gefühl gegeben, zur Jugend zu gehören, akzeptiert zu werden. Veronica gefiel sich in der Vorstellung, noch immer das gewisse Etwas zu haben, das man brauchte, um als jung zu gelten. Und als Perry – ebenfalls angeturnt – sie gefragt hatte, ob sie mit ihm nach draußen kommen wolle, weil es im Hotel so stickig sei, da hatte sie sofort ja gesagt. Es würde ihrem Ruf bestimmt nicht schaden, wenn man sie im Gespräch mit einem attraktiven Neunzehnjährigen sah, der viel zu gut aussehend war für ihre unattraktive Tochter.
Sie hatten sich erst eine Weile unterhalten. Perry hatte ihr von den Problemen an der Universität erzählt, davon, wie schwierig
das Leben sein konnte, und sie war teilnehmend auf ihn eingegangen, ohne jemals in die Falle zu tappen, ihm zu erzählen, wie es zu ihrer Zeit gewesen war (sie hatte nicht studiert – für eine Frau wie sie wäre das in den Sechzigern etwas Unerhörtes gewesen), sondern hatte ernsthaft mit ihm diskutiert, als wären sie gute Freunde.
Und irgendwann hatte er ihr das Kompliment gemacht, dass sie eine wunderbare Frau sei, die ihn noch dazu verstehe wie keine andere, und dass es durchaus seine Vorteile habe, reifer und ein wenig älter zu sein. Nicht dass sie in irgendeiner Weise alt aussehen würde, hatte er hastig hinzugefügt, im Gegenteil, sie sehe absolut fantastisch aus und sei bei weitem die attraktivste Frau des Abends.
Veronica hatte sich geschmeichelt gefühlt. Warum auch nicht, in Gegenwart dieses attraktiven Mannes, der sie plötzlich aus dem erleuchteten Teil des Gartens in den Schatten eines Baums mit tief hängenden Ästen gezogen und ihr den Arm um ihre (noch schlanke) Taille gelegt und sie dabei an sich gedrückt hatte. Und einen Augenblick lang dachte Veronica nicht daran, dass Perry mit Romy zu Kathryns Party gekommen war oder dass sie sich auf der Geburtstagsfeier ihrer ältesten Tochter befand. Sie hatte sich vollkommen verloren in dem Gefühl, die Arme eines Mannes um sich zu spüren, seine Lippen auf ihrem Mund. Es war so lange her, seit ihr dies das letzte Mal widerfahren war, und für niemanden auf der Welt hätte sie darauf verzichtet.
Veronica wusste nicht genau, was es war, das sie schließlich wieder zu Sinnen hatte kommen lassen. Doch als er am Reißverschluss ihres Kleides zerrte, fiel ihr schlagartig wieder ein, dass er neunzehn Jahre alt, der Freund ihrer Tochter und sie die Mutter des Geburtstagskindes war. Sein Alter hätte sie noch ignoriert (und zwar mit größtem Vergnügen), aber den Rest konnte sie nicht verdrängen. Und so hatte sie sich von ihm losgerissen und ihm erklärt, dass es ihr leidtue, aber die Situation würde ein
wenig aus dem Ruder laufen, und dann hatte sie kurz gelacht, um die Peinlichkeit der Situation zu überspielen. Genau in dem Moment hatte sie aufgeschaut und gesehen, dass Romy sie mit einem Ausdruck des Abscheus und des Schmerzes auf dem Gesicht anstarrte.
Es war nicht meine Schuld, dachte Veronica elend. Ich habe nichts falsch gemacht. Ich habe ihn von mir weggestoßen. Ich würde meiner Tochter doch niemals mit Absicht wehtun. Und Romy weiß das auch, aber sie hat es stets vorgezogen, dies zu ignorieren. So wie sie immer die Augen vor den Realitäten in unserer Familie und der Tatsache verschlossen hat, dass am Scheitern meiner Ehe mit Dermot er ebenso beteiligt war wie ich und dass ich zutiefst traurig darüber war, dass sie zwischen uns hin-und herpendeln musste. Aber ich war damit einverstanden, weil ich es für das Beste gehalten habe. Und ebenso hat sie sich geweigert, die Tatsache anzuerkennen, dass Tom von vornherein fest entschlossen war, die Firma an Darragh zu übergeben, und dass es weder für sie noch für Kathryn sinnvoll gewesen
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