UND ES WAR SOMMER - Wiggs, S: UND ES WAR SOMMER
aussiehst“, sagte sein Vater wenig taktvoll. „Und du stinkst wie eine Müllverbrennungsanlage.“
Tja, das ist nun wieder ganz mein Vater, wie ich ihn kenne und liebe, dachte Alex und musste schmunzeln.
„Ich kann dir ein paar Sachen bringen. Saubere Wäsche, einen Rasierapparat und eine Zahnbürste.“
Alex nahm einen Schluck Wasser und nickte, so gut es mit seinem schmerzenden Hals möglich war. Dann schrieb er: „Rosa?“
„Ich habe mich lange mit ihr unterhalten. Eine reizende junge Dame. Dieser Meinung war ich immer schon.“
„Blödsinn“, schrieb Alex.
„Doch, doch, es stimmt.“ Sein Vater wirkte plötzlich sehr nervös. „Es war deine Mutter, die Rosa nicht leiden konnte. Und da wir gerade von deiner Mutter reden … Da gibt es einiges, was wir besprechen müssen.“
„Mutter? Sie hat doch nichts damit zu tun, was heute passiert ist.“
„Im Gegenteil, sie hat sehr viel damit zu tun.“ Alex’Vater brach ab und starrte geistesabwesend auf seine Hände.
Alex klopfte mit seinem Filzschreiber auf das Wort „Mutter“.
Sein Vater seufzte schwer und nahm eine dicke Mappe aus seinem Aktenkoffer.
42. KAPITEL
„Moment, nicht so schnell“, sagte Rosa. Sie und Alex waren allein in seinem Privatzimmer. Es glich einem Blumenmeer, und zwischen den Lamellen der Jalousien blinzelte die Sonne herein. Bis gestern Abend hatte niemand außer seinem Vater zu ihm gedurft, denn auf der Intensivstation galten besonders strenge Besucherregelungen. „Ab dem Sturmschaden habe ich nichts mehr verstanden.“
Alex lächelte sie an. Er saß aufrecht in seinem Bett und trug ein Pyjamaoberteil, auf dem ausgerechnet ein Playboy-Bunny prangte. Ein Mitbringsel seines Vaters, wie Alex beteuerte. Die angesengte rechte Augenbraue verlieh seinem Gesicht einen permanent skeptischen Ausdruck.
„Nachdem dieser Baum auf das Kutscherhaus gefallen ist und die Stromleitung beschädigt hat, wurde das alte Auto meiner Mutter – der blaue Ford, der dort seit ewigen Zeiten stand – zum Schrottplatz abgeschleppt.“ Seine Stimme war rau, und mehr als ein leises Krächzen war aufgrund des Tubus, den man ihm gestern entfernt hatte, noch nicht möglich. „Deinem Freund Sean Costello ist an dem Wagen etwas aufgefallen.“
Er reichte ihr ein Foto, auf dem der rechte vordere Kotflügel eines Autos zu sehen war, über den sich ein langer gelber Kratzer zog. „Sheriff Costello hat ein gutes Gedächtnis. In der Nacht, als dein Vater den Unfall hatte, war Costello noch ein sehr junger Polizeibeamter, aber er hat sich gemerkt, dass Pete ein gelbes Fahrrad hatte. Das Profil der Fahrradreifen stimmt ebenfalls mit den Abdrücken auf dem Autoblech überein.“ Er deutete auf eine Mappe auf dem Nachttisch. „Der Sheriff geht davon aus, dass das kriminaltechnische Labor zu den gleichen Ergebnissen kommen wird, aber der Fall hat für die Behören keine Dringlichkeit, da es … da meine Mutter …“
Langsam begann Rosa zu verstehen. „Oh nein, Sean glaubt, dass …?“ Sie brachte es nicht fertig, die schreckliche Vermutung auch nur zu Ende zu denken .
„Er hatte zumindest den Verdacht und hat deshalb meiner Mutter in Providence einen Besuch abgestattet. Sie hat behauptet, davon nichts zu wissen. Am nächsten Tag hat sie sich das Leben genommen.“
„Oh Alex. Oh mein Gott.“ Rosa sank auf den Drehstuhl neben dem Krankenbett. Sie schloss entsetzt die Augen. Mrs. Montgomery war an jenem Abend betrunken und Paps bei ihr gewesen, um ihr zu helfen. Als er gegangen war, musste sie ihm nachgefahren sein. Rosa konnte sich nicht vorstellen, warum sie das getan haben mochte. Aber Paps hatte erzählt, dass sie außer sich und richtig hysterisch gewesen war. Wie sollte man nachvollziehen, was damals in ihrem Kopf vorging? Absichtlich hatte sie ihn bestimmt nicht überfahren, das stand fest. Rosa fragte sich, wie es Mrs. Montgomery danach wohl gegangen sein mochte. Was war es für ein Gefühl, zu wissen, dass man für einen schrecklichen Unfall verantwortlich war? Und wie war es, mit dieser Schuld so viele Jahre zu leben?
Angesichts der Art und Weise, wie Mrs. Montgomery ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte, musste es eine Qual für sie gewesen sein. „Alex“, sagte Rosa, „ich hatte ja keine Ahnung.“
„Niemand wusste davon. Genau das wollte sie. Immer schön den Schein wahren. Auch wenn das bedeutet, dass der Rest des Lebens die Hölle ist.“
Rosa seufzte leise. „Du darfst nicht mehr wütend auf sie sein, Alex. Alles, was sie getan
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