Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Try
Vom Netzwerk:
ging in einem unkontrollierten Aufkeuchen unter.
    Im Laufe ihrer acht Dienstjahre im Dezernat für Gewalt- und Sittlichkeitsverbrechen war Parisa an vielen Mordermittlungen beteiligt gewesen. Sie hatte unzählige Tatorte und jede Menge Leichen gesehen und schätzte sich selbst als erfahren ein. Der Anblick, auf den sie in dieser heruntergekommenen Wohnung traf, gehörte jedoch in eine Kategorie, mit der sie bisher noch nicht in Berührung gekommen war.
    Die Frau war zwischen dreißig und vierzig Jahre alt, vermutete Parisa. Es war nicht leicht zu sagen, weil das, was einmal ein Gesicht gewesen war, nahezu in zwei Teile zerfiel, oder, besser gesagt, die ganze Frau war in zwei Teile gespalten. Ein langer Schnitt zog sich von der Oberlippe direkt unter der Nase bis hinunter zum entblößten Geschlecht. Es sah aus, als hätte jemand sie aufgeschnitten und anschließend zu den Seiten hin auseinandergezogen. Er hat versucht, sie umzukrempeln, fuhr es Parisa durch den Kopf. Sie dachte für einen Moment an eine Folienkartoffel, schob das Bild aber von sich, noch ehe sie es zu Ende gedacht hatte.
    Sie trat einen Schritt zurück und schlug unwillkürlich die Hand vor den Mund. Da war noch mehr.
    «Was ist das?» Sie zeigte auf einige rosafarbene und rote Klumpen entlang der Schnittkanten.
    Lasse Viker räusperte sich, richtete sich auf und sah ihr in die Augen.
    «Waschpulver», sagte er leise.
    Parisa starrte ihn verständnislos an.
    «Was?»
    «Waschpulver.» Viker zeigte auf die Frau am Boden. «Jemand hat sie aufgeschlitzt und ein ganzes Familienpaket mit Waschmittel in ihren Körper geschüttet.» Er zeigte zur Seite. «Da liegt es.»
    Parisa sah ein leeres Paket Blenda unter dem Couchtisch.
    «Aber warum?»
    Lasse Viker zuckte mit den breiten Schultern.
    «Lykke kommt in einer Stunde. Das wird wohl eine lange Nacht …»
    Zwei Kriminaltechniker in Nylon-Schutzanzügen und mit blauen Plastiküberziehern an den Füßen starrten sie von der Tür her ungeduldig an. Sie hatten schon eine Runde durch die Wohnung gemacht, waren aber offensichtlich noch nicht zufrieden.
    «Wir sind gleich weg», rief Viker ihnen zu.
    Parisa zwang sich, die tote Frau genau zu betrachten.
    Dunkles Haar, der Farbton der Haut schwach goldbraun, aber keine Pakistanerin, eher vom Balkan oder aus der Türkei. Sie lag auf dem Rücken, mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen. Wie ein Schnee-Engel, dachte Parisa.
    Der Oberkörper war nackt. Eine verschlissene Jeans und ein schwarzer Slip waren bis zur Mitte der Oberschenkel herabgezogen. Parisa starrte auf die weiße Waschanleitung im Lindex-Slip. Größe sechsunddreißig, dieselbe wie ihre. Ihr Blick wanderte zur linken Hand. Die langen, schlanken Finger waren verkrampft, die Nägel gepflegt und kurz. Keine Ringe.
    «Prostituierte?», fragte sie kurz.
    Wieder schüttelte Viker den Kopf.
    «Glaube ich nicht. Eine sehr ordentliche Frau, sagt die Nachbarin von unten. Angestellte in der Kantine einer Werbeagentur. Eine zehnjährige Tochter. Sie hat sie gefunden.»
    «Das arme Mädchen …» Parisa schluckte. «Wo ist sie jetzt?»
    «Bei der Jugendfürsorge. Die haben einen Psychologen geholt und alles mobilisiert, was sie an Hilfe aufbieten konnten, aber ich hab verdammt noch mal keine Ahnung, wie das viel helfen soll.»
    Lasse Viker fuhr sich mit der Hand durch sein dickes Haar. «Das Mädchen ist so alt wie Jonas, ich glaube nicht, dass …» Er unterbrach sich. «Der Vater wohnt in Risør. Wir haben ihn noch nicht erreicht.»
    Parisa starrte auf die leere Waschpulverpackung.
    «Hat sie noch gelebt, als …»
    «Frag mich nicht.» Viker zog eine zerbeulte Pfefferminzschachtel aus der Hosentasche. «Willst du?»
    «Nein, danke», sagte Parisa und zog sich Richtung Tür zurück. «Wie lange haben sie hier gewohnt?»
    «Zwei Jahre.»
    «Nur sie und die Tochter?»
    «Ja, der Vater war am Anfang öfter hier, als sie renoviert haben. Da drüben wohnt ein junger Typ», Viker deutete auf die gegenüberliegende Wohnungstür, «der hat ihm Werkzeug geliehen. Er sagt, seitdem hat der Mann sich hier nicht mehr blicken lassen.»
    «Wer von unseren Leuten war zuerst hier?»
    «Heltne und Gulbrandsen. Sie haben mit den Nachbarn gesprochen.»
    Einer der beiden Techniker hatte sich auf alle viere herabgelassen und schaltete einen kleinen Staubsauger ein. Parisa verstand den Wink und nickte kurz.
    «Wir sind gleich fertig.»
    Sie ließ den Blick langsam durch das Zimmer wandern. Ein abgenutztes Bettsofa unter dem

Weitere Kostenlose Bücher