Und eines Tages kommt das Glück
Kathryn, aber Romy sammelte gerade ihr Wechselgeld ein und hörte ihr schon nicht mehr richtig zu.
Romy war an diesem Abend eigentlich mit Colleen verabredet. Nun wollte sie Kathryns wegen die Verabredung eigentlich absagen, aber ihre Schwester wollte nichts davon wissen und erklärte ihr, dass sie ganz gern mal eine Weile allein wäre. So wie Romy Tage zuvor schlenderte nun auch Kathryn von Zimmer zu Zimmer, während langsam die Erinnerungen in ihr hochstiegen. Im Arbeitszimmer sah sie wieder Dermot vor sich, wie er seine Akten und Unterlagen sortierte. Dabei hatte er die Angewohnheit gehabt, leise vor sich hin zu singen, und manchmal hatte sie mitgesungen. Kathryn hatte diese Zeit sehr genossen, auch nachdem Darragh ihr eröffnet hatte, dass Dermot nicht ihr richtiger Vater war. Das war ein großer Schock für sie gewesen. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, dass der Mann, den sie ihr Leben lang gekannt und automatisch Dad genannt hatte, nicht ihr
leiblicher Vater war. Kathryn konnte sich nicht erinnern, wie alt sie damals gewesen war. Sie wusste nur, dass sie wohl noch ziemlich klein gewesen war und Darragh von einem Spielzeug vorgeschwärmt hatte, das Dermot ihr kaufen wollte. Daraufhin hatte Darragh sie zornig angeschaut und behauptet, dass Dermot nur versuchen würde, sich ihre Zuneigung zu erkaufen. Er sei nämlich überhaupt nicht ihr Vater. Kathryn erinnerte sich daran, geweint und sich zu Veronica geflüchtet zu haben, die sie auf den Schoß genommen und ihr versichert hatte, dass Dermot, auch wenn er nicht ihr leiblicher Vater war, doch ein sehr netter Mann sei, der sie lieb habe wie sein eigenes Kind.
Darragh war nicht dieser Ansicht. Dermot sei überhaupt kein netter Mann, sagte er. Und lieb haben würde er sie auch nicht. Veronica würde er übrigens auch nicht lieben. Er würde nur so tun. Die Einzige, die er wirklich liebte, war Romy.
Kathryn hatte danach viel Zeit damit verbracht, Dermot zu testen, um herauszufinden, ob er ihr wirklich etwas vormachte. Mit Absicht widersprach sie ihm, um zu sehen, ob er auf ihre Aufsässigkeit anders reagierte als auf die von Romy. Es war schwer zu sagen. Natürlich schimpfte er mit ihr und ermahnte sie, dass sie vernünftiger sein solle. Und manchmal gab er ihr auch zu verstehen, dass sie als die Ältere von beiden es besser wissen müsse als Romy. Doch niemals hörte er sich bei ihr unwilliger an als bei Romy. Im Gegenteil, manchmal glaubte Kathryn sogar, dass er viel strenger zu seiner leiblichen Tochter war und sie oft wütend anherrschte, sich ein Beispiel an ihrer älteren Schwester zu nehmen (so wie damals, als Romy einen Stapel seiner Fotos zerrissen und mit Tesafilm wieder zusammengeklebt hatte, weil sie ein Puzzle habe machen wollen, wie sie sagte). Kathryn hörte das nur allzu gern, denn es bedeutete, dass Dermot sie akzeptierte und in ihr Romys große Schwester und nicht nur die Stieftochter sah.
Doch wann immer sie versuchte, dies Darragh zu erklären, nahm er sie nicht ernst und warf ihr vor, sich von Dermots
Charme einwickeln zu lassen. Sie müsse standhaft bleiben, sie seien schließlich Dolans und keine Kilkennys, und das würden sie immer bleiben. Kathryn wusste, wie wichtig es war, eine Dolan zu sein. Sie unterschied sich dadurch von Romy, obwohl ihr das eigentlich nicht sonderlich wichtig war, da sie gern eine kleine Schwester hatte. Vor allem eine, die wie sie nicht das geringste Interesse an Klamotten zeigte!
Aber jetzt bin ich eine Palmer, dachte sie grimmig, weder eine Dolan noch eine Kilkenny. Ich habe eine neue Identität. Und für Klamotten interessiere ich mich jetzt auch.
Kathryn warf zum x-ten Mal einen Blick auf ihr Handy, aber es waren noch immer keine Nachrichten eingegangen, und angerufen hatte auch niemand. Wahrscheinlich sollte sie erleichtert sein, aber das Einzige, was sie verspürte, war Angst.
Nach einem entspannten und vergnüglichen Abend mit Colleen, an dem sie nicht eine Sekunde an Veronica oder an ein anderes Mitglied der Familie Dolan gedacht hatte, setzte Romy sich an ihren Computer und rief ihre E-Mails auf.
Sie fand die üblichen Ulk-Mails und eine persönliche Nachricht von Tanya vor, die ihr aus Melbourne schrieb. Alles sei wunderbar, und sie hoffe, dass Romy nicht allzu enttäuscht sei, darauf verzichten zu müssen, aber sie würde ja bald wieder zurückkommen. Romy biss die Zähne zusammen und sagte sich (wie es ihr auch alle anderen immer versicherten), dass sich noch genügend andere
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