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Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Und ewig währt die Hölle (German Edition)

Titel: Und ewig währt die Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjetil Try
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Zusammenfassung eines wechselvollen Lebenswegs. Lykke sah auf die Uhr. Es hatte zwölf Minuten gedauert. Die Trauergemeinde erhob sich für das Vaterunser.
    «Erlöse uns von dem Bösen», betete die Pastorin.
    Zu spät für Nadija Hadzic, dachte Lykke und faltete die Hände.
    Die Zeremonie näherte sich dem Ende. Lykke winkte Parisa zu sich heran.
    «Sollten wir mit jemandem sprechen?»
    Sie warf einen kurzen Blick auf ihren Notizblock.
    «Catrine Wennersten. Da vorn.» Parisa zeigte auf die zweite Bank. «Die mit dem engen Oberteil. Ich nehme an, alle in der Reihe hinter ihr sind aus der Agentur. Ansonsten erkenne ich noch einen in der hintersten Reihe, neben dem Barkeeper. Er spielt Billard bei Gusev und der Dicke neben der Säule dort auch.»
    «Gut, fang sie draußen ab.» Lykke wirkte nicht sehr interessiert.
    Parisa war gerade im Begriff aufzustehen, als Lykke sie packte und zurück auf die Bank zog. «Da!»
    Parisa folgte seinem Blick.
    Ein dunkelhaariger Mann Anfang dreißig war nahezu unbemerkt hereingekommen und hatte sich einen Meter neben dem Bestatter an die Wand gestellt.
    «Der Bruder?» Parisa ertappte sich dabei, dass sie flüsterte, während Gabriels Oboe erklang.
    «Ja.»
    «Sicher?»
    «Ja», wiederholte Lykke, ohne den Blick von dem Neuankömmling abzuwenden.
    Die Orgel verstummte, und die Pastorin ging zu den Familienangehörigen in der ersten Bank. Außer Kvamme und Nora saß dort noch ein älteres Paar, vermutlich die Großeltern. Lykke hielt Ausschau nach jemandem, auf den die Beschreibung von Kvammes neuem Lebensgefährten passte, aber ohne Erfolg.
    Die Pastorin beugte sich zu Nora hinunter und sagte ihr etwas ins Ohr. Das kleine Mädchen stand auf, griff nach der Hand des Vaters und machte einige zögernde Schritte auf den Sarg zu. Lykke blickte zu dem Mann am Eingang. Er trug Jeans und eine helle Windjacke, halb geöffnet über einem schwarzen Rollkragenpullover. Lykke ahnte die Konturen einer Zigarettenschachtel in der linken Brusttasche.
    Der Mann hatte einen guten Überblick über alle, die sich in dem großen Raum befanden, einschließlich Lykke und Parisa auf der Galerie, und würde sie sofort bemerken, falls sie sich bewegten. Lykke bereute zutiefst, dass sie sich so weit in die Kapelle vorgewagt hatten.
    Er spähte zum Mittelgang. An der Hand ihres Vaters legte Nora unendlich langsam eine rote Rose auf den weißen Sarg. Ihr bitterliches Weinen hallte durch die Kapelle. Lykke schluckte hart. Er hatte schon mit Kindern zu tun gehabt, die ihre Eltern verloren hatten, und fühlte sich plötzlich unsagbar erleichtert, dass Kvamme nicht ihr Mann war.
    «Die Welt ist verdammt noch mal nicht gerecht», schniefte Parisa in ihr Taschentuch.
    «Das ist der Punkt, an dem wir ins Spiel kommen», murmelte Lykke und starrte wieder zum Eingang. «Scheiße!»
    Er sprang auf und hastete durch die Bankreihen.
    «Scheiße, Scheiße, Scheiße!»
    Ohne das schockierte Gesicht des Organisten zu beachten, polterte er die enge Treppe hinunter. Draußen blieb er stehen und rang nach Atem, während er den Vorplatz fieberhaft absuchte. Zwei Reporter der Boulevardpresse standen in dicken Wintermänteln neben dem Leichenwagen und rauchten.
    «Haben Sie einen Mann …»
    Im selben Moment entdeckte er fünfzig Meter weiter eine helle Windjacke hinter einigen geparkten Autos und begann zu laufen.
    «Ich bin direkt hinter dir», rief Parisa und tauchte eine Sekunde später neben ihm auf.
    «Er ist da runter.» Lykke zeigte zum Parkplatz.
    «Dann kriegen wir ihn!» Parisa flog geradezu über den schneebedeckten Boden.
    «Ich komme», keuchte Lykke, merkte, dass er keine Luft bekam, und musste das Tempo reduzieren.
    Parisa sprang über eine Absperrkette und spurtete auf den Parkplatz.
    Wo zum Teufel war der Kerl abgeblieben? Sie verlangsamte ihre Schritte und starrte auf die Reihen der Autos. Er muss hier irgendwo sein, dachte sie. Er kann es nicht bis zur Straße geschafft haben, dann hätte ich ihn sehen müssen. Plötzlich hörte sie das Knallen einer Autotür. Sie blieb abrupt stehen. Ein schwarzer Golf schoss rückwärts aus der Parklücke. Parisa rannte, so schnell sie konnte, um ihm den Weg abzuschneiden. Das Auto fuhr mit durchdrehenden Reifen an, schrammte den rechten Pfeiler der Einfahrt und bog mit Vollgas auf die Straße. Parisa lief zum Passat, zerrte den Autoschlüssel aus der Tasche und riss die Tür auf. Sie ließ den Motor an, legte den Rückwärtsgang ein, gab Gas und trat abrupt auf die

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