Und eines Tages kommt das Glück
unmöglich, es wieder neu zu justieren. Dieses Problem war mit rationalen Diskussionen nicht zu lösen, und tief in ihrem Innern wusste sie das auch.
Doch wenn sie sich diesen Gedanken gestattete, dann war es vorbei mit ihrer Ehe, und mit der Vorstellung konnte sie überhaupt nicht umgehen. Kathryn wusste nicht mehr, was richtig und was falsch war.
Sie spülte das Glas unter dem Wasserhahn aus, hob ihre Schuhe auf und ging ins Schlafzimmer. Leise öffnete sie die Tür und hielt mitten in der Bewegung inne.
»So, so.« Alan saß voll bekleidet auf dem Bett. »Hast du endlich beschlossen, nach Hause zu kommen.«
Kathryn starrte ihn wortlos an.
»Was denkst du eigentlich, wie spät es ist?«, fragte er.
Sie biss sich auf die Unterlippe.
»Und betrunken bist du auch.«
Sie hielt die Luft an.
Alan stand auf und kam auf sie zu. Kathryn spürte, wie sich alles in ihr versteifte. Dann legte er den Arm um sie und zog sie zu sich heran.
»Was passiert mit uns, Kathryn?«, fragte er traurig. »Was, zum Teufel, ist nur los mit dir? Und was sollen wir dagegen tun?«
Kapitel 11
Romy stand in der Schlange im Supermarkt, war in Gedanken aber in Ägypten. Zuerst wusste sie nicht, was in ihr die Erinnerungen an Luxor und Karnak, an den Besuch des Grabmals von Tutanchamun und der uralten Tempelanlage geweckt hatte, bis sie realisierte, dass es die Musik der Bangles war – »Walk Like an Egyptian«. Sie musste grinsen, wie ihr Unterbewusstsein die beiden Dinge miteinander verknüpft hatte.
Die Zeit in Ägypten hatte ihr sehr gefallen. Sie hatte damals als Volontärin einem Forensiker assistiert, der einen Artikel über den Zustand des Skeletts antiker Völker verfasste. Die Tatsache, dass die alten Ägypter äußerst sorgfältig und mit großem Aufwand ihre Toten konservierten, hatte zur Folge, dass deren Knochen in einem weitaus besseren Zustand waren als die neuerer Funde aus anderen Ländern – ein gutes Studienobjekt für Rechtsmediziner. Romy hatte viel gelernt bei dem Projekt und dachte oft, dass es gut wäre, ein weiteres Mal an einer ähnlichen Studie teilzunehmen. Aber momentan hatte sie leider nicht die Zeit, sich als freiwillige Helferin bei einer Ausgrabung zu melden.
Als ein anderer Song lief und die Stimme von Robbie Williams ertönte, verblassten die Bilder aus Ägypten, und Romy machte sich daran, ihre Einkäufe auf das Transportband zu legen.
Ich kann es nicht glauben, sagte sie sich, während sie einen Sechserpack von Veronicas Lieblingsmineralwasser (im Sonderangebot) aus dem Wagen hievte, dass ich hier im Supermarkt einkaufe. Normalerweise erledigte sie ihre Besorgungen immer in dem kleinen Tante-Emma-Laden um die Ecke, der bis weit in
die Nacht hinein offen hatte, oder auch beim Bio-Metzger, wenn Keith ihr – was öfter vorkam – eine SMS schickte und vorschlug, doch schon mal den Grill anzuheizen.
Romy versuchte, nicht an die vielen Barbecues zu denken, die sie verpasste, und sagte sich, dass sie richtig gehandelt hatte, als sie nach Hause gekommen war. Wenn es doch nur schneller vorwärtsginge mit Veronicas Genesung. Es war jetzt zwei Wochen her, dass sie nach der Operation aus dem Krankenhaus entlassen und nach Hause gekommen war, und sie war noch immer sehr gebrechlich. Außerdem war sie missmutig und gereizt und tat sich selbst schrecklich leid, eine Haltung, mit der Romy nur schwer zurechtkam.
Besonders bedenklich fand Romy die Tatsache, dass Veronica sich in den letzten paar Tagen nicht einmal mehr die Mühe gemacht hatte, sich richtig zu schminken. Ein wenig nachlässig aufgetragenes Make-up und Lippenstift hatten genügen müssen, aber sie hatte weder die Augen betont noch Rouge aufgetragen, und die einzelnen Teile ihrer Garderobe aufeinander abzustimmen, das hatte sie gänzlich aufgegeben. Tags zuvor war sie sogar die ganze Zeit über in einer alten Jogginghose und einem T-Shirt herumgelaufen. (Selbstverständlich war die Jogginghose von Lacoste, aber Romy wusste genau, dass Veronica trotz des Markennamens im Grunde ihres Herzens mit dieser Art von Freizeitkleidung nicht viel im Sinn hatte.)
Romy konnte es kaum glauben, dass sie sich inzwischen ebenso sehr darüber aufregte, dass ihre Mutter kein Make-up trug und nicht Stunden vor dem Kleiderschrank verbrachte, wie sie früher genau das Gegenteil in Rage gebracht hatte. Aber Veronicas mangelndes Interesse an allem war wirklich besorgniserregend. Romy schrieb dies der Tatsache zu, dass der Chirurg ihnen erklärt hatte, sie
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