Und eines Tages kommt das Glück
Was sollte sie nur mit einem jungenhaften Wildfang, wie sie einer gewesen war, anfangen?
Plötzlich bewegte sich das Baby in ihrem Bauch, und Giselle verspürte einen Anflug von schlechtem Gewissen. Was, wenn Mollie ihre Gefühle mitbekam? Wenn sie sich unerwünscht fühlte oder gar ungeliebt, weil sie nicht hübsch genug war?
Giselle ließ sich schwerfällig auf einem Stuhl in der Ecke nieder. Hübsche Mädchen hatten es immer leichter im Leben, da gab es gar keine Diskussionen, aber man musste sich doch nur Romy anschauen – sie reiste durch die Welt und schien tatsächlich sehr zufrieden zu sein mit ihrem Leben. Konnte eine Frau glücklich sein, ohne schön zu sein?
Giselle war nicht glücklich gewesen, als sie achtundachtzig Kilo gewogen hatte. Sie war deprimiert und niedergeschlagen gewesen und hatte ihr Leben gehasst. Sie wollte sich nur ungern vorstellen, dass alles Gute in ihrem Leben nur deshalb passiert war, weil sie sich auf Kleidergröße sechsunddreißig heruntergehungert hatte, und dass Darragh sie nur deshalb liebte, weil sie eine von Dublins schönsten Societyladys war.
»Geht es dir gut?«
Erschocken drehte sie sich um. Sie hatte ihn nicht ins Zimmer kommen hören.
»Ich konnte nicht mehr schlafen.«
Darragh sah sie stirnrunzelnd an. »Was ist los?«
»Nichts.«
»Aber du weinst«, sagte er. Er ging zu ihr und legte seine Arme um sie. »Warum?«
»Ich …« Giselle lehnte sich an ihn. »Ich glaube, ich habe einfach Panik bekommen.«
»Warum denn?«
»Weil unser Baby wieder ein Mädchen wird und vielleicht nicht hübsch genug ist und du sie dann nicht lieb hast.«
Darragh fasste sie am Kinn, hob ihr Gesicht und schaute sie an. »Ein Mädchen? Ist das dein Ernst?«
Ängstlich erwiderte sie seinen Blick. »Du hast dir doch einen Sohn und Erben gewünscht, aber ich kann dir keinen schenken.«
Er küsste sie auf die Stirn. »Wer sagt denn, dass meine Töchter nicht mal die Firma übernehmen wollen? Und vielleicht kriegen wir eines Tages ja noch einen Sohn, aber weißt du was? Das ist mir eigentlich egal! Ich liebe Mimi, und ich liebe dich, und das neue Baby liebe ich jetzt schon. Und sie wird das schönste Kind auf der Welt sein, genau wie Mimi. Was spricht dagegen? Bist du nicht ihre Mutter?«
»Ich bin eine beschissene Mutter«, erwiderte Giselle. »Ich will, dass alles perfekt ist für sie, und ich will, dass auch meine Kinder perfekt sind.«
»Das wollen doch alle Mütter.«
»Ich mache mir Sorgen, dass Mollie so werden könnte wie Romy«, gestand Giselle.
»Mollie?«
»Ja, so nenne ich sie insgeheim«, fuhr Giselle fort. »Weil mein Bauch dieses Mal so unförmig dick ist und ich Angst habe, dass sie auch so wird.«
Darragh brach in schallendes Gelächter aus, und Giselle lächelte unbehaglich.
»Bitte, versprich mir, dass das nur ihr Spitzname ist«, bat er.
»Ich glaube nämlich nicht, dass es mir gefallen würde, meine Tochter Mollie zu nennen.«
»Natürlich ist das nur ein Spitzname«, versicherte ihm Giselle. »Aber … also … als ich mir vorgestellt habe, dass sie dick und hässlich werden könnte, oder vielleicht auch so burschikos und wild wie Romy, die nicht einmal in ein exklusives Wellness-Hotel mitkommen will … Ich habe eben gedacht, der Name passt zu ihr.«
»Darüber reden wir noch mal, wenn sie auf der Welt ist«, erklärte Darragh. »Und tu mir bitte einen Gefallen und erzähl ihr das nie. Es gibt schlimmere Dinge, als dass sie nach Romy kommen könnte.«
Giselles lächelte zaghaft. »Meinst du?«
»Dieser Mistkerl Palmer hat ihr fast den Arm gebrochen«, sagte Darragh. »Und sie hatte wirklich große Angst vor ihm. Aber sie hat sich durchgerungen, ihn anzuzeigen, und keiner konnte sie davon abhalten. Ich war richtig stolz auf sie.«
»Und wenn sie wird wie Kathryn?«
»Natürlich war ich überrascht über das, was passiert ist«, gab Darragh zu. »Ich habe meine Schwester einfach nicht so eingeschätzt. Aber wenn Mollie Kathryn ähnlich sein sollte, dann wird sie ein cleveres und aufgewecktes Mädchen werden, vielleicht ein bisschen verletzlich unter der harten Schale, aber trotzdem ein prachtvolles Mädchen.«
»Und wenn sie nach mir kommt?«, fragte Giselle.
»Wenn sie nach dir kommt, dann wird sie perfekt sein.«
Giselle lächelte ihn an. »Ich liebe dich.«
Darragh spürte einen Kloß im Hals. Sie hatte es gesagt. Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten hatte sie wieder einmal gesagt, dass sie ihn liebte.
»Sehr sogar«, fügte sie hinzu.
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