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Und erlose uns von dem Bosen

Titel: Und erlose uns von dem Bosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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über siebenhundert »Untersuchungshäftlinge« saßen, die man in Zusammenhang mit dem Krieg gegen den Terror festhielt. Ein interessanter Ort, gelinde gesagt. Ein historischer Ort, egal, ob die Sache gut oder schlecht ausging.
    Nach der Landung geleitete man mich zum Camp Delta, wo die meisten Zellenblöcke standen. Um das Gefängnisgebiet war ein messerscharfer Draht gezogen. Außerdem standen da mehrere Wachtürme. Laut eines Gerüchts, das ich auf dem Flug hierher gehört hatte, erhielt eine US-Firma über hundert Millionen Dollar pro Jahr für Dienstleistungen, mit denen sie Guantánamo Bay versorgte.
    Der Mann, wegen dem ich hergeflogen war, stammte eigentlich aus Saudi-Arabien. Er saß in der kleinen psychiatrischen Abteilung ein, die sich in einem vom Zellenblock getrennten Bau befand. Man teilte mir seinen Namen nicht mit. Man sagte mir überhaupt nicht viel über ihn, abgesehen davon, dass er wichtige Informationen über den Wolf habe.
    Ich traf den Gefangenen in einem »Stillraum«, einer Isolationszelle mit Matratzen an den Wänden und ohne Fenster. Für das Verhör hatte man zwei Stühle in den Raum gebracht.
    Â»Ich habe den anderen schon alles gesagt, was ich weiß«, erklärte mir der Gefangene in sehr gutem Englisch. »Ich dachte,
wir hätten einen Deal über meine Entlassung gemacht. Das hat man mir vor zwei Tagen zugesagt. Hier drinnen lügen alle. Und wer sind Sie ?«
    Â»Man hat mich aus Washington hergeschickt, um Ihre Geschichte zu hören. Erzählen Sie mir alles noch mal. Das kann Ihnen nur helfen, nicht schaden.«
    Der Gefangene nickte. »Nein, mir kann nichts mehr schaden. Das stimmt. Wissen Sie, ich bin hier seit zweihundertsiebenundzwanzig Tagen. Ich habe nichts verbrochen. Nichts, gar nichts. Ich habe an einer Highschool in Newark, New Jersey, unterrichtet. Ich habe noch nie gegen das Gesetz verstoßen. Was halten Sie davon?«
    Â»Ich glaube, Ihnen steht ein Weg offen, von hier weg zu kommen. Sagen Sie einfach alles, was Sie über den Russen wissen, der sich Wolf nennt.«
    Â»Und warum sollte ich mit Ihnen reden? Den Teil habe ich offenbar verpasst. Also, wer sind Sie?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Man hatte mir befohlen, meine Identität dem Gefangenen gegenüber nicht preiszugeben. »Sie haben alles zu gewinnen und nichts zu verlieren. Sie wollen hier raus. Ich kann Ihnen helfen, dieses Ziel zu erreichen.«
    Â»Aber werden Sie das auch tun, Sir?«
    Â»Ich werde Ihnen helfen, so gut ich kann.«
    Dann sprach der Mann zu mir. Er redete tatsächlich über anderthalb Stunden. Sein Leben war interessant gewesen. Er hatte im Sicherheitsdienst der königlichen Familie in Saudi-Arabien gearbeitet, war auch öfter mit in die Vereinigten Staaten gereist. Ihm gefiel, was er dort sah, und beschloss zu bleiben, aber er hatte zu Hause noch Freunde, die im Sicherheitsdienst arbeiteten.
    Â»Sie haben mir von einem Russen erzählt, der mit den Mitgliedern der königlichen Familie, die Dissidenten waren – und
davon gibt es eine Menge -, geredet hat. Dieser Russe suchte Kapital, um eine große Operation zu finanzieren, die den Vereinigten Staaten und gewissen Ländern in Europa ernsthaften Schaden zufügen würde. Man diskutierte ein Szenario, das dem Weltuntergang glich. Aber darüber kenne ich keine Details.«
    Â»Kennen Sie den Namen des Russen? Woher stammte der Mann? Welches Land, welche Stadt?«
    Â»Das ist am interessantesten«, fuhr der Gefangene fort. »Der Russe ist – zumindest war das mein Eindruck – eine Frau, kein Mann. Ich bin zuversichtlich, dass meine Information richtig ist. Der Codename war eindeutig Wolf.«
    Â»Und was nun?«, fragte der Gefangene, als er mit seinem Bericht fertig war. »Werden Sie mir helfen?«
    Â»Nein, erst wiederholen Sie Ihre Geschichte«, sagte ich. »Von Anfang an.«
    Â»Es wird dieselbe sein«, erklärte er. »Weil es die Wahrheit ist.«
    Ich verließ Gitmo spät am Abend und flog zurück nach Washington. Obwohl es sehr spät war, musste ich über meine Befragung des Gefangenen Bericht erstatten. Ich traf mich mit Direktor Burns und Tony Woods im kleinen Konferenzzimmer des Direktors. Burns wollte wissen, welchen Gesamteindruck ich über die Glaubwürdigkeit des Saudi gewonnen hätte. Hatten wir etwas Nützliches über den Wolf erfahren? War er im Nahen Osten

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