Und eines Tages kommt das Glück
Engagement
auf die Beziehung einließ, oder ob es an den Männern lag – auf jeden Fall hatte keine dieser Affären längere Zeit gehalten.
Romy fragte sich, ob Veronica wohl noch einmal einen geeigneten Mann kennenlernen würde. Das war schon schwierig genug, wenn man zwanzig Jahre alt war, wie sie aus eigener Erfahrung wusste: Jede Menge guter Kumpel wie Keith, aber kein Einziger, aus dem mehr hätte werden können. Aber mit sechzig musste das noch tausendmal schwieriger sein, ganz gleich, wie sehr man an die Kraft von Antiaging-Cremes und lichtreflektierenden Foundations glauben mochte und auch sonst noch körperlich fit war! (Sich Veronica mit einem Mann im Bett vorzustellen war Romy ein Graus.) Für eine Frau wie Veronica musste die Auswahl an geeigneten Kandidaten mittlerweile ziemlich begrenzt sein. Die Guten waren alle verheiratet, die Schlechten zu festgefahren in ihren Gewohnheiten, und die Hässlichen – nun, Veronica würde sich niemals in einen hässlichen Mann verlieben. Und was die Altlasten betraf – davon trug sicher jeder einigermaßen passende Mann in diesem Alter einen ganzen Rucksack mit sich herum.
Vielleicht würde es also nie mehr einen Mann geben, der Veronicas zarte Dessous bewundern und ihr märchenhaftes Schlafzimmer mit ihr teilen würde.
Romy schnaubte. Sie musste aufhören, sich ihre Mutter als sexuell aktive Frau vorzustellen. Das war zu peinlich, um es in Worte zu fassen. Sie setzte sich auf den großen Lederdrehstuhl hinter dem Schreibtisch und zog die Knie an. Dann drehte sie sich so lange um die eigene Achse, bis ihr schwindlig wurde und sie sich an dem Schreibtisch aus Walnussholz festhalten musste.
Romy versuchte, sich auszumalen, wie es wohl sein mochte, in einem Büro an einem Schreibtisch zu arbeiten. Wie es sich wohl angefühlt hätte, an Darraghs Stelle gewesen zu sein, als Veronicas Liebling und mutmaßlicher Erbe von Toms Hinterlassenschaft. Mittlerweile hatte Darragh sein Erbe angetreten und war Geschäftsführer von Dolan Component Manufacturers. Eine wichtige
Persönlichkeit, ein Manager, der trotz Kathryns Bedenken wegen einiger seiner geschäftlichen Entscheidungen die Firma gut zu leiten schien und der eines Tages die Kapitalmehrheit besitzen würde. Veronica hatte einmal (sehr zu Kathryns Missfallen) geäußert, dass sie ihm an ihrem fünfundsechzigsten Geburtstag ihre Anteile übereignen werde, da sie gedachte, die letzten Jahre ihres Lebens noch in vollen Zügen zu genießen.
»Die letzten Jahre!« Dermot (er und Veronica waren zu dem Zeitpunkt noch verheiratet gewesen) hatte sie nur ausgelacht. »Fünfundsechzig, deine letzten Jahre! Du wirst mit neunzig noch topfit sein!«
Natürlich war das als Kompliment gedacht gewesen. Jeder wusste, dass Veronica Dolan-Kilkenny eine schöne Frau war, die nach viel Geld, aber nur halb so alt aussah, wie sie tatsächlich war. Die Bürde, eine Mutter zu haben, die unendlich viel glamouröser als sie beide war, diese Last hatten Romy und Kathryn gemeinsam zu tragen.
Und daran würde sich wahrscheinlich nie etwas ändern!
Am frühen Nachmittag rief Romy im Krankenhaus an. Man erklärte ihr, dass Veronica im Aufwachraum sei und dass sie gegen Abend kommen könne, um sie zu besuchen. Romy schickte je eine SMS an Darragh und Kathryn, und Darragh antwortete ihr umgehend, dass sie sich später im Krankenhaus sehen würden. Kathryns Antwort bestand aus einem knappen »Gut«.
Um sieben Uhr abends saß Romy an Veronicas Bett. Ihre Mutter war zwar noch ein wenig benommen, hatte es sich aber nicht nehmen lassen, sich zu schminken, sodass ein Hauch von Farbe die Illusion von Gesundheit auf ihre blassen Wangen und die trockenen Lippen zauberte. Sie hatte sogar ihren gesamten Goldschmuck wieder angelegt. Unglaublich, diese Frau, dachte Romy. Wenn ich gerade aus dem OP-Saal käme, wäre mein Aussehen das Letzte, worum ich mir Gedanken machen würde.
»Sie haben gesagt, dass die Operation gut verlaufen ist«, sagte Veronica mit schwacher Stimme. »Aber ich habe noch immer Schmerzen. Ich habe ihnen erklärt, dass ich das nicht so wunderbar finde.«
»Du wirst wahrscheinlich noch längere Zeit Schmerzen haben«, meinte Romy. »Das hat man dir aber auch gesagt.«
»Ich dachte, sie würden übertreiben.« Veronica drückte auf den Verteiler mit dem Schmerzmittel.
»Ich habe auf dem Weg hierher mit der Schwester gesprochen. Sie hat mir versichert, dass du bald wieder in Ordnung sein wirst«, fuhr Romy tröstend
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