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Und erlose uns von dem Bosen

Titel: Und erlose uns von dem Bosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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brüllte ihm nach. »He, Wolf! He, Wolfmann! Fahr zur Hölle!«
    Der Sturz wirkte wie eine Aufnahme in Zeitlupe. Schließlich prallte er auf den schmalen Weg zwischen den Gebäuden. Der Aufschlag war hart. Ich starrte auf den zerschmetterten Körper des Wolfs, auf das bandagierte Gesicht und verspürte seit langer Zeit wieder Genugtuung. Ich fühlte mich nicht mehr zerrissen, sondern als ein Ganzes. Wir hatten ihn zur Strecke gebracht, und er hatte es verdient, so zu sterben, platt gemacht wie eine Wanze.
    Ned Mahoney begann zu klatschen und wie ein Verrückter umherzutanzen. Ich machte nicht mit, aber ich konnte seine Gefühle teilen. Wenn jemand so ein Schicksal verdiente, dann dieser Mann da unten auf der Gasse. Ein elender Tod auf einer dreckigen Gasse.

    Â»Er hat nicht geschrien«, sagte ich. »Diese Genugtuung hat er uns nicht gegönnt.«
    Mahoney zuckte mit den breiten Schultern. »Das ist mir scheißegal. Wir sind hier oben, und er liegt da unten beim Abfall. Vielleicht gibt es doch eine Gerechtigkeit. Na ja, vielleicht auch nicht.« Mahoney lachte, legte den Arm um mich und drückte mich an sich.
    Â»Wir haben gewonnen«, sagte ich. »Verdammt, wir haben endlich gewonnen, Neddy.«

120
    Wir hatten gewonnen!
    Am nächsten Morgen flog ich mit einem Bell-Hubschrauber mit Ned Mahoney und einigen seiner Spitzenleute zurück nach Quantico. Sie feierten das Dahinscheiden des Wolfs beim GBT in Quantico, aber ich wollte nach Hause. Ich sagte Nana, sie solle die Kinder nicht in die Schule schicken, weil wir feiern wollten.
    Wir hatten gewonnen!
    Auf der Fahrt von Quantico nach Washington spürte ich, wie sich langsam der Druck in mir verminderte. Als ich dann mein Haus sah, fühlte ich mich wieder fast normal, jedenfalls wie jemand, den ich kannte. Niemand stand auf der Veranda. Nana und die Kinder hatten mich offenbar nicht kommen sehen. Ich konnte sie überraschen.
    Wir hatten gewonnen!
    Die Vordertür war nicht verschlossen. Ich ging hinein. Ein paar Lichter brannten, aber ich sah niemand. Vielleicht wollen sie mich überraschen?
    Ganz leise schlich ich in die Küche. Alles hell erleuchtet, der Tisch gedeckt – aber auch hier kein Mensch.
    Eigenartig. Ungewöhnlich. Die Katze Rosie tauchte auf, miaute und rieb sich an meinen Beinen.
    Schließlich rief ich: »Ich bin wieder da. Euer Daddy ist zu Hause. Wo steckt ihr alle? Ich bin aus dem Krieg zurückgekehrt.«
    Dann rannte ich nach oben. Niemand. Ich suchte nach einer Nachricht, die sie für mich zurückgelassen hätten. Nichts.
    Ich lief wieder nach unten, schaute hinter dem Haus nach,
dann die Fifth Street auf und ab. Nirgends eine Seele zu sehen. Wo waren Nana und die Kinder? Sie wussten doch, dass ich kommen würde.
    Dann ging ich hinein und telefonierte mit diversen Leuten, wo Nana und die Kinder sein könnten. Aber Nana hinterließ eigentlich immer eine Nachricht, wenn sie mit den Kindern das Haus verließ, auch wenn es nur eine Stunde war – und sie erwarteten mich.
    Plötzlich wurde mir speiübel. Ich wartete noch etwa eine halbe Stunde, ehe ich Kontakt mit den Leuten im Hoover Building aufnahm. Ich fing mit Tony Woods an, im Büro des Direktors. Inzwischen durchsuchte ich nochmals das ganze Haus, fand aber keinerlei Zeichen, dass etwas nicht in Ordnung war.
    Ein Team der Spurensicherung kam, und nach wenigen Minuten kam einer zu mir in die Küche. »Im Garten haben wir Fußabdrücke gefunden. Wahrscheinlich stammen sie von einem Mann. Ins Haus wurde vor kurzem Erde getragen. Könnte ein Handwerker gewesen sein oder ein Lieferdienst, aber eindeutig frisch.«
    Das war alles, was sie an diesem Nachmittag fanden, keinen weiteren Hinweis – keinen einzigen.
    Abends kamen Sampson und Billie. Wir saßen zusammen und warteten. Wenigstens ein Anruf, irgendein Hinweis, etwas, das mir Hoffnung geben würde. Doch nichts, rein gar nichts erfolgte. Irgendwann nach zwei Uhr morgens ging auch Sampson nach Hause. Billie war schon um zehn Uhr aufgebrochen.
    Ich blieb die ganze Nacht auf – ohne Resultat. Kein Wort über Nana und die Kinder. Ich telefonierte mit Jamilla mit dem Handy. Es half, aber nicht genug. In dieser Nacht konnte mir nichts helfen.

    Schließlich stand ich ganz früh vor dem Haus und starrte mit rot geränderten Augen die Straße auf und ab. Mir wurde bewusst, dass es von Anfang an meine größte Angst gewesen war,

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