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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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zögerte. „Wenn die Betreffende nur nicht zu schnell ...“  
    „Ein paar Wochen wird es wohl noch dauern.“
    „Sehr gut, das ist sehr gut. Wollt Ihr Pater Palgmacher instruieren, ihr diese Aufgabe als Buße aufzuerlegen? Und die Trennung von der Greulichin als Strafe auszugeben. Wie ich Schwester Jordan kenne, wirkt es dann besser.“
    „Das werde ich selbst nach dem nächsten Strafkapitel übernehmen, danke Pater.“ Noch ein Strahlen erreichte ihn. „Die Zusammenarbeit mit Euch erweist sich doch immer wieder als fruchtbar.“
    Auch diesen Zug schätzte er sehr an ihr: Sie war absolut nicht nachtragend.
    „Oh, Pater, ich habe noch ein Anliegen.“
    Alarmiert fuhr er, seine Hand bereits am Türgriff, zum zweiten Mal an diesem Morgen zu ihr herum. Und schon wieder hatte sie so lange gewartet, bis er sich innerlich bereits verabschiedet hatte. Was wollte sie denn jetzt?
    „Mathilda Finkenschlagin.“
    Ließ ihn erstarren.
    „Es kann nicht so weitergehen mit ihr.“
    Sie hatte sich nicht wieder gesetzt, stand noch immer unmittelbar hinter dem Klausurgitter und fixierte Arno mit durchdringendem Blick.
    Der bemühte sich fieberhaft herauszufinden, worauf sie wohl hinauswollte – und was er darauf erwidern könnte. Vorerst ließ sie ihn allerdings ohnehin nicht zu Wort kommen.
    „Wie lange geht das jetzt schon so? Wie viele Wochen? Acht? Neun? – Ich kann das nicht mehr lange verantworten. Ständig beklagt sich eine der Mitschwestern über sie. Sie müsste jeden zweiten Tag im Kapitel liegen. Wenn ich das nicht deckeln würde, ihre Vergehen vertuschen, erklären, entschuldigen ...“
    „Was tut sie denn?“, schoss Arno scharf mitten in den Wortschwall der mittlerweile vor dem Klausurgitter ruhelos auf- und abgehenden Äbtissin.
    Die sich prompt zu ihm umdrehte und, wie aus der Pistole geschossen, zurückfeuerte: „Sie hat die Greulichin, sie besitzt eine eigene Lampe, sie hat Unterricht, zu allem Überfluss gemeinsam mit Männern, sie lacht zu viel, sie weigert sich, Distanz zu den Laienschwestern zu halten, sie redet unentwegt, sie stellt zu viele Fragen, sie hat keine Angst vor dem Teufel, sie ...“
    Selbst atemlos geworden vom sich stetig steigernden Tempo der Örtlerin, verharrte Arno mit offenem Mund, als diese abrupt abbrach und dann ganz langsam und artikuliert weitersprach:
    „Sie. Denkt. Bei allem, was sie tut, ist es unübersehbar, dass sie denkt. Durchschaut, bewertet, eine Meinung hat. Das ist unangenehm. Sie macht die Schwestern verrückt. Die haben angefangen zu murren, sich zu beschweren. Und allmählich fällt es mir immer schwerer, sie ruhig zu halten.“
    Seinen offenstehenden Mund hatte Arno nur äußerlich zugeklappt. Innerlich schnappte er nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen. Das durfte wirklich nicht wahr sein! Was war dieser Frauenkonvent für ein Ort?
    Nicht dass es ihn wirklich wunderte. Er wusste ja, wie es dort drüben lief. Aber war das nicht traurig? Dass alles, was ihm an Menschen wichtig war – Denken, Hinterfragen, Diskutieren – unter diesen Nonnen unerwünscht war? So als wäre dort verpönt – ein Mensch zu sein!
    Wie anders es da im Männerkonvent zuging. Dort wäre Mathilda in keiner Weise angeeckt. Im Gegenteil: Sie wäre allseits anerkannt gewesen, man hätte ihre Freundschaft gesucht, mit ihr diskutiert und gedacht. Wie erbärmlich war es, als Frau leben zu müssen!
    „Das einzige Argument, das ich gegenüber den Mitschwestern habe, ist, dass sie noch Postulantin ist. Dass ich sie ein Stück weit von der Einhaltung der Klosterregeln entbinde, weil sie strenggenommen noch kein Teil des Konvents ist. Aber das geht nicht mehr lange so weiter, sie ist auf die Dauer einfach nicht tragbar.“
    „Was soll das heißen?“
    „Dass wir sie so schnell wie möglich weihen müssen, damit diese Posse ein Ende hat.“
    „Dieser Zusammenhang entzieht sich meiner Logik.“ Arno hatte sich so weit gefangen, dass er wieder in der Lage war, sich angemessen auszudrücken. „In Wahrheit geht es Euch doch ausschließlich um die Mitgift, die Ihr Euch unwiderruflich sichern wollt.“
    „Und worum geht es Euch, Pater?“
    Dieser Ton! Der einer Schlange, die sich sanft um seinen Hals wand. Er legte sich die Hand an die Kehle.
    Und sie hatte es nicht einmal abgestritten!
    „Vielleicht um Gerechtigkeit und die Göttlichkeit derselben?“, fragte er ebenso sanft zurück.
    „Ihr meint die Gerechtigkeit, dass sie als einzige Nonne von Euch ausgebildet wird? Die Gerechtigkeit,

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