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Und fuehre uns in die Versuchung

Und fuehre uns in die Versuchung

Titel: Und fuehre uns in die Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria G. Noel , Runa Winacht
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möchte Euch bitten, Euch an Bruder Georgs Statt Eurer Mitschülerin anzunehmen“, fügte er lässig hinzu. Ehe ihm in der offensichtlichen Verwunderung seiner beiden Schüler die Knie weich wurden.
    Ihr habt nur noch zwei Schüler – und die sollen sich auch noch gegenseitig lehren?, stand in den Augen des ihm mit gerunzelter Stirn nachblickenden jungen Mannes.  
    Noch nachdenklicher aber waren Mathildas, die er so intensiv auf seinem Rücken spürte, dass sie eine Wärmewelle in sein Gesicht schickten. Verdreht noch mal, an die äußere Schlüssigkeit seines Verhaltens hatte Arno tatsächlich nicht gedacht!
    Tief über seine Pergamente gebeugt, versuchte er, seine verräterisch durchbluteten Wangen zu verbergen.
    „Ich selbst werde mich in nächster Zeit einem neuen Übersetzungsprojekt widmen“, entschied er kurzerhand. Auch wenn er das Buch, das er aus Freising zu leihen gedachte, noch nicht erhalten hatte. Und es noch gar nicht entschieden war, wer diese Arbeit erledigen würde. Aber warum nicht er? Der zu diesem Zweck oben im Skriptorium sitzen könnte, während hier unten ... hoffentlich endlich das geschah, was geschehen musste.
    „Daher bin ich auf Eure Unterstützung in Schwester Mathildas Ausbildung angewiesen.“ Doch, jetzt war es logisch!
    Befriedigt sah Arno Hartwig erneut die Stirn runzeln – diesmal aus offensichtlichem Missfallen – und dennoch seinen Tisch gehorsam näher an Mathildas rücken. Er hatte also nicht vor, sich unmittelbar neben sie zu setzen. Auch gut.
    Mathilda war wiederum ... unbeteiligt nicht, nein. Immerhin lächelte sie Hartwig freundlich zu. Freundlich, das war es. Nicht leidenschaftlich, nicht voller überschwänglicher – und sei es auch unterdrückter – Freude.
    Ganz anders als ihr Lächeln gestern, als sie wieder sicher gewesen war, dass sie diesen Unterricht nicht verlieren würde. Demnach ging es ihr wirklich um den Unterricht, das Inhaltliche.
    Zufrieden setzte Arno sich an seinen Tisch und hörte den beiden jungen Leuten zu, wie sie jeder für sich stumm vor sich hin lasen.
     
    Ein Flüstern. „Hast du kurz Zeit?“
    „Äh ... Moment, ich bin hier gerade ...“ Unwillig. Voller Desinteresse.
    Arnos Kopf war hochgeruckt. Der nächste zaudernde Kandidat? War denn das zu fassen! Dass dieser junge Mann nicht einmal bereit war, der Frau zuliebe auch nur für einen Moment seine Arbeit zu unterbrechen. Solch ein Schnösel.
    Entschlossen erhob er sich. „Kann ich Euch vielleicht helfen?“ Seine Augenbraue hatte sich schon wieder selbständig gemacht.
    Sie errötete tatsächlich. „Gern.“ Nur ganz leicht. „Ich wusste nicht, ob ich Euch bitten durfte.“
    Das war kein Vorwurf. 'Sie hat sich Sorgen um dich gemacht', hörte er Heussgens Stimme in seinem Kopf. Das war doch Unsinn! Er machte einen hastigen Schritt auf sie zu.
    „Dieser Satz erschließt sich mir nicht.“ Sie drehte das Buch, damit er es einsehen konnte. Trotzdem berührten sich beinahe ihre Köpfe, als er sich darüber beugte. Der Geruch ihres Haares, unbeeinträchtigt von der Haube, streifte seine Nase. Ihr geflochtener Pferdeschwanz war wieder auf ihren Rücken gefallen. Ein wenig zerzaust, überall sprangen kleine Härchen daraus hervor. Seine Hand zuckte. Wie in seinem Traum. Sie war zu nah. Realisierte er erst in dem Moment, als sein offenstehender Mund ihre Wärme auffing. Sein Atem flach. Himmel, warum rückte sie nicht von ihm ab?  
    Er tat das! Um Gottes willen, sie konnten hier doch nicht so beieinander ...
    „Kann es sein, dass in meinem Wörterbuch die Bedeutung von 'simplex' in diesem Text fehlt? 'Einfach, ehrlich, offen, arglos' ...“ Sie hatte sehr schnell gesprochen. Es demnach sehr wohl bemerkt. Sich zur Seite gelehnt, von ihm weg.
    Die zunehmende Distanz löste die Versteinerung in seinem Innern ein wenig. So unauffällig wie möglich rang er nach Luft. „Einfältig“, stieß er hervor und stürzte schleunigst an seinen Platz zurück.
    Es dauerte, bis sein Herzschlag sich einigermaßen beruhigt hatte und er seinen Atem wieder loslassen konnte. Verdreht noch mal! So viel zur Hoffnung, dass nun wenigstens im Unterricht alles glatt liefe. Er stützte den Kopf in die Hände und stöhnte noch einmal verstohlen auf. Warum konnte seine Hoffnung sich nicht einfach erfüllen? Es gab für Gott doch keinen Grund mehr, ihm das zu verwehren. Arno hatte seine Botschaft an ihn verstanden. Er hatte ihm doch gezeigt, dass er bereit war, sich seiner vergangen geglaubten Schuld an Rosa zu

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