Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und eines Tages kommt das Glück

Und eines Tages kommt das Glück

Titel: Und eines Tages kommt das Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila O'Flanagan
Vom Netzwerk:
Romy.
    »Aber nicht den ganzen Tag«, widersprach Veronica. »Und nachts auch nicht. Und wenn du nicht zu Hause bist, dann könnten mich vielleicht Freunde besuchen, und ich würde mich nicht so …«
    »Ich halte dich doch nicht davon ab, Leute einzuladen!«, rief Romy. »Im Gegenteil. Ich habe dir selbst den Vorschlag gemacht.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Veronica presste die Finger an die Schläfen. »Ich bin einfach so daran gewöhnt, nach meinen Vorstellungen zu leben.«
    »Mam, in den letzten zwei Wochen hast du genau das Gegenteil gemacht. Du hast dich nicht richtig angezogen, du hast dich nicht geschminkt. Übrigens hast du mir damit einen Heidenschrecken eingejagt.«

    Veronica lächelte leicht. »Tatsächlich?«
    »Ja. Weil du dein Äußeres noch nie vernachlässigt hast.«
    »Ich habe mir gedacht, wenn ich mich kaum schminke, dann tue ich dir mehr leid, und dann bleibst du bei mir.«
    Ungläubig starrte Romy ihre Mutter an. »Das ist nicht dein Ernst.«
    Veronica zuckte die Schultern. »Und deshalb habe ich meinen Freunden auch gesagt, dass sie nicht vorbeikommen sollen. Nur Will hat angerufen, als du weg warst, und plötzlich hatte ich Lust, jemanden zu sehen.«
    »Mal im Ernst, Mam.« Romy wusste nicht, was sie sagen sollte. »Du spinnst doch. Und das weißt du auch.«
    Wieder zuckte Veronica die Schultern. »Ich weiß schon, dass du mich immer für ein bisschen verrückt halten wirst.«
    Romy schluckte. Mit allem Möglichen hatte sie gerechnet, nur damit nicht, dass Veronica zugeben würde, sie zu brauchen.
    »Lass mich dich nicht bitten müssen«, sagte Veronica.
    »Ich hätte gedacht, du würdest dich freuen, wenn ich wieder gehe.« Romys Stimme zitterte leicht.
    »Ich würde mich freuen, nicht jedes Mal, wenn du mich ansiehst, denken zu müssen, dass du mich verurteilst und für unzulänglich befindest«, entgegnete Veronica. »Aber ich bin nicht zu stolz, um zuzugeben, dass ich Hilfe brauche.«
    Romy erwiderte nichts.
    »Du hast ja keine Ahnung, wie das ist«, fuhr Veronica mit gepresster Stimme fort. »Dass man nichts tun kann. Dass dich dein eigener Körper tausendmal am Tag im Stich lässt. Dass du ständig Schmerzen hast.«
    »Eigentlich dürftest du keine Schmerzen mehr haben.« Romy nahm ein Kosmetiktuch aus der Box auf der Küchentheke und schnäuzte sich. »Die hättest du auch nicht, wenn du deine blöde Krankengymnastik machen würdest.«
    »Du fühlst dich permanent unwohl«, fügte Veronica hinzu.
»Aber ich werde meine Übungen machen. Ich verspreche es dir. Ich will wieder anständige Schuhe tragen können. Ich habe gedacht, mir bricht der Rücken auseinander mit diesen hier.« Und dabei stupste sie ihre Pantoletten mit den Zehen an.
    »Ohne sie kannst du wohl nicht leben?«, fragte Romy. »Ich meine, ohne Schuhe mit zehn Zentimeter hohen Absätzen.«
    Veronica stieß ein bitteres Lachen aus. »Vielleicht.«
    Während Romy sich wieder daranmachte, die Einkäufe auszupacken, verlagerte Veronica ihr Gewicht auf dem Stuhl und beobachtete ihre jüngste Tochter, wie diese sich biegsam und beweglich auf die Zehenspitzen stellte, um an die obersten Regale zu kommen, und sich danach ohne Probleme bückte, um den Rest in dem Fach unter dem Spülbecken zu verstauen.
    Das ist ungerecht, dachte Veronica und spielte mit dem Rubinring an ihrem Finger, dass ausgerechnet ihr Rücken sie im Stich gelassen und zur Bewegungslosigkeit verdammt hatte. Dr. Jacobs hatte ihr zwar versichert, dass sie in den kommenden Monaten zusehends mobiler werden würde, doch im Moment kam sie sich nur alt und nutzlos vor, ohne jede Perspektive.
    Veronica hatte sich bisher noch nie alt gefühlt. Sie war stets ein aktiver Mensch gewesen, der das Beste aus sich gemacht hatte. Zwar hatte sie sich im Lauf der letzten paar Jahre eingestehen müssen, dass es Dinge gab, die allmählich zu anstrengend wurden (wie zum Beispiel intensives Training im Fitnesscenter; das grenzte mittlerweile fast an harte Arbeit!), aber tief in ihrem Inneren fühlte sie sich nicht viel anders als mit vierzig oder fünfzig Jahren. Oder sogar mit zwanzig oder dreißig. Sie war noch immer dieselbe Veronica. Nur weil sie jedes Jahr eine Kerze mehr auf der Geburtstagstorte hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass sie alt geworden war. Sie mochte noch immer dieselben Dinge wie früher. Aber dass sie jetzt darauf angewiesen war, dass ihre Kinder sich um sie kümmerten, das passte ihr ganz und gar nicht. Und dass ausgerechnet Romy sich bereit erklärt

Weitere Kostenlose Bücher