Und eines Tages kommt das Glück
dass ihre Eltern nicht alles in ihrer Macht Stehende getan hätten, um sie zu fördern. Doch wie eine Dreijährige im Kunstunterricht etwas halbwegs Brauchbares zustande bringen sollte, entzog sich Romys Verständnis.) Giselle reagierte etwas weniger frostig auf sie als Darragh, aber Romy hatte dennoch die Missbilligung gespürt, die ihr von ihrer Schwägerin entgegenschlug. Veronica hatte sich sehr über den Strauß gefreut, und wieder einmal hatte Romy sich geärgert, dass sie nicht selbst daran dachte, Vasen mit Blumen aufzustellen, um die Lebensgeister ihrer Mutter zu wecken, die Blumenschmuck im Haus über alles liebte.
Nach Giselles Besuch kam Veronica auf Mimi zu sprechen.
»Soweit ich weiß, hätten die beiden es sich gewünscht, dass du auf die Kleine aufpasst«, sagte sie zu Romy. Sie saßen vor dem Fernseher und warfen hin und wieder einen Blick auf das nicht sonderlich fesselnde Programm. Veronica trug ein locker fallendes Oberteil und eine neue Jogginghose von Lacoste, dazu ihre perlenbestickten Slipper. Romy saß in Jeans und in einem alten grauen Sweatshirt neben ihr.
»Die Idee, dass ich auf Mimi aufpassen sollte, ist doch völlig abwegig«, erwiderte Romy reserviert. »Eine lächerliche Vorstellung.«
»Ich weiß.« Veronica lächelte verhalten. »Ich habe Giselle daran erinnert, dass du die Jüngste der Familie bist und mit so etwas keinerlei Erfahrung hast.«
»Das hast du gesagt?« Romy wunderte sich sehr.
»Und ich habe ihr auch gesagt, dass es niemanden auf dieser Welt gibt, der ungeeigneter wäre, auf ein kleines Mädchen aufzupassen, als du«, fuhr ihre Mutter fort.
»So?«
»Nun, dieser Ansicht bist du doch auch, oder?«
»Äh, ja.«
»Und deswegen hat Giselle auch kein Problem mehr damit«, fügte Veronica hinzu. »Sie hat begriffen, wie unklug es von ihr wäre, ihre einzige Tochter einem Menschen anzuvertrauen, der es für eine vernünftige Art hält, seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, dass er im Dreck buddelt.«
»Ich buddele nicht …« Romy verstummte und lächelte plötzlich. »Aber vermutlich ist das eine ebenso gute Ausrede wie jede andere auch. Lass sie nur in dem Glauben, ihr wertvolles kleines Mädchen könnte so enden wie ich!«
»Die beiden sind doch keine schlechten Menschen, nur weil sie mal ausspannen wollen«, sagte Veronica. »Ich mache ihnen keinen Vorwurf. Eltern zu sein ist nicht leicht. Manchmal braucht man einfach eine Pause.«
Romy überlegte, ob Veronicas Bemerkung nicht eine subtile Spitze gegen sie war. Aber selbst wenn, dann war es ihr egal; sie war heilfroh, dass sich das Problem mit Mimi gelöst hatte.
»Auf jeden Fall muss Darragh jetzt für ein paar Tage in die Schweiz«, fuhr Veronica fort, »sodass alle Urlaubspläne erst mal auf Eis gelegt sind.«
»Der Glückliche.« Romy war der Neid deutlich anzuhören.
»Es ist eine Geschäftsreise«, erklärte Veronica.
»Na und?« Romy sah sie herablassend an. »Wenigstens kommt er mal raus hier.«
»Es tut mir leid, wenn du dein Leben hier als so langweilig empfindest«, erwiderte Veronica. »Natürlich ist es für mich auch nicht unbedingt spannend.«
»Es ist doch nicht …« Romy suchte nach den richtigen Worten. »Ich bin einfach daran gewöhnt, mein eigenes Ding zu machen. Und du auch! Außerdem könntest du ein bisschen Schwung in dein Leben bringen. Warum lädst du dir nicht ein paar Freunde ein?«
»Ich erhole mich gerade von einer schweren Operation.« Veronicas Stimme bebte vor Entsetzen. »Ich kann doch so nicht unter die Leute gehen. Das wird noch Monate dauern.«
»Mam!« Romy warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Du bist absolut präsentabel. Für deine Freunde musst du ja nicht unbedingt aussehen, als kämst du gerade von einem Mode-Shooting.« Und seufzend fügte sie hinzu: »Auch wenn ich mir bei dir alles vorstellen kann.«
Wortlos verließ Romy das Wohnzimmer und ging nach oben. Sie ärgerte sich über sich selbst, dass sie sich wieder einmal von Veronica hatte provozieren lassen. Sie hatte ohnehin das Gefühl, dass sich ihre Beziehung in den letzten paar Tagen zusehends verschlechterte.
Romy holte ihren Laptop hervor und öffnete ihre Mails. Viele waren es nicht. Die meisten davon waren archäologische Newsletter, die sie abonniert hatte, oder witzige Rundmails von ihren Freunden. Keine Nachricht war an sie persönlich gerichtet. Sie war nur eine unter vielen aus dem Adresspool für Gruppensendungen.
Romy sehnte sich nach Kontakt. Immer wieder nahm sie ihr
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