Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Tür.
«Herein!»
Lykke konnte die Gereiztheit in seiner Stimme nicht verbergen.
Die Tür ging auf, und ein hochgewachsener Mann Ende dreißig in abgewetzten Jeans, einer Lederjacke mit Flicken an den Ellbogen und mit dem größten Schnurrbart, den er je gesehen hatte, trat ein.
«Bjørn Kuvås», sagte er kurz. «Noch frei hier?»
Er zog den Stuhl links von Ted Eriksen zurück und blieb, mit den Händen auf dem Stuhlrücken, etwas unentschlossen stehen.
Für einen Moment war es still. Eriksen starrte den Neuankömmling an, als hätte er alle möglichen ansteckenden Krankheiten.
«Kripos?», fragte Lykke.
Der Mann nickte. Die Runde am Tisch begrüßte ihn mit Handschlag.
«Erzählst du uns kurz was über dich?», fragte Lykke und betrachtete das neue Mitglied der Gruppe.
«Ja, hmm …» Kuvås ließ sich Zeit. «Also, ich bin Trønder», sagte er und kaute bedächtig an seinem Walrossbart, «aber das habt ihr wohl schon gemerkt.»
«Und ob.» Viker grinste.
«Bin seit drei Jahren bei Kripos, ermittle überwiegend im Bereich internationales Verbrechen. Davor war ich vier Jahre in Trondheim. Bei der Sitte.» Er machte eine Pause und überlegte. «Junggeselle», sagte er. «Und ich mag Sport.»
Letzteres war beinahe überflüssig. An seinem langen, muskulösen Körper war nicht ein Gramm Fett.
«Gut.» Lykke ging auf die Tür zu. «Fragen? Nicht? Lasse und Ted machen dich mit dem Fall vertraut.» Er nickte dem neuen Kollegen zu. «Sadegh?»
«Komme.»
Parisa erhob sich mit einem Ruck, steckte die Papiere in ihre Umhängetasche und eilte Lykke hinterher.
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Kapitel 21
Das Thermometer war unter null gesunken, der Wind kam in heftigen Böen von Norden und kündigte noch mehr Kälte an. Kleine Schneeflocken jagten im Licht der Straßenlaternen auf dem Hegdehaugsveien über den Asphalt. Es war kurz nach neun, und langsam begann das Tageslicht die herbstliche Dunkelheit für wenige Stunden zu verdrängen. Lakshmi fror schrecklich in ihrem dünnen Mantel. Sie bereute bitter, dass sie nicht ihre warme Daunenjacke mit der Kapuze angezogen hatte. Hoffentlich holte sie sich keine Erkältung. Das wäre wieder typisch. Hustend mit Triefaugen und roter Nase dasitzen und sich während des Abendessens andauernd schnäuzen. Wie sexy.
Sie kam an der Apotheke Ecke Josefines gate vorbei und dachte, dass sie nicht vergessen durfte, auf dem Heimweg eine Packung Paracetamol zu kaufen.
Es piepste in ihrer Manteltasche. Sie blies warme Luft in ihre Hände, während sie die kurze SMS las: «Morgen Champagner?» Lakshmi lächelte. Das würde lustig werden. Sie und Siri, genau wie in alten Zeiten. «OK», Smiley. Aber jetzt waren erst einmal ihre Haare dran. Sie hatte Monica angerufen, ihre Friseurin, und um einen Termin noch vor Samstag gebettelt. Eigentlich war alles ausgebucht, aber als sie ihr von dem bevorstehenden Date erzählte, hatte Monica sich erweichen lassen, extra für sie eine Stunde früher zu öffnen. Monica war ein Engel!
Sie musste noch so viel für morgen vorbereiten. Schon gestern Abend hatte sie beschlossen, nicht zur Arbeit zu gehen. Es würde sie nicht gleich ihren Job kosten. Das war das zweite Mal in ihrem Leben, dass sie blaumachte. Das erste Mal hatte sie eine Matheklausur in der zweiten Klasse der weiterführenden Schule geschwänzt. Nach dem Friseur würde sie sich mit Siri vor Lille Vinkel treffen, einem Schuhladen in Majorstua. Siri hatte dort ein paar irrsinnig schicke rote Schuhe mit Keilabsatz und Fesselriemchen und einem Knopf an der Seite gesehen, die angeblich perfekt zu dem kurzen roten Wollkleid passten, das sie in Kopenhagen gekauft hatte. Danach musste sie ihre Wohnung aufräumen und putzen, die Fingernägel machen, die Körperhaare entfernen und sich nicht zuletzt im Internet über Hunderassen und das Dorf Ustaoset informieren.
Sie klopfte an die große Glastür und spürte, wie die Nervosität von ihr abfiel, als Monicas rundliche Gestalt aus dem halbdunklen Salon auftauchte. Die Haare sind das Wichtigste, dachte sie. Wenn das erst geschafft ist, klappt alles andere auch.
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Kapitel 22
Lykke parkte das Auto vor einem großen weißen Holzhaus mit einer Kunstgalerie im Erdgeschoss. Sie schien geschlossen zu sein.
Parisa Sadegh streckte sich in dem scharfen Wind. An der Abfahrt nach Larvik war sie eingenickt und erst in Søndeled abrupt aufgewacht, als Lykke Rachmaninows drittes Klavierkonzert voll aufdrehte.
«Die weiße Stadt am
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