Und ewig seid ihr mein
einem Gleichnis», antwortete Luansi, «auch wenn die Geschichte noch nicht zu Ende erzählt ist.»
«Meinte er mit der Schuld Sie persönlich?», fragte Michaelis Levy.
«Wie kommen Sie darauf?», antwortete Levy schroff.
«Das scheint doch offensichtlich. Wer erzählt einem eine derartig kindliche Geschichte, wenn er nicht etwas damit ausdrücken will? Würde es sich nur um die Ermittlungen handeln, dann wäre er bei mir besser aufgehoben. Also gehe ich davon aus, dass ein persönliches Verhältnis zwischen Ihnen und Anubis besteht beziehungsweise er ein solches bewusst zu Ihnen herstellen will.»
Damit hatte sie nicht Unrecht. Levy war in der Eile des Morgens noch nicht dazu gekommen, das Gespräch zu analysieren. Anubis war dabei, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Nicht nur, dass er den Kontakt zu ihm suchte, er wollte ihn auch zu etwas hinführen. Zu einer Erkenntnis? Wenn ja, zu welcher?
«Und, hat es funktioniert?», fragte Falk.
Levy schreckte aus seinen Gedanken auf. «Was meinen Sie?»
«Na, das mit Ihren Träumen. Anubis hatte Ihnen den Spruch mit in den Schlaf gegeben.»
«Das geht Sie nichts an», antwortete Levy unvermittelt.
Alle im Raum waren erstaunt ob der aggressiven Antwort. Selbst Levy ertappte sich verwundert.
«Entschuldigung», sagte Levy, «ich bin etwas …»
«Übernächtigt, habe ich den Eindruck», unterbrach Michaelis.Sie griff das Thema Alkohol nochmals auf. Würde sie jetzt zu Ende führen, nachdem sie besaß, was Levy anzubieten hatte?
Das Telefon rettete ihn. Luansi nahm das Gespräch entgegen. «Wir haben zwei Vermisstenmeldungen aus den letzten achtundvierzig Stunden hereinbekommen, die auf die gesuchte Person zutreffen. Sie sind aus einem Umkreis von einhundert Kilometern. Beide Frauen, zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt, Kinder, eins bis zwei.»
«Na, also», sagte Michaelis erfreut. «Naima, Falk kümmert euch darum.»
Die Gruppenbesprechung löste sich in Windeseile auf. Levy sah, dass Michaelis sitzen blieb. Er musste ihr zuvorkommen und stand ebenfalls auf.
«Ihr heutiges Verhalten kommt in den Bericht», sagte sie emotionslos. «Das ist die allerletzte Warnung.»
Levy ließ sie ohne Kommentar sitzen.
28
Eine der beiden vermissten Frauen wohnte alleine. Ihr Name: Tessa Fahrenhorst.
Levy hatte sich Falk angeschlossen, der in der Wohnung der Vermissten den einzigen Sohn nach seiner Vermisstenmeldung befragen wollte.
Sie nahmen den Fahrstuhl hoch in den fünften Stock. Levy sah sich im blanken Metall der Innenverkleidung gespiegelt.
Vor der Tür angekommen, lasen sie auf goldglänzendem Schild den Namen. Ein zirka zwanzigjähriger Mann, blond, groß gewachsen, öffnete ihnen.
Sie stellten sich vor und traten ein.
Die Kollegen von der Spurensicherung waren bereits dabei, die Arbeitsgeräte einzupacken. «Morgen sollten wir alles ausgewertet haben», sagte einer zu Falk. «Wenn eine Spur vorgezogen werden soll, bitte melden.»
«Habt ihr DNA-fähiges Material?», fragte Falk.
Der Kollege bestätigte.
Falk bedankte sich und ließ sie gehen.
Levy und er setzten sich auf die Couch, der junge Mann ihnen gegenüber in den Stuhl. Während Falk die ersten einleitenden Fragen stellte, sah sich Levy in der Wohnung um.
Nachdrucke von Matisse und Dalí an den Wänden, die Sehnsucht und den Wunsch nach Entfaltung signalisierten. Die C D-Sammlung umfasste eine Reihe südamerikanischer Sambakünstler. Die Möbel waren kompromisslos in Stahlrohr gehalten, nur aufgelockert mit weichen sandfarbenen Kissen.
«Was haben Sie gemacht, als Ihre Mutter gestern nicht zum vereinbarten Zeitpunkt hier war?», fragte Falk.
«Ich habe natürlich in der Boutique angerufen», antwortete er. «Dort sagte man mir, dass sie von Tessa seit der Abreise zur Modemesse nichts mehr gehört haben. Kunden, mit denen sie auf der Messe verabredet war, hatten auch angerufen und gefragt, wo sie abgeblieben sei.»
«Es sieht also danach aus, dass Ihre Mutter gar nicht zur Messe gefahren ist.»
«Und das verstehe ich eben nicht. Wer sie kennt, weiß, dass sie nie unentschuldigt einen Termin platzen lässt. Sie sagt immer: Termine sind Versprechen, und die bricht man nicht. Da legt sie großen Wert darauf.»
«Gibt es Freunde oder Verwandte, zu denen sie gefahren sein könnte?»
Levy fragte dazwischen. «Stört es Sie, wenn ich mich ein wenig umschaue?»
Der junge Mann verneinte.
«Sie hat nur eine Freundin», antwortete er, «und die einzige Verwandtschaft sind wir.»
«Wer
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