Und ewig währt die Hölle (German Edition)
Elsässer?»
«Mir egal, solange es ein spanischer ist.»
Stang grinste.
«Burgunder?»
«Hervorragend.»
Parisa wartete, bis der schwedische Kellner mit dem Essen kam, Räucherlachs für ihn, Caesar’s Salad für sie, dann räusperte sie sich diskret und beugte sich vor.
«Wer hat angefangen im Baronen», fragte sie, ohne ihn aus den Augen zu lassen, «du oder Ankerdalen?»
Ein kurzes, hartes Aufblitzen, dann war das Lächeln in den Augen wieder da.
«Fragt da die Ermittlerin?»
«Die hat sich nie mit Kleinkriminellen abgegeben.»
«Haha!» Haakon Stangs Lachen dröhnte durch das kleine Lokal. «Hast du dir das ausgedacht?»
«Ich bin schlagfertig, ist es nicht so? Also, wie war’s?»
Stang legte das Besteck weg.
«Er hat meine Schwester geschlagen.»
«Darüber stand aber nichts im Polizeibericht.»
«Sie wollte nicht in die Sache hineingezogen werden. Ich habe dreißig Tage Bau gekriegt, und das war’s. Hab es nicht eine Sekunde bereut.»
Parisa spießte ein Hähnchenstück auf die Gabel. Es war lauwarm und salzig.
Sie fegte ein paar unsichtbare Krümel von der Tischkante.
«Kann ich dich mal was Persönliches fragen?»
Stang trank einen Schluck Wein und ließ ihn im Mund kreisen, bevor er hinunterschluckte.
«Als wäre das was Neues», sagte er lächelnd. «Schieß los.»
«Du hast gesagt, dass du mit der Truppe auf dem Balkan warst.»
Haakon Stang befeuchtete die Lippen und sah sie fragend an.
«Das stimmt.»
«Würdest du mir erzählen, was ihr dort gemacht habt? Was du dort gemacht hast?»
«Du willst wissen, was ich als UN-Soldat dort gemacht habe?»
«Ja.»
«Ich habe niemanden getötet, falls es das ist, was dich interessiert. Ich war bei den Sanitätern.»
«Du hast Leben gerettet?»
«Ist vorgekommen, ja.»
«Ich hatte daran gedacht, mich zu melden», sagte Parisa. «Aber der Krieg war in dem Jahr vorbei, als ich meine Küstenjäger-Ausbildung anfing.»
«Du hast nichts verpasst.»
Stang winkte dem Kellner, der Wein nachschenkte.
«Was ist mit dir?»
«Was meinst du?»
«Irgendwelche spannenden Fälle im … wie heißt das noch gleich?»
«Dezernat für Gewalt- und Sittlichkeitsverbrechen.»
«Genau.»
Parisa nippte an ihrem Wein.
«Dachtest du an etwas Spezielles?»
Stang tupfte sich den Mund diskret mit der Serviette ab.
«Überhaupt nicht, aber es ist doch interessant und … ich meine, eine Frau wie du … Musst du dich manchmal prügeln?»
«Andauernd.» Parisa lächelte.
«Erzähl», sagte er. «Was machst du im Moment?»
Parisa musterte ihn über den Tisch hinweg.
«Wir haben zurzeit einen ziemlich schwierigen Fall. Du hast sicher davon gelesen, der ‹Blenda-Mann›.»
«Ich habe die Schlagzeilen gesehen. Der Typ, der Ausländerinnen schlachtet und sie mit Waschpulver füllt?»
«Eine ganz üble Angewohnheit.»
«Habt ihr eine heiße Spur?»
«Tja, was soll ich sagen?» Sie stocherte in ihrem Salat. «Wir haben schon den einen oder anderen Verdacht, ja …»
«Und du fühlst dich sicher?»
«Inwiefern?»
«Du fällst ja absolut in sein Beuteschema.»
Parisa zögerte.
«Ich komme schon klar», sagte sie mit einem Lächeln, das ihr auf einmal seltsam steif vorkam.
«Du bist Iranerin?»
«Perserin», erwiderte sie spontan. «Wir haben die Zivilisation erfunden. Hast du jemals …»
Sie wurde vom Handy in ihrer Tasche unterbrochen und sah auf die Uhr. Das war Lasse, sie hatten dasselbe verabredet wie beim letzten Mal. Sie beschloss abzunehmen.
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Kapitel 59
Rolf Lykke konnte nicht schlafen. Er drehte sich zu Sonja um und roch Knoblauch in ihrem gleichmäßigen Atem. Sonjas Mutter war zu Besuch gewesen. Sie hatten Lammbraten gegessen.
Ihm war merkwürdig zumute. Eine Ermittlung kreiste in der Warteschleife, und alles wegen einer Dolmetscherin mit dem falschen Dialekt. Oder war da noch etwas anderes?
Er knipste die Leselampe an und griff nach Per Olov Enquists Autobiographie, die aufgeschlagen neben dem Bett auf dem Fußboden lag. Seit er als junger Mann eher zufällig Auszug der Musikanten gelesen hatte, war er von dem schwedischen Schriftsteller begeistert, aber jetzt konnte er sich nicht konzentrieren. Die Textzeilen tanzten auf den Seiten, und die Worte wollten keinen Sinn ergeben.
Er klappte das Buch zu und starrte an die Decke. Irgendetwas bekam er nicht zu fassen. Etwas, das darum kämpfte, an die Oberfläche seines Bewusstseins zu steigen. Ein flüchtiger Blick, ein Satz, ein Bruchstück eines Zeichens …
Er
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