Und ewig währt die Hölle (German Edition)
nein», seine helle Stimme zitterte. «So war das nicht. Wir waren gute Freunde, aber weil wir so viele Jahre zusammengelebt hatten, waren wir uns einig darüber, den anderen aus zukünftigen Beziehungen herauszuhalten.»
«Okay. Das hört sich vernünftig an.» Parisa blätterte in ihren Notizen. «So, was war noch … Ach ja, Sie haben sich an dem Abend, als Nadija getötet wurde, mit einem Bekannten namens …», sie warf einen Blick auf ihren Block, «Sverre Helge Barmen ein Fußballspiel angesehen?»
«Ja.»
«Welches Spiel war das noch gleich?»
Kvamme hob deutlich verärgert die Stimme.
«Das habe ich Ihnen doch schon gesagt. AS Rom gegen Bayern München. 3:2 für Rom», fügte er hinzu.
«Gutes Spiel?»
«Ich habe schon spannendere Spiele gesehen.»
Er blickte wieder auf seine Uhr, eine einfache Digitaluhr mit schwarzem Plastikarmband, die vor zehn Jahren modern gewesen war. Aus irgendeinem Grund fühlte Lykke sich durch die Uhr an einen Schokoriegel erinnert, an die Mandelstange von Freia.
«Ich möchte, dass Sie jetzt gehen. Nora ist schon deprimiert genug, da muss sie nicht noch …»
«Wir gehen sofort.» Lykke hob den Arm wie eine weiße Flagge. «Nur noch eine letzte Frage.»
Parisa hängte sich die Umhängetasche über die Schulter.
«Wissen Sie etwas über den Nachbarn eine Etage tiefer, in der Tøyengata?»
«Pay?»
«Sie kennen ihn?» Parisa konnte ihre Überraschung nicht verhehlen.
«In den paar Wochen, die ich da gewohnt habe, bin ich ihm hin und wieder auf der Treppe begegnet.»
«Kannte er Nadija näher?»
Kvamme starrte jetzt unablässig auf seine Armbanduhr.
«Nicht, dass ich wüsste. Ich erinnere mich, dass wir über ihn gesprochen haben, weil er ein bisschen schräg war.»
«Schräg?»
«Ja, er sah ziemlich merkwürdig aus, und er hat immer im Treppenhaus geraucht.»
Parisa ging auf die Wohnungstür zu, zögerte dann aber und blieb stehen.
«Ist es okay, wenn ich Nora rasch guten Tag sage?»
Gisle Kvamme war mit zwei großen Schritten bei ihr und stellte sich vor die geschlossene Küchentür.
«Das ist überhaupt nicht okay», sagte er leise. «Sie macht zurzeit genug durch.»
«Ist sie dadrin?» Parisa nickte zur Küchentür.
Gisle Kvammes Gesicht lief wieder rot an.
«Selbstverständlich ist sie das.»
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Kapitel 23
«Fährst du?» Das war nicht als Frage gemeint. Rolf Lykke war schon dabei, die Rücklehne des Beifahrersitzes zu verstellen.
An einer Shell-Station bei Tønsberg machten sie Pause. Lykke kaufte zwei Wiener im Pfannkuchen und einen Orangensaft. Parisa begnügte sich mit einer Banane und einem Becher Joghurt mit Waldfrüchten. Sie wechselten kaum ein Wort. Parisa hatte einige Male zu ihrem Chef hinübergesehen, und sein Gesichtsausdruck lud nicht zur Unterhaltung ein.
«Viele offene Fragen», sagte er, als sie in den Liertunnel hineinfuhren. Parisa nickte zustimmend. Und mehr sprachen sie nicht miteinander in der nächsten halben Stunde, bis sie Oslo erreicht hatten.
Um halb fünf fand eine Pressekonferenz statt. Die Journalisten zeigten auch weiterhin kein besonderes Interesse. Eine getötete Frau mit Migrationshintergrund machte keine großen Schlagzeilen, wenn die Todesumstände nicht spektakulär waren. Und über die Details des Mordes war seltsamerweise immer noch nichts durchgesickert.
Parisa lehnte hinten in dem großen Presseraum an der Wand und beobachtete Lykke hinter den Mikrophonstativen von NRK, TV2 und P4. Es war offensichtlich, dass ihm die Situation nicht behagte. Er war zwar weder unhöflich noch aufbrausend und beantwortete alle Fragen kurz und bündig, aber sein magerer Körper strahlte unübersehbar Widerwillen aus. Lykke hatte für Journalisten nicht viel übrig. Seiner Überzeugung nach waren sie unpräzise, ungebildet und hatten wenig anderes im Sinn als ihren eigenen Vorteil. Die häufigste Antwort während dieser Pressekonferenz war «Kein Kommentar». Vor einigen Monaten waren mehrere Kommissare und Hauptkommissare zu einem Lehrgang geschickt worden, wo sie lernen sollten, besser mit der Presse zu kommunizieren. Einer der Hauptpunkte des aufgeweckten Referenten von Burson-Marsteller war gewesen, dass sie niemals «Kein Kommentar» antworten dürften. Das wirke abweisend, hatte er gesagt. Für Fernsehzuschauer sei das, als schlage man ihnen die Tür vor der Nase zu.
Lykke hatte den Kopf geschüttelt.
«Was zum Teufel soll ich denn sagen? Wenn ich nichts mitzuteilen habe, kann ich doch genauso
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